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Dr. Sex

Dr. Sex

Titel: Dr. Sex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. C. Boyle
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im März. Im März verdient der Garten kaum die Bezeichnung Garten, wie du ja besser als jeder andere weißt. Nein, keine Frage, ihr werdet im Mai heiraten.«
»Der Garten?«
Er sah mich direkt an, er starrte mir in die Augen, doch ich glaube, er sah mich gar nicht. Er sah Sonnenschein und Blumen, er sah Iris in einem Satinkleid mit Schleppe und über alldem das tiefblaue Himmelsgewölbe. »Ja, natürlich. Ich biete ihn dir an – mein Geschenk an euch, John. Und denk mal nach: Im Mai werden die Iris in voller Blüte stehen. Iris für Iris. Was könnte schöner sein?«
Ich sagte, ich sei einverstanden – nein, eigentlich dankte ich ihm überschwenglich –, aber Iris habe bereits mit ihrer Mutter gesprochen und gewisse Kräfte in Bewegung gesetzt, so daß ich nicht sicher sei, ob ein Aufschub noch möglich sei. Er schien mich nicht zu hören.
»Wir werden Mac dazu bringen, etwas Besonderes zu machen«, sagte er. »Wie wär’s mit einem Persimonen-Hochzeitskuchen? Und ich werde das Hochzeitsessen zubereiten, kalten Braten und so weiter und Gulasch ... Und Champagner, wir werden natürlich Champa- gner trinken ...« Er ließ den Satz in der Luft hängen und schien sich meiner erst jetzt wieder bewußt zu werden; es war, als hätte ich mich aus dem Raum geschlichen, meine leere Hülle zurückgelassen und sie jetzt erst wieder in Besitz genommen. »Aber Iris«, sagte er, »deine Zukünftige ... Die sexuelle Kompatibilität war zufriedenstellend, nehme ich an?«
Ich stand, durch den Schreibtisch von ihm getrennt, im trüben Licht des Büros und nickte, ein starres Lächeln auf den Lippen.
Er grinste jetzt noch breiter, trat von einem Fuß auf den anderen, straffte die Schultern und rieb sich die Hände, als müßte er sie wärmen. »Ja«, sagte er, »ja. Was moderne Aphrodisiaka betrifft, so geht doch nichts über das Automobil. Ich habe es dir ja immer schon gesagt: Wie zufrieden könnten junge Paare in Amerika sein, all diese frustrierten Studentinnen und Studenten, die liebeskranken Highschool-Schüler, die Paare, die zu arm sind, um zu heiraten« – er wies mit einer ausladenden Armbewegung auf den Campus und die Dächer der Stadt dahinter –, »wenn sie ihre sexuellen Bedürfnisse ungestört befriedigen dürften, wann und wo sie wollten, ohne daß die öffentliche Meinung den Stab über sie bricht? Allerdings hoffe ich, John«, fuhr er fort, und sein Blick hielt mich fest, »daß du die koitale Erfahrung nicht mit der Art von Bindung verwechselst, die man braucht, um eine Ehe einzugehen und zu erhalten. Dasselbe gilt natürlich auch für Iris. Sie weiß doch, daß Sex unabhängig von der Ehe ist – oder es jedenfalls sein kann und in vielen Fällen sein sollte? Daß sie nicht erst zu heiraten braucht ...« Er unterbrach sich und ließ den Rest unausgesprochen.
Ich wollte ihn beruhigen und ihm versichern, daß wir einander liebten und, wie er ja wußte, seit geraumer Zeit zusammen waren, daß unsere sexuelle Kompatibilität sehr gut war, vielen Dank, mehr als adäquat, ganz prima sogar, und daß wir genau wußten, was wir taten, doch er kam mir zuvor.
»Was für eine wunderbare Neuigkeit! Du wirst verheiratet sein, Milk – verstehst du, was das für unser Projekt bedeutet? Du wirst nicht mehr – entschuldige bitte – so feucht hinter den Ohren sein, oder jedenfalls wirst du nicht mehr diesen Eindruck machen. Bei unseren Befragungen werden vor allem ältere Personen und Frauen zu einem verheirateten Mann mehr Vertrauen haben als zu einem Junggesellen. Meinst du nicht auch?«
Ich konnte ihm im Brustton der Überzeugung antworten, ob- gleich das gedankliche Bild von Mrs. Foshay alles andere aus meinem Kopf zu verdrängen drohte. »Selbstverständlich, Prok, und ich habe auch gut zugehört, die vielen Male, wenn du gesagt hast, daß du dir wünschst, ich wäre älter und, na ja, erfahrener, das kannst du mir glauben.«
»Gut, gut«, sagte er, »gut«, und er wollte zu seinem Schreibtisch zurückkehren, drehte sich jedoch noch einmal zu mir um. »Iris«, sagte er. »Haben wir eigentlich ihre Geschichte?«
    In den nächsten zwei Monaten war Prok als Redner immer stärker gefragt, und notgedrungen reisten wir häufiger. Es hatte sich herumgesprochen. Anscheinend wollte jede Bürgervereinigung, jede Privatschule, jede Universität im Umkreis von achthundert Kilometern, daß er bei ihnen auftrat, und zu diesem Zeitpunkt lehnte er keine einzige Einladung ab. Er verlangte auch kein Honorar und ging sogar so weit, die

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