Dr. Sex
hinaus.«
Wieder schwieg sie. Ich spürte, wie mein Penis schrumpfte, wie das Blut ganz langsam aus ihm wich. Der Wind rüttelte am Wagen, wir spannten uns einen Augenblick lang an, und dann war die Bö vorüber. Die Stille wurde tiefer. »Vorehelich«, sagte sie schließlich. » Vor « – sie machte eine kleine Pause und fuhr dann fort – »ehelich. Das war doch das Wort, oder, John?«
»Ja«, sagte ich eifrig und verstand nicht ganz, worauf sie hinauswollte. »Vorehelich. Geschlechtsverkehr vor der, na ja, vor der Ehe eben.«
Wieder Schweigen, doch ich spürte eine Veränderung. Ihr ganzer Körper teilte sie mir mit, durch die Nervenenden in ihrer Haut, die in direktem Kontakt mit meinen standen. Obgleich es zu dunkel war, um ihr Gesicht erkennen zu können, wußte ich, daß sie grinste. »Tja«, sagte sie, »dann muß ich das wohl als Heiratsantrag verstehen.«
Schließlich stellte President Wells das Ultimatum, mit dem Prok gerechnet hatte, doch Prok überraschte sowohl ihn als auch das Kuratorium. Sie hatten angenommen, daß er die Forschung dem Eheseminar vorziehen würde, daß er der Lehre, der er sich bisher gewidmet hatte und der er seit zwanzig Jahren seinen Ruf als hervorragender Wissenschaftler verdankte, den Vorzug geben würde vor etwas, das in ihren Augen vermutlich bloß eine neue und vielleicht vorübergehende Vorliebe war, doch sie kannten ihn nicht gut genug. Es kränkte ihn, es empörte ihn und machte ihn nur um so entschlossener, die Scheinheiligkeit der Bewahrer des Status quo, die Heuchelei der Rices und Hoenigs und all der anderen zu Fall zu bringen: Er gab das Eheseminar auf und stellte seine Lehrtätigkeit schließlich vollständig ein, um sich ganz dieser neuen, großen Aufgabe zu widmen. Bald, sehr bald würde das Institute for Sex Research gegründet und der Kreis der engsten Vertrauten um drei Personen erweitert werden.
7
»So, dann ist Iris also die Glückliche.«
Prok saß an seinem Schreibtisch und beugte sich über die Papiere im Lichtkegel der Lampe. Die Fenster sahen aus, als wären sie mit Lötzinn überzogen, der Korridor lag im Dunkeln, und die dumpfe Last eines beständigen Nieselregens schien die Uni in den Winterschlaf versetzt zu haben. Es war um die Mittagszeit, und wir aßen, wie an den meisten Tagen, an unseren Schreibtischen: Prok knabberte sein übliches Studentenfutter, und ich versuchte, das Beste aus einem sich auflösenden Thunfischsandwich zu machen, das ich in der Mensa gekauft hatte. Ich hatte ihm die gute Nachricht gerade erst erzählt, obwohl ich seit dem Morgen darauf gebrannt hatte. (Sie fragen sich bestimmt, warum ich gezögert hatte. Prok war den ganzen Morgen noch mehr als sonst in seine Arbeit vertieft gewesen, und ich hatte keine Gelegenheit gefunden – er haßte es, unterbrochen zu werden. Außerdem war ich, ehrlich gesagt, nicht sicher, wie er die Neuigkeit aufnehmen würde. Ja, er wollte natürlich, daß ich heiratete, aber das war ein abstrakter Wunsch, der auf einer ganz anderen zeitlichen Ebene angesiedelt war, und diese Eheschließung würde im Hier und Jetzt stattfinden. Ich wußte, daß sein erster Gedanke dem Projekt und der Frage galt, wie mein veränderter Familienstand sich darauf auswirken würde.)
»Tja«, sagte er und wühlte, auf der Suche nach etwas, das er verlegt hatte, zerstreut in den Papieren. Das war jedoch nichts weiter als ein Ablenkungsmanöver, um sich Zeit zu verschaffen und seine Gedanken zu ordnen. »Sie ist eine attraktive Frau, kein Zweifel. Und intelligent. Das auch.« Ein weiterer Augenblick schlurfte vorbei, die Rädchen in seinem Kopf drehten sich knirschend und knarzend, und dann war er fertig. »Aber wo bin ich nur mit meinen Gedanken?« rief er, sprang auf, kam mit ausgestreckter Hand zu meinem Tisch und strahlte mich mit dem Weitwinkelgrinsen an, das er einsetzte, wenn es ihm geraten schien. »Gratuliere, John. Wirklich. Das ist die beste Nachricht, die ich diese Woche gehört habe.«
Ich schüttelte seine Hand und sah ihn mit einem Lächeln an, das wohl ebenso schüchtern wie selbstzufrieden war. »Das freut mich. Ich bin wirklich ... Denn ich wußte nicht, wie du, na ja, wie du reagieren würdest ...« sagte ich, aber er unterbrach mich und war mir bereits weit voraus.
»Wann, sagtest du, soll die Hochzeit sein?«
»Also, äh ... Das hab ich noch gar nicht gesagt. Aber wir wollen, äh, so schnell wie möglich ... Im März. Iris findet, März wäre ...« Er schüttelte den Kopf. »Auf keinen Fall. Nicht
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