Drachenblut
werde mich allein um die Autopsie kümmern. Trotzdem muss ich meine Pflicht als Ãrztin tun und die Kranken weiterhin behandeln â¦Â«
Pierre hob die Hand. »Keiner kann an zwei Orten zugleich sein; das schaffte nicht einmal Emily. Welche Aufgabe ist wichtiger?«
»Beides ist wichtig. Die Patienten und die Autopsie.«
»Wer könnte helfen?«
»Pflegepersonal oder Assistenzärzte können mich bei der Arbeit mit den Patienten entlasten. Aber ich glaube nicht, dass auÃer mir jemand mit den Laborgeräten umzugehen versteht.«
»Dann kennst du deine Prioritäten«, meinte Pierre.
»Ich bin mir nicht sicher, ob wir über genügend Assistenzärzte verfügen«, hielt ihm Windblüte entgegen.
»Es muss einfach reichen«, bestimmte Pierre nach kurzem Ãberlegen. »Wenn du die Einzige bist, die sich mit der Laborausrüstung auskennt, dann müssen die anderen deine sonstigen Pflichten übernehmen.«
Genau so geschah es dann auch. Windblüte arbeitete im Labor, derweil Pierre anfangs darauf achtete, dass sie nicht gestört wurde; später übernahm er immer mehr organisatorische Aufgaben. Zuerst sorgte er dafür, dass die medizinischen Teams Verpflegung bekamen, danach kümmerte er sich um die Quarantäne der Kranken und die Bestattung der Toten.
Am Ende des zweiten Arbeitstages hatte Windblüte den Krankheitserreger analysiert. Wie sie befürchtet hatte, handelte es sich um ein Crossing-over von Perneser Bakterien in Terranische Bakterien. Die Laborteams hatten entweder nach einem Flavi-Virus 9 gesucht oder nach einer Kombination von einer viralen und sekundären bakteriellen Infektion. Doch das einzige Resultat ihrer Forschung war der fatale Umstand, dass sie sich selbst mit dem Erreger ansteckten.
Die Symptome hatten auf diese beiden Möglichkeiten hingedeutet, doch die Krankheitsursache war etwas gänzlich anderes. Die Kolonisten von Pern besaÃen keinen natürlichen Schutz gegen diese Hybrid-Bakterien. Windblüte, die eine Ausbildung als Ãkologin hatte, isolierte die Mutation, sequenzierte den DNA-Komplex und entwickelte einen Impfstoff sowie eine Therapie.
Zuerst impfte man das bereits stark dezimierte medizinische Personal, dann deren Helfer. Zum Schluss fanden Massenimpfungen der gesamten Bevölkerung statt, und die Epidemie fand ein Ende.
Die Seuche hatte verheerende Auswirkungen gehabt. Die meisten Opfer waren Kinder unter vier Jahren, fast alle schwangeren Frauen und Mütter, die kürzlich entbunden hatten. In Burg Fort waren von zehn Medizinern neun gestorben â so auch Emily Boll.
Windblüte beriet sich zuerst mit Pierre und dann mit Paul Benden, nachdem dieser genesen war. Die Gespräche fanden unter vier Augen statt. Man kam überein, die Menschen über die wahre Ursache der Epidemie im Unklaren zu lassen. Lieber sollten sie glauben, eine »mysteriöse Seuche« habe zugeschlagen, als zu wissen, dass ein Crossing-over zwischen Perneser und irdischen Bakterien stattgefunden hatte. Man wollte die Leute erst über die wahren Hintergründe aufklären, wenn Windblüte genug Mediziner ausgebildet hatte, um künftige Vorfälle dieser Art bekämpfen zu können.
Weil der Impfstoff im Zuge einer Therapie in Kombination mit einem Heilmittel verabreicht wurde, konnte man die meisten Perneser davon überzeugen, dass die Behandlung lediglich palliativ sei, und dass nur die Menschen, deren natürliche Immunabwehr stark genug war, um mit dem Erreger fertig zu werden, diese heimtückische Pest überlebt hatten. Auf diese Weise machten die Leute sich keine Sorgen, dass eine ähnliche Epidemie jederzeit wieder zuschlagen könnte.
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Bevor Emily Boll starb, hatte sie an Sorka geschrieben. Sorka hatte den Brief Windblüte niemals gezeigt, doch kurz nachdem sie das Schreiben erhielt, hatte Sorka Windblüte um einen Besuch gebeten.
Dieses Treffen verlief in einer ziemlich gezwungenen Atmosphäre.
Im Laufe der Jahre hatten die beiden Frauen zuerst zusammengearbeitet, gelernt, einander zu respektieren, und zum Schluss waren sie Freundinnen geworden.
Als Windblüte ihr erstes und einziges Kind bekam, nannte sie ihre Tochter Emorra â ein Zusammenschluss von Emily und Sorka â und bat Sorka und Pierre, die Patenschaft zu übernehmen. Beide stimmten begeistert zu.
»Wie geht es deiner Tochter?«, fragte Sorka nun, die Windblütes
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