Drachenblut 01 - Die Väter
seinen Armen. Ein weiterer Schwall von Tränen brach aus ihm
heraus. Aber sie sollte nicht sinnlos ihr Leben gelassen haben. Er würde ihrer
Bitte entsprechen und entledigte sich schon im gleichen Moment seiner Kleider.
Nackt
trat er vor den Drachen. Das Blut sprudelte noch immer wie ein Bach aus dessen
Kehle und Siegfried erkannte, dass sogar sein Herz noch ein paar letzte,
zaghafte Schläge vollführte. Er hielt seine Hände in den warmen, klebrigen
Strahl und rieb sich den ganzen Körper mit dem Blut der Bestie ein. Alle
Körperteile, die er mit dem Lebenssaft des Drachen benetzte, verfärbten sich
für kurze Zeit grün und wirkten schuppig. Kurz darauf jedoch sahen sie wieder
wie ganz normale Haut aus.
Siegfried
war fast fertig ... so gut wie jede Stelle an seinem Körper hatte er erreicht
und die Auswirkungen waren überall die gleichen geblieben. Er sah sich um, auf
der Suche nach einem Gegenstand, mit dem er auch die letzte Stelle an seinem
Rücken erreichen würde. Den Bereich zwischen seinen Schulterblättern, etwa so
groß wie eine Handfläche. Plötzlich jedoch erstarb das bis dahin noch leicht
pochende Herz des Drachen und mit ihm zusammen auch das Sprudeln seines Blutes.
Urplötzlich lag die Höhle in völliger Dunkelheit vor Siegfried. Er tastete sich
zum toten Leib des Drachen vor und spürte, dass dieser nun völlig kalt und
leblos vor ihm lag. Das letzte Blut, welches seiner zerrissenen Kehle entfloss,
fühlte sich nur noch stumpf an. Jede magische Urkraft war ihm, im Augenblick
des Todes, für alle Zeit entwichen.
Sei`s
drum, dachte Siegfried. Auf diese letzte Stelle würde es nicht ankommen. Es
galt nun, diesen Ort des Schreckens so schnell wie möglich zu verlassen. Ändern
konnte er es jetzt ohnehin nicht mehr. Er nahm Kate vom Boden der finsteren
Höhle auf und warf sich das tote Mädchen über die Schulter. Auch den hilflosen
Knaben fand er in seiner Nische wieder. Den Weg hinaus würde er sich auch in
völliger Dunkelheit bahnen können.
Der
Drache war tot ... die alte Hexe mit ihm gestorben. Kate war sein letztes Opfer
geworden. Warum nur hatte er das nicht verhindern können …?
Kapitel 14: Ein Knappe in Bedrängnis
Gunther
hatte Siegfried und Kate erst vor kurzem verlassen. Wieder erreichte er die
Wegkreuzung an der alten Eiche. Gekommen waren sie von links - welchen Weg
sollte er einschlagen? Zuerst hatte er entschieden, in das Kinderheim
zurückzukehren. Natürlich würde man ihn mit offenen Armen empfangen - aber die
Vorräte dort waren schon knapp genug. Also beschloss Gunther sein Ross nach
rechts zu lenken. Er hoffte, dass er bald auf ein Wirtshaus stoßen würde, in
dem er ausreichend Proviant erhalten sollte. Sein Hunger bereitete ihm
brennende Magenkrämpfe. Wenigstens hatte er an einem Bach seinen Durst stillen
können um danach, ein wenig besserer Laune, seinen Weg fortzusetzen.
Stunden
waren vergangen und es wurde schon dunkel. Gunther bekam es langsam mit der
Angst zu tun. Ein einsamer Reiter war zu dieser Zeit ein willkommenes Ziel für
Gesetzlose jeglicher Art. Er ärgerte sich! Wie leicht hätte das Kinderheim
erreichen können und wäre nun möglicherweise bereits auf dem Rückweg. Dumm war
er. Der Magd ein paar weitere Silberstücke zu geben, damit diese die
Speisekammer bis zum Frühling füllen könnte - auf diese einfache Idee war er
nicht gekommen.
Stockdunkel
war es bereits, als Gunther vor sich eine große Wegkreuzung erkannte. Das
Licht, welches ihm entgegenschien, konnte nur von einem Wirtshaus stammen.
Endlich! Er würde reichlich essen, früh schlafen gehen und morgen, schon bei
Sonnenaufgang, zurück reiten. Siegfried und Kate würden ihn wie einen Helden
empfangen.
Laute
Schreie drangen aus dem Inneren der Schenke. Gunther band sein Pferd neben
einigen anderen Rössern an. Als sein Blick auf das nächste Tier fiel, erkannte
er die ungewöhnliche Satteldecke sofort. Das Pferd gehörte einem der
Handlungsreisenden, mit denen sie sich den Weg in die hiesigen Gefilde geteilt
hatten. Er erinnerte sich an die beiden freundlichen Männer und freute sich
darauf, sie hier, an unerwarteter Stelle, wiederzusehen. Frohen Mutes öffnete
er die Tür und trat leichten Schrittes ein.
Das
Innere der Schenke wirkte deutlich weniger einladend. Gut zwanzig Betrunkene
saßen an den Tischen verteilt und grölten um die Wette. Es roch nach billigem
Wein und fettem Essen, was den hungrigen Gunther jedoch nicht störte. Er
blickte in die Runde und hielt Ausschau nach
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