Drachenblut 01 - Die Väter
den beiden Handlungsreisenden,
konnte sie allerdings nirgends ausmachen. Der Wirt, welcher ihn bereits beim
Eintreten argwöhnisch gemustert hatte, trat an den kleinen Tisch, an dem
Gunther Platz bezogen hatte. Wenig einladend grummelte er: »Was wollt Ihr?
Essen ... oder nur einen Krug Bier?«
»Zuerst
wäre ein wenig Freundlichkeit angebracht«, erwiderte Gunther hochnäsig. »Ich
möchte essen und deine sauberste Kammer für die Nacht. Morgen dann werde ich,
mit einer Menge Proviant, dein Haus wieder verlassen. Dafür werden einige
Kupferstücke in deinen Beutel wandern.« Kaum hatte er es ausgesprochen, da
bereute er auch schon seine Worte. Mittellos zu erscheinen war in dieser Zeit
die beste Art des Selbstschutzes. Wenig später dürfte bereits die ganze Schenke
wissen, dass er einen prall gefüllten Geldbeutel mit sich führte. Wie konnte er
nur so dumm sein? Es gab noch eine Menge Dinge, die er zu lernen hatte.
Jetzt
schaute Gunther den Wirt an, um zu bemerken, dass seine Worte die befürchteten
Auswirkungen zeigten. Er glaubte sogar, eine gewisse Verschlagenheit und
Habgier in den Augen des Mannes zu erkennen. »Aber wir werden noch ausgiebig
feilschen müssen«, fügte er halbherzig hinzu.
»Ihr
bekommt erst mal etwas zu essen und den besten Wein, den meine Herberge zu
bieten hat«, entgegnete ihm der Wirt grinsend. Auch Gunthers Nachsatz hatte
seine Wirkung gründlich verfehlt.
»Wo
haben denn die zwei Handlungsreisenden Quartier bezogen?«
»Handlungsreisende
habe ich hier schon seit Wochen nicht mehr erblickt«, entgegnete ihm der Wirt
unwirsch.
Seltsam
- Gunther war sich so gut wie sicher, das Pferd des Einen erkannt zu haben.
Aber eine Diskussion wäre ohne Frage sinnlos. Verärgert sah er dem Wirt
hinterher. Seine eigene Dummheit grämte ihn am allermeisten.
Kurz
darauf brachte der Wirt einige Krüge an den Nachbartisch und beugte sich zu
einem der Männer herunter. Wenig später bemerkte Gunther, dass die Kerle an
diesem Tisch jetzt über ihn sprachen. Immer wieder schauten sie in seine
Richtung, um kurze Zeit später wieder die Köpfe zusammenzustecken.
Das
Essen kam. Gunther zog die große Platte an sich heran und begann sofort damit
den fetten Braten gierig zu vertilgen. Mit einem großen Schluck Wein spülte er
das Fleisch herunter. In diesem Moment dachte er an Siegfried und Kate. Sein
schlechtes Gewissen trübte ein wenig die Freude an den leckeren Speisen. Ein
weiterer Schluck Wein landete in seinem Bauch. Der Alkohol hatte seine Sorgen
fast weggewischt.
Der
zweite Becher schmeckte sogar noch besser als der erste. Nun war es aber auch
genug, dachte Gunther. Es wurde Zeit in seine Kammer wanken und die Tür
gründlich verriegeln. Den Wirt würde er darum bitten, ihn bei Sonnenaufgang zu
wecken. Wenn er sein Pferd anspornte, dann könnte er seine Gefährten bereits
vor Sonnenuntergang des nächsten Tages erreichen.
Gerade
wollte sich der Knappe aufmachen, als einer der Männer vom Nebentisch herantrat
und sich neben ihn setzte. Gunther konnte sogar seinen üblen Atem spüren.
»Was
wollt Ihr?«, begann er unfreundlich. »Ich habe Euch nicht an meinen Tisch
eingeladen - außerdem bin ich müde.«
»Schweig!«,
zischte der Fremde böse. »Wenn du nach unten siehst, dann wirst du meine Klinge
an deinem Wams erkennen«, begann der Fremde drohend. »Wenn du morgen sehen
willst, wie die Sonne aufgeht, dann solltest du lieber einhalten.«
»Ich
habe nichts, was Euch interessieren könnte. Was also wollt Ihr von mir?«,
wehrte sich Gunther verzweifelt.
»Steh
langsam auf und folge mir in den Stall - dann werden wir ja sehen, was du zu
verbergen versuchst«, fauchte der Fremde eindringlich.
Ein
Nicken dieses Mannes reichte aus und die anderen Männer am Nachbartisch erhoben
sich zugleich. Von insgesamt fünf groben Kerlen begleitet, erreichte Gunther
den Pferdestall, um mit Erschrecken festzustellen, dass hier auch die beiden
Handlungsreisenden im Stroh lagen. Sie waren tot - daran bestand kein Zweifel.
Rings um die Männer waren Unmengen von getrocknetem Blut zu erkennen. Der
Schädel des Einen war gespalten und sogar seine Augen waren ausgestochen. Man
hatte sie förmlich abgeschlachtet.
Gunther
wurde grob ins Stroh gestoßen. Jetzt nahm gleich der Erste eine Mistgabel und
drückte diese kräftig in seinen Bauch. Er presste so stark, dass eine der
Zinken schon sein Wams durchbohrt hatte und nun bereits in die Bauchdecke des
Knappen eindrang. Gunther schrie schmerzerfüllt und versuchte
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