Drachen, Orks und Magier
Ruderblätter regelmäßig in das dunkle Wasser des Jasabil senkten und sich die ORKZAHN langsam flussaufwärts bewegte. Die Strömung war hier recht stark. Die Männer mussten sich ziemlich kräftig in die Riemen legen.
"Schwer zu sagen, warum diese Leute dort stehen und uns angaffen, als wären wir exotische Tiere", murmelte Kirad.
"Vermutlich ist die Kunde über den Frevel, den ich in den Augen dieser Menschen begangen habe, uns vorausgeeilt", sagte An-Shar.
Kirad lachte.
"Mit anderen Worten, du würdest mir empfehlen nicht im Hafen von Chelha einzulaufen."
"In der Tat", nickte An-Shar. Seine Augen bekamen wieder jenen abwesenden Ausdruck, den Kirad schon einmal an ihm bemerkt hatte.
"Viele Zeitalter ist es her", murmelte er, "da lebte hier ein zivilisiertes Volk mit erhabenen Göttern, nur das ist lange vorbei und das, was du jetzt hier siehst, Barbar, ist nichts weiter als der blasse Abglanz dessen, was das alte Reich Ta-Tekem einst ausgemacht hat."
"Du sprichst darüber als hättest du selbst die Tage noch erlebt, als jenes Reich in voller Blüte stand", meinte Kirad. In seinem Tonfall schwang eine deutliche Portion Spott mit.
"Und wenn es so wäre?", murmelte An-Shar. "Was würde das für dich einen Unterschied machen?" Er machte eine ruckartige Bewegung, blickte Kirad dann offen an. "In diesem Land erzählt man sich heute eigenartige Geschichten über die Mumien, die die alten Tekemer hinterlassen haben. Tote, die auf geheimnisvolle Weise an der Verwesung gehindert wurden und noch heute in den alten Grabstätten und Ruinen zu finden sind."
"Schauderhaft", sagte Kirad.
"Schon so mancher schwarzer Magier hat versucht eine solche Mumie wieder zurück ins Leben zu holen. Vielleicht ist ja genau das mit mir geschehen?" An-Shar lachte schallend. "Wie leicht du zu beeindrucken bist, Barbar. Dazu braucht es nicht einmal Magie, nur ein paar eindrucksvolle Worte."
"Du irrst dich", erwiderte Kirad. "Mir ist es völlig gleichgültig, wer du bist und ich weiß, dass Kjulls Hinterlist in dir wohnt wie in sonst kaum jemanden, den ich bisher kennen gelernt habe."
"Dich interessiert nur das Gold, nicht wahr?"
"So ist es."
An-Shar nickte. "Gierige Menschen wie du haben einen Vorteil, Kapitän. Sie sind leicht zu berechnen."
*
In den nächsten Tagen geschah nichts Besonderes.
Die ORKZAHN setzte ihren Weg fort, Richtung Süden und die Kenntnisse Ammeet el-Auris sorgten dafür, dass das Orks-Schiff nicht ein einziges Mal auf Grund lief.
Der Lotse behielt die Orientierung.
Schließlich erreichten sie den am Ostufer gelegenen Flusshafen Sabrer.
Das Delta hatten sie nun endgültig hinter sich gelassen. Der Jasabil bildete hier einen breiten Strom.
Ammeet el-Auri ging in Sabrer von Bord. Niemand sprach die Orks auf das an, was in El-Daribar geschehen war.
Kirad zog daraus den Schluss, dass die Gerüchte über den Frevel, den An-Shar begangen hatte, ihnen doch nicht so schnell vorausgeeilt war wie zunächst befürchtet werden musste.
Sicher spielte bei diesem Umstand auch eine Rolle, dass Sabrer am östlichen Ufer des Jasabil gelegen war und es keinerlei Langweg von El-Daribar aus gab.
Nur wenige Schiffe verkehrten zwischen Sabra und El-Daribar. Die Meisten pendelten zwischen dem weitaus bedeutenderem Mokanesh und dem südlich von Sabrer gelegenen Khairat, der Hauptstadt des Sultans von Kairawan.
Ein paar Tage später erreichte die ORKZAHN dann den Hafen von Khairat, was übersetzt 'Segen' hieß.
Früher war Khairat das Zentrum eines großen Reiches gewesen, inzwischen aber sagte man, dass der Einfluss des Sultans nicht über die nähere Umgebung der Stadt hinausging.
Die ORKZAHN legte im Hafen nur kurz an.
Ein Beamter des Sultans erschien schon sehr bald im Hafen und verlangte in einigermaßen flüssigem Elbinga von Kapitän Kirad Kiradssohn Elbenschlächter zu wissen, was diesen so tief ins Land Elbenoi hinein geführt hätte.
Es kam hin und wieder vor, dass orkische Segler Gefangene, die sie auf ihren Raubzügen gemacht hatten, in die Häfen des Jasabil-Deltas brachten, um sie dort als Sklaven zu verkaufen. Bis Khairat kamen allerdings die Wenigsten von ihnen.
Die ORKZAHN hatte augenscheinlich keine Sklavenfracht an Bord und führte auch sonst nichts mit sich, was man als eine Ladung hätte bezeichnen können. Das erregte offenbar das Misstrauen dieses Mannes.
"Ich habe den Verdacht, dass hier ein Gewerbe eröffnet werden soll, ohne die dafür nötige Erlaubnis eingeholt zu haben", erklärte der
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