Draakk: Etwas ist erwacht. (Horrorthriller) (German Edition)
verdächtigen « Verschwörungstheoretikern schon in wenigen Wochen niemand mehr von den über tausend Leichen in einem geheimen unterirdischen Labor reden würde, und ebenso wenig von der potenziellen Gefährlichkeit derartiger privat finanzierter Forschungen.
Comedians würden wieder anfangen, ihre Witzchen zu reißen, inspiriert von den ersten geschmacklosen YouTube-Videos zur Katastrophe. Bald darauf wären die seichten Eskapaden durchtrainierter Fußball-Promis oder die nächste Staffel irgendeiner hirnlosen Reality-Show wieder das Hauptthema. Das Leben würde weitergehen. War alles schon tausend Mal passiert, keine große Sache.
Trotzdem, auch wenn mittlerweile eine Menge Leute und jeder deutsche Polizei- und Zollbeamte das Gesicht von Dr. Peter Singer kannte, suchten sie praktisch nach dem falschen Mann im falschen Auto. Das war immerhin eine Chance. Die einzige, die sie hatten.
Die Grenzer wirkten tatsächlich nicht übermäßig gewissenhaft, sie winkten die meisten Wagen nach einem kurzen Blick ins Innere einfach durch. Wahrscheinlich gingen sie ohnehin davon aus, dass Singer einfach auf schnellstem Wege flüchten würde oder möglicherweise bereits über alle Berge war. Asien, Südamerika, die Möglichkeiten waren zahlreich, wenn man erst mal außerhalb Europas war. Und war es denn nicht logisch, dass der Mann sich nach solch einer Tat schleunigst aus dem Staub gemacht hatte? Vielleicht hatten sie auch gehört, dass Singer über achthundert Kilometer weiter nördlich gesichtet worden war. Das würde zumindest ihre missmutigen Gesichter erklären.
Als sie schließlich an der Reihe waren, leuchtete der Grenzer mit seiner starken Taschenlampe in das Innere des Wagens, nachdem er das Nummernschild angeschaut und als deutsches identifiziert hatte. Offenbar schien er zufrieden zu sein mit dem, was er im Wagen sah – zumindest machte er keine Anstalten, sie auf der Stelle niederzuschießen.
Er schaute noch einmal in Martins Gesicht und machte dann eine kreisende Geste mit dem Zeigefinger seiner rechten Hand. Das hatte der Zöllner bei den Autos in der Schlange vor ihnen nicht getan. Martin riss sich zusammen und seine zitternden Finger fanden den Knopf am Inneren der Wagentür. Die Scheibe surrte leise nach unten und der Beamte sagte irgend etwas wie »Guten Tag, die Pässe bitte.« Antonia reichte Martin ihre beiden Pässe herüber, kein Zittern, ganz die routinierte Dame von Welt. Sie hieß jetzt Susanne Meier und stammte aus Stuttgart. Verdammt, das war solch ein Klischee, dachte Martin. Das kam davon, wenn man die Russen deutsche Pässe fälschen ließ. Der Beamte warf einen prüfenden Blick in ihre Papiere, schaute dann ausdruckslos erneut in ihre Gesichter und gab ihnen schließlich die Pässe zurück, wobei er Antonia sogar ein wenig anzulächeln schien. Die lächelte zurück, so kokett wie falsch. »Danke«, sagte der Beamte schließlich und Martin tastete nach dem Schlüssel, um den Wagen anzulassen. Er vermied es, auszuatmen. Das hätte der Grenzer zu offensichtlich als Zeichen der Erleichterung interpretieren können. Wenn er die Luft allerdings noch ein wenig länger anhielt, würde sein Kopf bestimmt platzen. Verdammt, er musste atmen – unschuldige Leute atmeten schließlich auch an Grenzübergängen, und er …
Das Bonbon hatte sich der Zöllner allerdings bis zum Schluss aufgespart. Wie zufällig legte er seine Hand an den Griff seiner Pistole und sagte:
»Öffnen Sie bitte mal den Kofferraum!«
IV - ChXXs
Anál nathrach, oth’ bháis’s bethad, do chél dénwhai.
Atem des Drachen, Zauber von Tod und Leben, Omen des Erschaffens
Alt-Irisch
Nazaret, Jerusalem, 3 n. Chr.
E s war dem Priester gelungen, Tyssas Kind zu schützen, doch er hatte einen furchtbaren Preis dafür gezahlt. Nachdem die Soldaten das Kloster am Fuße des Kailash zerstört und jedes Mitglied der friedvollen Glaubensgemeinde getötet hatten, war ihnen schließlich zu Ohren gekommen, dass ihr Massaker nicht vollständig gewesen war. Dass ein Priester geflohen war, und dass er einen unermesslichen Schatz bei sich getragen hatte.
Die eingeschüchterten Bewohner des nahen Dorfes waren einfache Menschen, nicht gewöhnt an die Härte und Grausamkeit des Krieges und des Tötens. Die Soldaten hatten sie nicht lange foltern müssen, um herauszubekommen, in welche Richtung der junge Geistliche mit dem Kind gegangen war, und was es gewesen war, das er bei sich getragen hatte.
Als sie ihn schließlich
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