Draakk: Etwas ist erwacht. (Horrorthriller) (German Edition)
unter der die große Tasche mit dem Dynamit lag, deren Zünder er vorhin wohlweislich miteinander verkabelt hatte, »und gehe da raus. Und dann lassen sie euch in Ruhe, okay? Wie du gesagt hast, Christian.«
Christian bohrte das Messer ein wenig tiefer in Martins Kehle. Shit! Singer konnte deutlich sehen, wie das dünne Rinnsal etwas stärker wurde. »Was brauchen Sie Ihren Scheiß-Rucksack?«, quäkte der Junge. Seine Stimme war ein erbärmliches Quietschen, wie die rostigen Angeln einer alten Tür. »Gehen Sie doch einfach da raus und lassen Sie uns in Ruhe.« Er heulte wieder. »Lassen Sie uns einfach in Ruhe.« Er schrie es hinaus und sein Speichel flog in weitem Bogen durch die Luft. Jegliche Farbe war aus seinem Gesicht gewichen. Ein blasser, kleiner Dämon mit einem Puppengesicht. Ein zu Tode geängstigter Junge.
Wozu brauchte er den Rucksack? Gute Frage, und eine auf die ihm Singer kaum die Wahrheit sagen konnte.
Und dann drückte irgend jemand nochmals auf den Knopf für »Schnelles Vorspulen« in Singers Wahrnehmung.
Lena entschloss sich urplötzlich doch dazu, einzugreifen. Mit einem verzweifelten Heulen machte sie zwei ausladende Schritte auf Christian zu und fiel ihm in den Unterarm. Das heißt, sie versuchte es. Christian nahm die Bewegung offenbar aus dem Augenwinkel wahr und fuhr reflexartig herum, die Hand mit der offenen Klinge voran. Lena sah zu spät, worauf sie zurannte, zu schwungvoll war ihre eigene Bewegung, um anzuhalten oder auszuweichen. Mit einem widerlichen Reißen fuhr die Klinge des scharf geschliffenen Steakmessers in ihren Hals und bohrte sich bis zum Heft hinein. Kurz darauf kam sie mit einem knirschenden Geräusch auf der anderen Seite wieder heraus – wie einer dieser Scherzartikel-Pfeile, die man sich zu Halloween auf den Kopf setzt. Für einen Moment nahm ihr Gesicht einen erstaunten Ausdruck an, so als wundere sie sich über den merkwürdigen kleinen Fremdkörper, der seitlich aus ihrem Hals ragte wie ein seltsamer Schmuck. Dann drehte sich Lena im Schwung ihrer Bewegung und riss damit das scharfe Fleischmesser vorn aus ihrem Hals wieder heraus. Damit zerstörte sie die Illusion des Scherzartikel-Pfeils augenblicklich. Ihr Hals öffnete sich vorn wie ein blutig grinsendes Maul und gab die Klinge wieder frei. Ein breiter Blutschwall schoss aus ihrer durchtrennten Kehle und spritzte vor ihr auf den Boden, auf Christian und Martin und die vorderste Front der Kirchenbänke.
»Neeeiiiiin!«, schrie Christian, seine Hand zuckte zurück und ließ verschreckt das blutverschmierte Messer fallen. Es polterte klirrend auf den Boden. Dann hob er in einer sinnlosen Geste der Abwehr selbst die Hände über den Kopf, krümmte sich und lächelte sein dümmliches Lächeln. Jetzt wirkte er mehr denn je wie ein kleiner Junge, der einen Blumentopf umgeschmissen hat und diesen nun umtanzt, in dem kindlichen Wunsch, die Zeit zurückzudrehen.
Ich war’s nicht, Mama, wirklich nicht! Es ist alles von ganz allein passiert!
Aber es war zu spät für derlei kindliche Wünsche, und die Sache war weit verhängnisvoller als ein kaputter Blumentopf. Seine kleine Schwester taumelte auf den Altar zu, brach in die Knie und glitt in sanfter Anmut an dem Holzkreuz herab, ihre großen Augen fragend auf Christian gerichtet. Ihre linke Hand versuchte an den Füßen der Jesusfigur Halt zu finden, aber dafür war es bereits zu spät. Keine Hoffnung mehr für dich, mein schönes, sterbendes Kind. No Prayer for the Dying , schoss es Singer durch den Kopf.
Ihre andere Hand tastete nach dem riesigen Loch, dass nun in ihrer Kehle klaffte. Der Schnitt hatte ein ausgefranstes rotes Lächeln auf ihren Hals gezaubert, aus dem das verbliebene Blut im Puls ihres jungen Herzens auf den Altar und das Kreuz
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