Draakk: Etwas ist erwacht. (Horrorthriller) (German Edition)
zusammenbricht, kippen ihn die Wissenschaftler einfach vom Rand der Plattform, wo er hart auf dem gefliesten Boden aufschlägt und liegenbleibt. Währenddessen haben die Wissenschaftler schon das nächste Opfer herangeschleppt, das sie auf die gleiche, rabiate Weise ausbluten lassen, eine junge Frau, offenbar vom zivilen Personal. Und so geht es weiter, immerfort …
Und dann bricht unvermittelt das Chaos los. Die Menschen im Hangar erwachen gleichzeitig aus ihrer wachsfigurenhaften Starre und schauen sich ungläubig um. Dann beginnen sie plötzlich, übereinander herzufallen – der gesamte Hangar gleicht nun einer riesigen durchgedrehten Vernichtungsmaschine, in der sich Menschen gegenseitig in Schlachtvieh verwandeln, sich niedertrampeln, ineinander verhakt kämpfen, Zähne und Nägel wahllos in das Fleisch ihrer Mitmenschen schlagen. Es erinnert immer noch ein wenig an ein Rockkonzert – allerdings an eines, bei dem das Publikum ausschließlich aus provisorisch bewaffneten Irren besteht. Sie vergehen sich auf grausamste Weise an sich selbst und den Menschen, die ihnen am nächsten stehen. Mit Händen, Füßen und jedem verfügbaren Werkzeug dringen sie ineinander ein – reißen auf, zerfetzen und fördern dabei Ströme von Blut zu Tage . Der Boden der Halle verwandelt sich in ein unbegreifliches Meer aus Blut und sich darin windenden, verbissen kämpfenden Körpern. In ihrer Mitte ruht stumm die Plattform mit den Wissenschaftlern, die nicht aufhören, dem Wesen in dem Glassarg ihre ungeheuerlichen Opfer darzubieten, während der unaufhaltsame Mahlstrom der Gewalt die Plattform umspült.
Erwachen
S inger schaltete das Band emotionslos ab. Er hatte das Resultat diese r Gewaltorgie jenseits aller menschlichen Vorstellung bereits gesehen, unten in der Halle. Hatte sich durch die blutleeren erstarrten Leiber einen Weg gebahnt bis hierhin, hatte im Licht seiner Taschenlampe in stumpfe, aufgerissene Augen und verzerrte Fratzen geblickt, die einmal menschliche Gesichter gewesen waren. Mechanisch drückte er einen weiteren Knopf und der Bildschirm wurde schwarz. Mit leisem Surren öffnete sich ein kleines Fach und gab die Kassette mit der Aufzeichnung des eben Gesehenen frei. Singer wog sie für einen Moment in der Hand, bevor er sie einsteckte.
Dann schaute er durch die Scheiben nach unten in die Halle. Sah auf das Massaker und spürte nichts mehr. Er verstand nun. Der gläserne Sarg war leer gewesen, als er ihn passiert hatte. Er war auch jetzt noch leer, natürlich.
Schneewittchen war erwacht.
Exit
W ie er vermutet hatte, gab es tatsächlich einen weiteren Ausgang, und die Tatsache, dass es dem jungen Soldaten auf dem Videopult nicht gelungen war, sich rechtzeitig in Sicherheit zu bringen, konnte nur bedeuten, dass der Zahlencode für diese Tür ausschließlich dem Führungspersonal vorbehalten sein musste – für den unwahrscheinlichen Fall einer mittelschweren Katastrophe im Labor. Nun, dieser unwahrscheinliche Fall war nun eingetroffen – von mittelschwer konnte allerdings keine Rede sein. Die Tür zu dem ehemals verborgenen Notausgang stand weit offen und es konnte kein Zweifel bestehen, was durch sie hindurchgegangen war.
Das Licht in der Station war nun fast gänzlich verloschen, Singer würde seine Taschenlampe wieder brauchen. Nach kurzem Zögern öffnete er den Verschluss am Gürtel des jungen Technikers. Er vermied es, einen weiteren Blick in dessen zerstörtes Antlitz zu werfen, als er dem jungen Soldaten die Hose und die gefütterte Jacke auszog. Anschließend streifte er sich die Uniformteile über und bedeckte den Soldaten mit seinem blutverschmierten, ehemals weißen Laborkittel, dessen Saum bis zu den Knien rot getränkt war, seit er damit durch ein Meer von Blut gewatet war. »Danke, mein Junge«, sagte Singer leise, »und mögest du in Frieden ruhen.«
Später würde er sich nicht mehr erinnern können, dass er den Raum mit den Monitoren verlassen hatte und dem nächsten Gang bis zu dessen Ende gefolgt war. Oder daran, wie das Licht gänzlich erstorben war, er im schwächer werdenden Schein seiner Taschenlampe weitergegangen war, mit starren Augen und einem entsetzlich leeren Verstand, einfach immer weiter bis zur letzten der aus den Angeln gerissenen Türen, die hinaus in noch mehr Schwärze führte.
Aber diese Finsternis hatte sich als die seiner eigenen Welt herausgestellt, die Dunkelheit der Nacht im Sachsenwald. Er vergaß, dass er sich unterwegs ohne
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