Drachenblut

zu erreichen vermochte. Das Mädchen durchlebte eine letzte Schrecksekunde, in der sie die Königin endgültig verlor, und dann merkte sie, dass ihre eigenen Gedanken sich verirrten.
    Arith! Verzweifelt rief sie nach ihrem Drachen, weil sie fürchtete, ihr Geist könnte den Rückweg nicht mehr finden. Sie hörte keine Antwort. Wie wahnsinnig ruderte Lorana in dem Nichts hin und her, in einem Vakuum der Einsamkeit schwimmend, das noch viel größer schien als
das Dazwischen . Dann endlich, als sie schon glaubte, sie sei über einen imaginären Rand hinausgetrieben, der eine Grenze darstellte, hinter der es kein Zurück in den Normalraum mehr gab, fühlte sie eine andere Präsenz. Mit der Verzweiflung eines Ertrinkenden griff sie danach, spürte, wie sie heftig zurückgestoßen wurde, und dann fühlte sie gar nichts mehr.

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    Sämtliche Lebensfunktionen sind das Produkt einer Interaktion zwischen Thermodynamik und Chemie.
    â€“ Einführung in die Elementaren Biologischen
Systeme, 18. Ausgabe
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    Burg Fort, Erster Vorbeizug,
Jahr 50, NL 58
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    M it einem Ruck schreckte Windblüte aus dem Schlaf hoch. Ihr Instinkt warnte sie vor einer Bedrohung. Die Drachen waren in Gefahr.
    Nein, sagte sie sich und stützte sich mit einem Arm auf dem Feldbett ab. Ich habe geträumt. Sie stellte die Füße auf den Boden und richtete sich auf. Die Holzplatten, mit denen das Zelt ausgelegt war, fühlten sich unter ihren nackten Zehen eiskalt an. Ihr Körper stellte sich noch störrischer an als sonst; sie hatte sich zu lange dem Regen und der Kälte ausgesetzt, und sich immer noch nicht von den Strapazen erholt.
    In meinem Unterbewusstsein führe ich lediglich eine Extrapolation durch, sagte sie sich. Ich schließe von den Feuerechsen auf die Drachen. Was nur logisch ist.
    In Gedanken ließ sie die vergangenen Wochen noch einmal an sich vorbeiziehen.
    Siebzehn Tage lang hatten sie um das Leben von Tierans Feuerechse gekämpft. Vergeblich, obwohl sie dem Tier die restlichen Antibiotika verabreicht hatten.
    Die Infektion war so heftig gewesen, dass Windblüte überlegte, ob es nicht besser sei, die Proben des grünen Schleims, den die Feuerechse ausgespuckt hatte, zu vernichten; sie befürchtete, trotz größter Sicherheitsvorkehrungen könnte sich jemand mit diesem hoch virulenten Erreger anstecken. Die tote Feuerechse ließ sie in kochender Salpetersäure auflösen  – und sie zog ernsthaft in Betracht, das noch lebende Tier töten und gleichfalls in Salpetersäure legen zu lassen.
    Doch zum Schluss siegte in ihr die Wissenschaftlerin, und sie behielt sowohl die Probe des grünen Auswurfs als auch die kranke Feuerechse. Unter dem Mikroskop identifizierte sie in dem grünen Rotz eine große Anzahl von Antikörpern. Doch weiter waren ihre Forschungen nicht gediehen.
Wären die Labortechniker noch am Leben gewesen, hätte sie Proben des Schleims trocknen und unter ein Elektronenmikroskop legen können – wenn es ein funktionierendes Gerät gegeben hätte.
    Optimal wäre es gewesen, ihnen stünde eine noch fortschrittlichere Technologie zur Verfügung, und sie hätten ihre mikrobiologischen Forschungen beenden können; dann hätte Windblüte computerisierte Mikro-Sequenzen benutzt, um das genetische Material der im Schleim enthaltenen Mikroben zu analysieren und nach ähnlichen, bereits bekannten Bakterien mit den gleichen Merkmalen zu suchen. Aber leider war der erste Fädenschauer über Landing niedergerauscht, ehe man das Perneser Ökosystem erforscht hatte.
    Wie die Dingen standen, sammelte Windblüte die meisten nützlichen Informationen, indem sie die Reaktion der überlebenden Feuerechse auf das Breitband-Antibiotikum beobachtete.
    Nachdem man die Echse vier Tage lang mit der maximalen Dosis des Antibiotikums behandelt hatte, besserte sich der Zustand ihrer Lungen. Windblüte gab der Echse so lange das Medikament, bis es aufgebraucht war, ohne dass sie sicher sein konnte, ob die Infektion tatsächlich besiegt war.
    Sie hatte lediglich eine vage Vorstellung von der Ursache der Krankheit. Ihre wiederholten aber diskreten Nachfragen, ob jemand ein ungewöhnliches Verhalten bei Feuerechsen bemerkt hätte, blieben ergebnislos. So unwahrscheinlich es anmutete, aber diese beiden Feuerechsen schienen die Einzigen zu sein, die sich mit diesem neuen