Draakk: Etwas ist erwacht. (Horrorthriller) (German Edition)
aber nun eindeutig vorwurfsvollen Augen. »Du tauchst hier nach anderthalb Jahren auf und … und dann so was?« Ihre dunklen Augen wurden groß und dann schaute sie schnell zur Seite. »Mensch,du spinnst doch.«
»Antonia, glaub mir, ich wünschte wirklich, das wären alles Hirngespinste. Verdammt, mir wäre es lieber, ich könnte mir einbilden, ich wäre verrückt. Und sie würden mich wegsperren, anstatt dass ich dich da reinziehen muss.« Erneut griff er nach ihren Händen, sie ließ es geschehen. Wie schmal und feingliedrig sie doch waren – wie die eines kleinen Kindes.
»Aber ich habe keine Wahl. Sie haben mir keine gelassen. Ich weiß, wie verdammt schwer dir das fallen muss, aber du musst mir jetzt einfach vertrauen. Dieses eine Mal nur. Diese Typen – ich weiß nicht, was sie mit dir anstellen würden, um an mich heranzukommen.« Er legte die kleine Videokassette auf den Tisch. »Und an das hier . Was hier drauf ist, könnte das Murnauer-Institut über Nacht ruinie ren .«
Irgendwie schien das den Ausschlag zu geben. Vielleicht war es nur ein kleiner Hinweis darauf, dass ihr Vater möglicherweise doch nicht komplett verrückt war. Er hatte etwas dabei, was zumindest er für einen Beweis seiner Behauptungen hielt. Und immerhin war er ihr Vater. Sie hatte schließlich nur den einen.
Langsam hob Antonia den Kopf.
»Gut, ich vertraue dir«, sagte sie, nachdem sie ihn für eine Weile angeblickt hatte. Stumm, aufmerksam, durchdringend. »Nur – verpatz’ es diesmal nicht, okay?«
»Das werde ich nicht, Antonia«, sagte Singer. »Nicht noch einmal.«
Ihre Augen lösten sich voneinander, beinahe gleichzeitig. Antonia ließ einen weiteren Blick über sein schreiend buntes Hemd schweifen, »Und besorg’ dir mal vernünftige Klamotten.« Ihre Gesichter verzogen sich synchron zum identischen schiefen Singer-Grinsen. Vater und Tochter. Wie eine richtige kleine Familie.
»Antonia. Da ist noch etwas«, sagte er.
»Oh, super, noch mehr gute Neuigkeiten! Was denn?«
»Also das, was diesen Zwischenfall im Labor verursacht hat, ist ausgebrochen.«
»Ausgebrochen, wie ein Virus?«
»Mehr wie ein … ein Tier. Ein sehr gefährliches Tier. Beziehungsweise ein Tier mit einer sehr gefährlichen Krankheit. Und die ist, wie es aussieht, hochansteckend.«
»Scheiße!«
»Antonia, du sollst nicht …« Aber seine Tochter hatte im Moment kein Ohr für seine etwas verspäteten Erziehungsmaßnahmen. »Und warum warten wir nicht einfach, bis die Jungs vom Institut dieses ‚Tier' erlegen?«, schlug sie vor. »Dann wäre doch alles in Butter, oder?«
»Hmm«, machte Singer und sein Blick verfinsterte sich, »ehrlich gesagt bin ich mir gar nicht so sicher, dass sie es überhaupt töten wollen . Ich denke, sie wollen es einfangen und … irgendwie nutzbar machen. Als eine Art Waffe.«
Paranoia
S ie verließen gemeinsam die Mensa, um zum Studentenwohnheim hinüberzulaufen. Es waren nur wenige Meter, vielleicht fünf Minuten von der Cafeteria entfernt.
Als sie dort ankamen, war der Himmel über Hamburg wüst und dunkel. Erste Regentropfen platschten vereinzelt auf den Gehweg. Schon von Weitem konnten sie das hell beleuchtete Foyer des Studentenwohnheims am oberen Ende einer nicht besonders hübschen Betontreppe ausmachen.
»Shit!«, entfuhr es Singer, als er bemerkte, dass im Foyer Leute herumliefen und sich mit den Studenten unterhielten. Leute, die da nicht hingehörten. Männer in schwarzen Anzügen und den bei diesem Wetter ausgesprochen dämlich wirkenden RayBan-Sonnenbrillen. Klone des Aushilfs-Napoleons aus Murnauers Staatskarosse. Verdammt, sie waren wirklich schnell gewesen. Und, falls daran bisher noch irgendwelche Zweifel bestanden hatten, sie hatten es tatsächlich auf
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