Draakk: Etwas ist erwacht. (Horrorthriller) (German Edition)
Holzheiland mit Händen und Füßen zu bearbeiten. Dumpf traten sie dagegen und rissen an den dicken Pfeilern des Kreuzes herum. Schließlich gab das Holz nach und die Verankerung des dicken Drahtseils flog aus der Wand. Das riesige Kreuz neigte sich ein Stück nach vorn. Begeistert kreischend und tanzend sprangen sie auf die Holzkonstruktion und brachten sie durch ihr Gewicht endgültig zu Fall. Dann schleiften sie auch Lenas toten Körper vor den reglos dastehenden Draakk und warfen das kleine Bündel neben ihren wimmernden und sabbernden Bruder.
Der Kreis der Dorfbewohner schloss sich um Singer und den Draakk . Sie standen in einem losen Halbkreis herum und machten sich nicht die Mühe, ihn festzuhalten. Wozu auch, wohin hätte er schon fliehen sollen?
Schließlich löste sich einer der Weißkittel aus der kleinen Gruppe und kam auf Singer zu. Unter all den Geschwüren und Pusteln hätte Singer ihn beinahe nicht erkannt, aber dann bemerkte er den immensen grauen Bart und die wachen blauen Äuglein in dem Fleischklumpen, der früher ein Gesicht gewesen war. Es war Schlesinger, der ehemalige freundliche Weihnachtsmann. Schlesinger, Astrophysik, zu Ihren Diensten, der ihn in der Lounge des unterirdischen Labors im Sachsenwald mit Doreen Walther bekannt gemacht hatte. Die hübsche Psychologin, die er später im Gang des auf Notbetrieb laufenden Labors gefunden hatte. Sie hatten ihr einen Türknopf ins Hirn gedroschen. Wie lange war das jetzt her? Äonen, schien es Singer.
So vieles war passiert in so kurzer Zeit.
Abgesehen von ihren weißen Kitteln wiesen die Wissenschaftler ein weiteres Merkmal auf, das sie von den Dorfbewohnern unterschied. Sie wirkten wacher, irgendwie mehr bei Bewusstsein, und ihre Bewegungen waren geradezu bemerkenswert drahtig und agil, von einer erstaunlichen Körperspannung und Präzision begleitet, die man sonst nur bei gut trainierten Athleten sah. Während die tobenden Dorfbewohner kaum mehr als ein Rudel Hunde für die irrwitzige Treibjagd des Draakk waren, die den Fuchs aus seinem Bau getrieben hatten, waren die Wissenschaftler anders, handelten eindeutig mehr aus eigenem Antrieb heraus. Und das war das Erschreckende, sie befanden sich offenbar im Vollbesitz des ihnen eigenen Intellekts. Und das war eine Menge. Wären sie nicht ebenso von Pusteln bedeckt gewesen wie die Dorfbewohner, hätte man sie für vollkommen normale Menschen halten können.
Schlesinger lächelte Singer an. »Schön, dass wir uns wiedersehen, Dr. Singer!« Abgesehen von einem leichten Nuscheln, hervorgerufen von einer gewaltigen Pustel auf seiner Oberlippe, war es fast seine eigene Stimme.
Singer schwieg. Schlesinger nickte bestätigend. »Kraft?«, fragte er Singer unvermittelt. Einen Moment bildete sich Singer ein, ihn »Kaffee?« anbieten zu hören. Genau die Betonung hatte es gehabt. »Zwei Stück Zucker?«, »Sahne?«, »Kraft?«
»Bedauerlich, äußerst bedauerlich, dass wir Dr. Walther ruhigstellen mussten, finden Sie nicht?« sagte Schlesinger und lächelte aufmunternd unter seiner fetten Pustel hervor. Er drehte die Handflächen in einer Geste ehrlichen Bedauerns nach außen, als habe er den Vorführwagen eines Autohauses bei der Testfahrt leicht beschädigt. Tut mir leid, ist halt so passiert. Kommt schon mal vor. So ist das Leben. Schwamm drüber! Singer wurde schlecht.
»Sie wollte nicht mitmachen, nicht dazugehören!« Plötzlich verzerrten sich die Reste seines Gesichts zu einer hasserfüllten Fratze. »Hat geglaubt, sie wäre was Besseres!«
Unvermittelt grinste ihn der Alte wieder an und hob belehrend den Zeigefinger. Singer hätte ihm das Teil samt Hand gern abgerissen und irgendwohin gesteckt, wo es
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