Drachenblut
die Luft. Ihre Schwingen trugen sie über den Kraterrand hinaus, und urplötzlich verschwand sie im Dazwischen .
Mit groÃen Augen beobachtete Lorana das Manöver. Die ausgewachsene Königin bot einen prachtvollen Anblick, und jede ihrer Bewegungen drückte Anmut und Grazie aus.
Bald können Arith und ich das auch, freute sich Lorana, und ihre Gedanken kreisten um ihren eigenen Drachen. Von ihren Feuerechsen wusste sie, dass diesen Tieren der Instinkt, ins Dazwischen zu gehen, angeboren war. Doch sie darauf zu trainieren, zu ihr zurückzukommen und einen Ort aufzusuchen, den sie, ihr menschlicher Partner, bestimmte, hatte viele Monate harter Arbeit gekostet. Die Lehrballaden, in denen der Wissensstoff gesammelt war, besagten obendrein, dass jeder Drache von Natur aus das Talent besaÃ, ins Dazwischen einzutauchen, niemand musste es ihm beibringen. Und soeben hatte Arith bewiesen, dass dies stimmte, indem sie sich allein durch das Dazwischen auf einen Futterplatz der Drachen begeben hatte. Allerdings bedurfte es eines intensiven, mehrere Planetenumläufe umfassenden Trainings, bis Arith so weit wäre, sich und ihre Reiterin an Orte zu befördern, die Lorana ihr durch ein gedankliches Bild vermittelte.
Doch niemand konnte das Mädchen daran hindern, sich jetzt schon genüsslich auszumalen, wie es wäre, wenn sie auf Ariths Rücken in die Kälte des Dazwischen eintauchte, um nur Augenblicke später an jedem beliebigen Ort auf Pern zu landen.
Ihr Herz hüpfte vor Freude, als sie sich vergegenwärtigte, welche ungeahnten Möglichkeiten ihr diese Art von Freiheit verschaffen würde. In Gedanken suchte sie nach Arith und lieà sie ihre Liebe spüren. Als Antwort erhielt sie eine Woge von Zärtlichkeit. Plötzlich verschwamm alles vor Loranas Augen, weil ihr Tränen der Rührung kamen.
Im nächsten Moment fühlte sie, wie Arith ihren Durst mit dem heiÃen Blut eines Herdentieres löschte, sich an dessen Fleisch gütlich tat und die riesigen Brocken unzerkaut verschlang.
Du musst das Fleisch gründlich durchkauen!, mahnte Lorana.
Ich bin hungrig, gab Arith unwillig zurück. Lorana konnte den HeiÃhunger ihres Drachen nachempfinden, der von den zwei zuvor gerissenen Herdentieren noch nicht gestillt war.
Du bist zu gierig!, schalt Lorana. Sie spürte Ariths Belustigung und Selbstzufriedenheit. Das war jetzt aber wirklich dein letzter Bissen!
Arith verspannte sich unmutig und hatte nicht vor, zu gehorchen.
Ich befehle es dir!, beharrte sie mit derselben Entschlossenheit, mit der sie ihre Feuerechsen dirigiert hatte, wenn sie ihr zu aufmüpfig wurden. Sie verdrängte den Kummer, der immer wieder in ihr aufkeimte, wenn sie an Garth und Grenn dachte, und übersandte eine weitere Aufforderung an Arith, mit dem Fressen aufzuhören.
Na schön!, gab Arith nach.
Ein Schwall kalter Luft aus dem Dazwischen begleitete das Wiederauftauchen des Drachen.
Arith landete mit solchem Schwung, dass sie über die eigenen Tatzen stolperte. Dann schnürte sie lässig und mit dem Hinterteil wackelnd zu Lorana hin, um so zu tun, als habe sie das waghalsige Landemanöver absichtlich geplant. Lorana verbiss sich ein Schmunzeln und kraulte liebevoll die Augenwülste ihres Schützlings.
Ah, das tut gut, seufzte Arith.
»Eigentlich ist sie noch viel zu jung, um ins Dazwischen zu gehen«, hörte Lorana hinter sich eine Stimme. Es war Kâtan.
Lorana blickte zärtlich auf Arith hinab, dann wandte sie sich an den Heiler des Weyrs.
»Ich wusste ja, wo sie hinwollte«, erklärte sie. »AuÃerdem standen wir in ständigem Kontakt.«
»Selbst im Dazwischen ?«, fragte sich Kâtan verwundert.
Immer noch ein wenig gereizt durch ihren unschönen Auftritt mit
Tullea, verbiss sich Lorana eine spitze Bemerkung und meinte nur: »Doch ⦠ja â¦Â«
»Das ist höchst ungewöhnlich«, bemerkte Kâtan.
»Kindan richtete mir aus, dass du mit mir sprechen wolltest«, fuhr Lorana fort. »Das war vor einer Siebenspanne. Aber Arith nahm mich so in Anspruch â¦Â«
Kâtan hob die Hand. »Du brauchst dich nicht zu entschuldigen.« Er warf einen Blick auf Arith, dann fragte er Lorana: »Darf ich sie mir einmal genau ansehen?«
Lorana nickte.
Kâtans Untersuchung fiel schnell und behutsam aus. Mit der Hand tastete er Arith vom Kopf bis zur Schwanzspitze ab, prüfte ihre
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