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Drachenblut

Drachenblut

Titel: Drachenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Lee Parks
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eure Freunde.« Der Moderator war ein Routinier und hatte sofort erkannt, dass mit diesen beiden nichts anzufangen war. »Also, dann will ich den Zuschauern erzählen, dass eure Eltern vor zwei Wochen bei einem Flugzeugabsturz über Inoshiro zu Tode gekommen sind. Und das bringt mich gleich zur Frage für unser Rateteam.« Der Moderator ließ die Kinder einfach stehen und ging wieder hinüber zu den Kandidaten, die nervös in ihren Kabinen saßen und auf die 1000-Dollar-Frage warteten.
        »Wie wir also erfahren haben, verloren diese beiden Kinder bei einer grauenvollen Katastrophe ihre Eltern. Meine Frage nun an die Rateteams: Welche der beiden reizvollen Vollwaisen hat auch die Großeltern verloren? Bitte, die Zeit läuft!«
        Die Kandidaten tuschelten aufgeregt miteinander. Die Zeit verstrich, ohne dass man zu einer Lösung gelangte.
        »Dürften wir nochmals die Aufzeichnung sehen?« erbaten sich die Birnen.
        »Aber bitte. Regie?«
        Gleich darauf verdunkelte sich der Saal, und auf eine Leinwand über der Bühne wurden die Bilder der Flugzeugkatastrophe projiziert. Überall lagen qualmende Trümmer herum, Feuerwehrmänner und andere Bergungskräfte versuchten, die Situation in den Griff zu bekommen, und das Publikum durfte sich mit eigenen Augen davon überzeugen, mit welcher Wucht sich der abgestürzte Düsenflieger in den Berggipfel gebohrt hatte. Überlebende standen zum Interview leider nicht mehr zur Verfügung, dafür wurde ein Berghirte präsentiert, der jemanden kannte, der schon einmal mit einem Flugzeug gleichen Typs geflogen war.
        Die Rateteams steckten wieder die Köpfe zusammen und schlugen dann auf die roten Knöpfe, die sich vor ihnen auf der Konsole befanden. Die eingeblendete Stoppuhr blieb stehen.
        »Aha!« Der Moderator besah sich die jeweiligen Lämpchen an den Konsolen. »Da waren die Kirschen schneller als die Birnen. Und wie lautet ihre Lösung?«
        Eine Hausfrau durfte die Antwort stellvertretend für ihr Team zum Besten geben. »Also der Knirps, der schaut so traurig. Wir glauben, er hat nun wirklich niemand mehr auf dieser Welt.«
        Stille im Saal. Der Moderator schaute auf seine Notizen, drehte sich dann zum Publikum und riss die Arme begeistert in die Höhe. »Das ist richtig! Phantastisch, das Team hat gewonnen!«
        Der Saal tobte, das konnte man deutlich hören.
        »Na, was sagst du dazu?« wollte der Moderator vom Knaben wissen. »Die Kirschen haben es dir direkt im Gesicht angesehen! Ist das nicht fantastisch?«
        Applaus.
        »Was meinen Sie, liebes Publikum, wollen wir unsere kleinen Gäste zum Abschluss noch am Glücksrad drehen lassen?«
        Es gab nicht einen Zuschauer, der anderer Meinung gewesen wäre.
        »Schaut her, Kinder. Ihr dürft jetzt hier am Rad drehen, damit wir wissen, ob es für die Kirschen noch einen Sonderbonus gibt.«
        Der Moderator demonstrierte, wie die Drehung des Glücksrades zu bewerkstelligen sei. Das Rad blieb auf der höchstmöglichen Punktzahl stehen. Die Kirschen jubelten in ihrer Ratekabine auf und fielen sich überglücklich um den Hals.
        »Nein, nein, das gilt noch nicht. Das war doch nur zur Probe.«
        Die Kirschen verkrochen sich wieder in der Kabine, und der Moderator versuchte die beiden Kinder vergeblich zu animieren das bunte Rad zu drehen. »Na macht schon, wir haben hier nicht ewig Zeit.«
        Die beiden Kinder standen aber nur da, hatten sich bei den Händen gefasst und senkten ihre Köpfe zu Boden. Es war abzusehen, dass sie der freundlichen Aufforderung nicht nachkommen würden.
        »Ihr habt das Rad wohl auch nicht gerade erfunden«, scherzte der Moderator, der spürte, dass er dem Publikum eine Pointe schuldig war. Die Show musste weitergehen, und da sich die Kinder für den reibungslosen Ablauf der Sendung als hinderlich erwiesen, war es ratsam, ihren Abgang möglichst bald einzuleiten. »Bevor ihr uns wieder verlassen müsst, möchte ich noch von euch wissen, ob ihr euch denn noch an die Namen eurer Eltern erinnern könnt.«
        Das war das menschliche Element, mit dem der Moderator seine Qualitäten als Showmaster bewies. Und dafür liebten ihn Millionen von Zuschauern auf der ganzen Welt.
        Aus medizinischer Sicht befanden sich die beiden Kinder zweifellos in einem gewissen Schockzustand, der durch die ungewohnte Umgebung und ihre Unfähigkeit, die für sie fremde Sprache zu verstehen, womöglich noch

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