Draakk: Etwas ist erwacht. (Horrorthriller) (German Edition)
kraftlos Singers Griff. Der Alte muss furchtbare Schmerzen haben, aber kein Laut kommt über seine Lippen, während das Getrampel aus dem Gang rasch näher kommt.
Ein dünner, speicheliger Blutfaden läuft aus dem Mund in den riesigen weißen Bart, nun ein struppiges, graues Ding, verklebt von Blut und Dreck.
Dann stößt er Singer nochmals weg, mit erstaunlicher Kraft und ruft:
»Lauft, um Gottes willen!«
Singer zieht sich die letzten Stufen der Leiter aus dem Betonloch heraus, während der Alte sich ein letztes Mal zu seiner vollen Größe aufrichtet. In seiner unverletzten Rechten blitzt die Klinge eines großen Armeemessers auf, offenbar hat er es von einem der gefallenen Soldaten erbeutet. Das Letzte, das Singer sieht, als er den Deckel mit einem ohrenbetäubenden Krachen zuwirft, ist, wie der alte Mann die große Klinge in einer einzigen fließenden Bewegung der heranstürmenden Landau-Kreatur in den Hals stößt, bevor die Woge der weiß bekittelten Monster brüllend über ihm zusammenschlägt.
Und sie rennen weiter, Singer, Antonia und Martin, über den kleinen Platz, bis zum Zaun, wo der rote Jeep steht. Singer hat das Gefühl, durch Gelee zu waten, die Welt besteht nurmehr aus unzusammenhängenden Details und bewegt sich wie in Zeitlupe. Sie erreichen den Wagen und Singer dreht die Schlüssel im Zündschloss herum, starrt dabei für eine endlose Sekunde verständnislos auf den Anhänger mit dem Jeep-Logo. Betätigt das Gaspedal, die Kupplung. Schaltet, alles geht nervtötend langsam. Er gleitet durch diesen Albtraum, durch eine perverse Laune des Universums, und es ist reiner, gedankenloser Instinkt, der ihn den Wagen zurücksetzten und in einem halsbrecherischen Manöver wenige Zentimeter vor dem Rand des steilen Abhangs wenden lässt. Antonia sieht zum zweiten Mal hinab in den Abgrund, nur nimmt sie es diesmal gar nicht wahr. Ihre Augen sind starr in die Finsternis draußen vor der Windschutzscheibe gerichtet.
Und dann rasen sie die Serpentinenstraße hinab, und Singer riskiert alles, als er den Wagen erbarmungslos zur Höchstgeschwindigkeit treibt, um fortzukommen von diesem unheiligsten aller Orte, vom verfluchten Gletschergipfel des Pragelpasses, und dem, was dort unten im Berg haust und sich gerade einen Weg ins Freie bahnt. Fort von dem, was sie gesehen haben und auch fort von den Dingen, die gesehen zu haben sie nicht sicher sind. Wie durch eine Nebelwand blickt Singer in den Rückspiegel, bevor sich die kleine Baumgruppe in das Sichtfeld zwischen sie und den Betonklotz schiebt. Für den Bruchteil eines Augenblicks glaubt er zu sehen, wie der schwere Eisendeckel auffliegt und ein Gesicht über seinem Rand erscheint. Und auch wenn er sich niemals wirklich sicher sein wird, glaubt er doch für einen schrecklichen Moment, dass dieses blutverschmierte und von roten Pusteln entstellte Gesicht zu einem Chirurgen namens Landau gehört, aus dessen Hals die abgebrochene Klinge eines großen Armeemessers ragt.
Infiziert
D as Auto raste mit aufgeblendeten Scheinwerfern die Serpentinenstraße hinab – im Nachhinein grenzte es fast an ein Wunder, dass sie die Fahrt überlebten. Antonia und Martin fragten Singer nicht, was mit dem alten Mann geschehen war und dafür war er ihnen dankbar. Aber Singer war sich bewusst, dass der Alte ihnen die entscheidenden Sekunden verschafft hatte, um zum Wagen zu gelangen und von der Bergkuppe zu rasen, bevor diese Dinger den tonnenschweren Stahldeckel des Bunkers aufgestemmt hatten. Ohne den alten Mann hätten die Dinger sie mit Sicherheit erwischt .
Aber war das wirklich die ganze Wahrheit, überlegte Singer, stimmte das tatsächlich? Oder hatten die Wesen sie vielleicht entkommen lassen? Was hatte die Stimme des Landau-Dings
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