Drachenblut
den wissenschaftlichen Diskussionen zu folgen, doch für jemand ohne medizinische Vorbildung hörten sich die Gespräche an wie Kauderwelsch.
»Windblüte meint, dass die nächste Generation von Drachen sich ebenfalls mit der Krankheit anstecken könnte«, erklärte Emorra. »Vorausgesetzt, der Erreger mutiert in einer Art, dass er nicht nur Feuerechsen, sondern auch Drachen angreift.«
Windblüte hob die Hand. »Augenblick! Es besteht kein Zweifel, dass ein Organismus, der Feuerechsen befällt, auch Drachen und Wachwhere infizieren kann. Davon muss man ausgehen.«
»Aber die Drachen sind doch viel gröÃer und kräftiger«, hielt Kassa entgegen.
»Das stimmt allerdings. Nur stellt sich die Frage, ob die KörpergröÃe einen Schutz gegen Krankheiten darstellt«, erwiderte Windblüte.
»Du meinst, sie könnten genauso anfällig sein, es müssten nur entsprechend viele dieser Organismen â¦Â«
»Bakterien«, korrigierte Windblüte.
»Wieso bist du dir so sicher, dass es sich um Bakterien handelt und nicht um Viren?«, fragte Emorra.
»Weil der Erreger, an dem die Feuerechse erkrankte, durch ein Antibiotikum ausgemerzt wurde«, erläuterte Windblüte ungeduldig. »WeiÃt du denn nicht, dass Viren auf Antibiotika nicht ansprechen? Hast du denn gar nichts gelernt?«
»Entschuldige Mutter!« Emorra verzog das Gesicht und kam sich vor
wie ein kleines, besonders begriffsstutziges Mädchen, das von seiner gestrengen Lehrerin gemaÃregelt wird. »Ich bin nur sehr müde. Offenbar funktioniert mein Verstand nicht richtig.«
»Das muss es wohl sein«, versetzte Windblüte bissig. Sie sah Kassa an. »Dein Einwand bezüglich der GröÃe der Drachen ist wichtig. Um einen Drachen krank zu machen, müssten schon wesentlich mehr Bakterien vorhanden sein als bei einer kleinen Feuerechse.«
»Und das gewährt dem Immunsystem der Drachen mehr Zeit, um Antikörper zu erzeugen«, ergänzte Emorra. »Vielleicht sind die Drachen und Wachwehre tatsächlich gegen diese Infektion gefeit.«
»AuszuschlieÃen ist es nicht«, erwiderte Windblüte. »Aber man darf sich nicht darauf verlassen. Es wäre viel zu riskant, die andere Möglichkeit zu vernachlässigen, dass diese Krankheit nämlich sehr wohl von den Feuerechsen an die Drachen weitergegeben werden kann. Käme es dazu, dann wäre Perns Schicksal besiegelt.«
Kassa dachte darüber nach. Die bloÃe Vorstellung, dass es zu dieser Katastrophe kommen könnte, versetzte sie in Panik. »Ich verstehe, was du damit andeuten willst. Angenommen, die Drachen stecken sich an und sterben an der Krankheit. Dann wäre Pern den Fäden schutzlos ausgeliefert.«
»Wir wollen hoffen, dass dieser Fall niemals eintritt«, entgegnete Emorra.
»Aber um dem im Vorfeld entgegenzuwirken, müssen wir mehr über diese Krankheit erfahren«, warf Windblüte ein. »Und dazu gehört, dass wir den Besitzer dieser Feuerechsen ausfindig machen.«
»Vielleicht helfen uns die Halsbänder weiter«, warf Tieran mit schläfriger Stimme ein.
»Entschuldige, Tieran, wir wollen dich nicht stören«, meinte Windblüte.
»Schon gut«, antwortete der Junge brummig. »Dann hört bitte auf zu sprechen und lasst mich schlafen.« Er wälzte sich auf die andere Seite, drehte sich jedoch nach einer kurzen Weile wieder um und sah Windblüte an. »Sagtest du vorhin, dass Bakterien diese Feuerechse krank gemacht haben?«
»Ja, das sagte ich.«
Tieran war überrascht. »Und was macht dich so sicher? Angenommen, die bakterielle Infektion war nur opportunistisch.«
Windblüte überdachte den Einwand. »Du könntest Recht haben«, räumte sie ein.
» Du hast mir beigebracht, erst alle Möglichkeiten in Betracht zu ziehen, ehe man seine Meinung äuÃert«, bemerkte er und kehrte seinen Zeltgefährtinnen abermals den Rücken zu.
Kassa beobachtete die alte Wissenschaftlerin und wartete darauf, dass sie Tieran zurechtstutzen würde. Aber nichts dergleichen geschah. Windblüte hob nur eine Augenbraue, warf einen unergründlichen Blick auf ihren ehemaligen Schüler und legte sich dann wieder auf ihr Feldbett.
Emorra und Kassa tauschten verwunderte Blicke, dann schloss auch Emorra die Augen.
Danach herrschte Ruhe im Zelt. Während Kassa Wache schob, um im
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