Drachenblut
Bânik ins Auge und hob skeptisch eine Braue. Bânik sah sie verwirrt an, bis ihm aufging, dass sie über Caranths Zustand Bescheid wusste.
»Es gibt noch andere wichtige Dinge, über die wir reden sollten«, wandte sie sich an den Weyrführer. Sie legte eine Pause ein, um ihm die Gelegenheit zu einer Erwiderung zu geben; doch als sie merkte, dass er nichts sagen wollte, fuhr sie fort: »Kindan ist der Text des bewussten Liedes wieder eingefallen. Hat er dir davon erzählt?«
Bânik schüttelte den Kopf. »Zum Reden hatten wir noch gar keine Zeit.«
»AuÃerdem sollst du jetzt keine Konversation machen, sondern essen!«, warf Tullea ärgerlich ein und setzte sich neben ihn. Während sie Lorana wütend anfunkelte, drängte sie Bânik, mit dem Abendessen zu beginnen. »Wie war der Fädenfall?«, fragte sie dann in drängendem Ton.
Mit vollem Mund konnte Bânik ihr nicht sogleich antworten, und er kaute hastig, um Tulleas schlechte Laune nicht noch weiter zu schüren.
Mâtal hatte Mitleid mit ihm und antwortete an seiner Stelle. »Dieser Fädenschauer war nicht sonderlich schwer zu bekämpfen, und der ganze Einsatz klappte hervorragend.« Anerkennend nickte er Bânik zu. »Trotzdem verloren wir sieben Drachen, und achtzehn wurden verwundet.«
»Damit bleiben uns noch fünf kampffähige Geschwader«, erklärte Bânik, der endlich seinen Bissen heruntergeschluckt hatte.
»Aber nicht mehr lange«, murmelte Kindan vor sich hin.
Tullea hörte ihn dennoch. »Was meinst du damit, Harfner?«, fragte sie ihn spitz.
Kindan rutschte nervös auf seinem Platz hin und her. »Es wird nicht mehr lange dauern, bis es überhaupt keine einsatzfähigen Drachen mehr gibt«, erklärte er. »Deshalb bin ich der Meinung, dass wir die Bergleute noch einmal hierher holen sollten, damit sie uns einen Durchlass durch die zweite Tür schaffen, die sich in der Kammer unserer Vorfahren befindet. Sollte diese Tür so beschaffen sein, dass kein Durchdringen möglich ist, müssen sie sich einen anderen Weg ausdenken, wie wir in den Bereich hinter dieser Tür kommen könnten.«
»Damit noch mehr Drachen getötet werden?«, hielt Tullea verächtlich entgegen. Unverfroren zeigte sie mit dem Finger auf Lorana. »Willst du, dass noch mehr Drachenreiter ihre geliebten Tiere opfern und darüber selbst den Verstand verlieren?«
»Und möchtest du , dass alle Drachen von Pern ein Opfer der Krankheit werden?«, schoss Lorana zurück. Tullea starrte sie wütend an.
»Wir wissen nicht, was hinter dieser Tür liegt«, sagte Lorana. »Aber wenn wir nicht versuchen, es herauszufinden, berauben wir uns der letzten Chance, die Drachen zu kurieren.«
»Was macht dich so sicher?«, höhnte Tullea.
»Eine logische Schlussfolgerung. Denk doch mal nach â diese Kammern wurden aus einem bestimmten Grund gebaut. Unsere Vorfahren legten sie an â zu welchem Zweck wohl?«
»Um die Drachen zu schaffen«, gab Tullea zurück und wedelte herablassend mit der Hand. »Jedes Kind weià doch, dass unsere Altvorderen sie aus den Feuerechsen züchteten.«
»Aber sie schufen die Drachen, als sie noch auf dem Südkontinent siedelten. Später mussten sie diesen Ort verlassen und auf den nördlichen Kontinent flüchten«, warf Kindan ein. »Also können sie diese Räume nicht angelegt haben, um dort die Drachen zu kreieren. Und da Benden
nicht der erste Weyr auf Pern war, sondern erst gegründet wurde, als es den Fort Weyr bereits gab, müssen diese Gemächer lange nach der Besiedlung des Nordkontinents aus dem Fels gehauen worden sein.«
Mâtal, Jâtol und Bânik blickten nachdenkliche drein.
»Wenn die Bergleute wieder anfangen zu hämmern, stört der Krach meine Minith«, protestierte Tullea. »Das lasse ich nicht zu!«
»Es wird noch einem Weile dauern, bis sie ihre Eier legt«, wandte Ketan ein. »Wenn sie sich durch den Lärm belästigt fühlt, kannst du sie vorübergehend auf der Nordseite des Kraters unterbringen. Dort gibt es hübsche Quartiere, die leer stehen und sogar eine Verbindung zu den Brutstätten haben. Für dich ist das sehr praktisch, wenn du Minith besuchst.«
Eine Weile schien es, als nähme Tullea diesen Vorschlag gnädig auf, doch dann sträubte sie sich wieder.
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