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Draakk: Etwas ist erwacht. (Horrorthriller) (German Edition)

Draakk: Etwas ist erwacht. (Horrorthriller) (German Edition)

Titel: Draakk: Etwas ist erwacht. (Horrorthriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz C. Frey
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auf den Tag ge­nau ein Jahr her, das mit Anna, sei­ner Ex-Frau.
    Ex-Frau. Was für ein sel­ten däm­li­ches Wort. Für ihn war Anna im­mer nur Anna ge­we­sen – nie­mals sei­ne »Ex-Frau«, nicht als er die Schei­dungs­pa­pie­re un­ter­zeich­net hat­te und schon gar nicht jetzt, da sie tot un­ter der Erde lag.
    Sin­ger schraub­te den Ver­schluss der nächs­ten klei­nen Fla­sche mit ei­nem lei­sen Knacken auf und ließ ihn acht­los zwi­schen sei­nen Fin­gern zu Bo­den glei­ten. Er starr­te eine Wei­le auf das win­zi­ge Glas­be­hält­nis in sei­ner Hand – kaum mehr als ein Kin­der­spiel­zeug – und setzte es dann an sei­ne Lip­pen. Er trank es in ei­nem Zug leer.
    Am An­fang war sie für ihn ein­fach nur sei­ne ge­lieb­te Anna ge­we­sen, von dem rei­zen­den Grüb­chen, das sich auf ih­rer lin­ken Wan­ge bil­de­te, wenn sie lächel­te, bis zum bun­ten Som­mer­kleid, in dem sie la­chend für ihn ge­tanzt hat­te in je­nem Korn­feld. Als es für sie noch einen Grund ge­ge­ben hat­te, zu la­chen und zu tan­zen.
    Anna, der Wir­bel­wind in sei­nem sonst so ge­ord­ne­ten Aka­de­mi­ker­le­ben. Anna, die auch noch für ihn ge­lächelt hat­te, als die Son­ne in ih­rem Her­zen längst un­ter­ge­gan­gen war. Sie war sein er­fri­schen­der An­teil »ech­tes Le­ben« ge­we­sen, den er sich ge­gönnt hat­te, wie ge­witzte­re Leu­te sich wohl einen Fer­ra­ri gönn­ten oder eine Jacht. Die­se Din­ge wa­ren im­mer­hin er­setz­bar. Sie konn­ten ka­putt­ge­hen, oder ge­klaut wer­den, na­tür­lich – doch am Ende zahl­te im­mer die Ver­si­che­rung. Ster­ben konn­ten die­se Din­ge nicht.
    Oder wahn­sin­nig wer­den.
    Was er tat­säch­lich am schmerz­lichs­ten ver­miss­te, wa­ren die sanf­ten Wöl­bun­gen der Decke ne­ben ihm, wenn er mor­gens er­wach­te. Die­ses win­zi­ge Stück Ge­wiss­heit, dass die­ser Tag nur gut wer­den konn­te. Ein­fach gut wer­den muss­te , weil sie da war. Weil sie bei­de da wa­ren, wie eine rich­ti­ge, klei­ne Fa­mi­lie.
    Sei­ne Hand krampf­te sich fes­ter um das kühle Glas der lee­ren Fla­sche. Hier, in der über­trie­ben teu­ren Su­pe­ri­or Sui­te des Park Hyatt ver­stand er plötz­lich die wah­re Be­deu­tung des Wor­tes Reich­tum. Er be­gann zu be­grei­fen, dass Reich­tum manch­mal nur ein klapp­ri­ges ap­fel­grü­nes Holz­bett in ei­nem klei­nen wind­schie­fen Häus­chen in­mit­ten von Korn­fel­dern sein kann.
    Und er ver­stand, dass die­ser Reich­tum flüch­tig ist.

Jen­seits der Spie­gel

S in­ger re­de­te sich auch heu­te noch mit ei­ni­gem Er­folg ein, dass er es gar nicht hat­te be­mer­ken kön­nen , dass die Sym­pto­me zu schwach, zu un­deut­lich und zu sel­ten ge­we­sen wa­ren. Das stimm­te so­gar. Zu­min­dest hat­te es am An­fang ge­stimmt. Wie bei­spiels­wei­se an je­nem Sonn­tag, als er, wach­ge­kit­zelt von der Som­mer­son­ne, sei­ne Hand nach Anna aus­ge­streckt hat­te.
    Ihre acht­jäh­ri­ge Toch­ter An­to­nia, ein Frühauf­ste­her wie alle Kin­der, wür­de wahr­schein­lich be­reits in ih­rem Zim­mer mit ih­rer Holz­pup­pe spie­len, die sie min­des­tens ein­mal pro Wo­che um­tauf­te. Die­se Wo­che hat­te ihr Au­gus­te ge­fal­len, wenn sich Sin­ger recht er­in­ner­te. Oder sie wür­de viel­leicht le­sen. Seit sie die Aben­teu­er des Lü­gen­ba­ron Münch­hau­sen für sich ent­deckt hat­te, kam sie mor­gens sel­te­ner zum Ku­scheln ins Bett ih­rer El­tern.
    Zeit und Ge­le­gen­heit also für die jun­gen El­tern, sich ein we­nig mit­ein­an­der zu be­schäf­ti­gen. Sin­ger wür­de un­ter der leich­ten Som­mer­decke auf For­schungs­rei­se ge­hen und be­gin­nen, An­nas Bauch sanft zu küs­sen, dann lang­sam hin­ab­glei­ten, während sei­ne Hän­de ihre …
    Doch sei­ne Hand tas­te­te ins Lee­re. Als er die Au­gen öff­ne­te, sah er, dass er heu­te Mor­gen tat­säch­lich al­lein in dem grün ge­stri­che­nen Holz­bett lag. Ne­ben ihm be­fand sich nur das zer­wühl­te La­ken – Anna hat­te so­gar ihre Über­decke mit­ge­nom­men. Sin­ger warf einen schläf­ri­gen Blick auf sei­ne Arm­band­uhr, 6:45 Uhr. Hel­ler Mor­gen, ja – aber noch min­des­tens eine Stun­de zu zei­tig, um das Früh­stück zuzu­be­rei­ten, was sie

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