Drachenblut 1 - Kreuzungen | textBLOXX
erwischte es ihn eiskalt. Juvenile Drachen entwickeln sich schubweise. Obwohl sie mit dem gesamten Wissen ihrer Eltern schlüpfen, heißt dies noch lange nicht, dass damit ihre Persönlichkeit vollständig ausgebildet ist. Ganz im Gegenteil. Drachenreiter werden von ihren Drachen nicht aus Spaß als »Seele« bezeichnet. Bei der Vereinigung geht ein Teil der Persönlichkeit des Reiters auf den Drachen über. Umgekehrt geht auch etwas von dem Drachens auf dessen Seele über. Während der Übergang vom Reiter zum Drachen eher psychisch Natur ist, wechselt in der Gegenrichtung eher eine physische Komponente, wenn auch nicht ausschließlich. Beide Übergänge gelten als steinig.
Was wenig außerhald der Drachenreiter wissen: das Zusammenwachsen von Drache und Seele ist mit der initialen Vereinigung nicht abgeschlossen. Eigentlich beginnt der Prozeß erst damit. Drachen benötigen rund vier Jahr, um vollständig auszuwachsen. Nur vollzieht sich das Auswachsen nicht langsam und gleichmäßig, sondern in spontanen Schüben. Diese Wachstumschübe können sehr anstrengend sein, körperlich wie seelisch, insbesondere für den Reiter. Denn gerade in dieser Zeit, ist der Drache auf seine Seele angewiesen. Die Wachstumsschübe können die Drachen in heftige Kontraktionsschmerzen und chaotische Gefühlsstürme stürzen. Wie Drachen so sind, nehmen sie es von der humorigen Seite, wissen aber ganz genau, wieviel sie ihren Seelen dabei verdanken. Denn die Seelen sind es, die die Drachen davor bewahren durch zu drehen und verrückt zu werden. Sie sind der ruhende Pol, an dem sich der Drache emotional festhält, einem Anker auf hoher See nicht unähnlich.
Gilfeas Lehrer hatten ihn vorbereitet - theoretisch. Soweit es irgend ging, hatte man ihm versucht zu erklären, was bei Mithvals Wachstumsschüben passieren könnte und wie er sie durch Meditation und autogenes Trainig bewältige könnte.
Mithvals Kommentar dazu war drachentypisch: »Schwachsinn! Egal was du trainierst, wir beiden werden leiden. Richtig leiden. Laß es einfach passieren und kämpf nicht dagegen an. Es macht es nur noch schlimmer. Bisher haben es alle Seelen noch überstanden.«
Gilfeas Begeisterung hielt sich in Grenzen. Was ihn etwas nervös machte, war, dass seine Lehrer nicht so recht wussten, mit welcher Art Drache sie es bei Mithval eigentlich zu tun hatten. Wenn auch die eigentlichen Wachstumsschübe nie vorhersehbar sind, gibt es von Drachenart zu Drachenart gewisse sich wiederholende Muster. Bronzedrachen neigen dazu in fast regelmäßigen Intervallen von 6 Wochen zu wachsen und ihre Seelen noch am wenigsten zu belasteten. Silberdrachen verhalten sich vollkommen gegenteilig dazu. Ihre Wachstumsimpulse sind absolut chaotisch und genau so chaotisch ergeht es ihren Seelen. Manche Reiter musste man sogar ans Bett binden, damit sich sich nicht selbst verletzten.
Bei Mithval war alles anders. Seine Schübe waren planmäßig chaotisch, was soviel hieß, dass es zwar keine Regelmäßikeit gab, er aber immer ein bis zwei Tage vorher wusste, dass ein weiter Schub bevorstand. Gilfea hatte somit immer genügend Zeit, sich entsprechend vorzubereiten.
Soweit hatte Gilfea mit seinem Drachen noch halbwegs Glück. Währe da nicht die Sache mit der Pubertät gewesen.
Es begann wenige Tage nachdem Gilfea und Mithval in Daelbar angekommen waren, dass Gilfea begann von Zeit zu Zeit Erektionen zu bekommen. Eigentlich hätte er darüber glücklich sein sollen, schließlich war er entwicklungsmäßig weit hinter seiner Zeit. Wären da nicht die mit den Erektionen einhergehenden Phantasien gewesen. Diese Phantasien waren eindeutiger Natur. Meister Arbogasts Unterrich sei Dank, Gilfea begriff ziemlich schnell, dass er schwul war.
Nur, wie damit umgehen?
Nicht jede Kultur ging gleich damit um. In seinem Dorf war es ein echtes Nichtthema, etwas, über das man einfach nicht sprach. Die Meinung der Päpstin der unifizierten Technokratie war ebenso eindeutig wie ablehnend. Sexuell abnormes Verhalten, wozu die Technokratie auch die Homosexualität zählte, verlangte nach psychodynamischer Neuorientierung. Eine nette Umschreibung für eine qualvolle Gehirnwäsche. Was die Zwerge davon hielten, wusste man nicht, da Zwege ihre Sexualität grundsätzlich nicht thematisierten. Auch nicht mit ihren Partnern. Zwergenkinder scheinen einfach »zu passieren«. Und die Elben? Die Elben haben seid einigen Generationen ein eher ambivalentes Verhältnis zu Homosexualität, da weniger gebildete
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