Drachenblut
schlug der Linksaußen unten auf. Seine Kameraden reagierten, wie er es von ihnen hätte erwarten können: Sie vergaßen ihre Niedergeschlagenheit und brüllten angesichts der akrobatischen Leistung vor Lachen los.
»Soviel Hingabe hätten wir gerne im Spiel von dir gesehen!«, höhnte der Libero. Auch die beiden Abwehrspieler geizten nicht mit ehrverletzenden Bemerkungen. »Alle Achtung, für dein Alter bist du ja noch ziemlich beweglich!«
Der Linksaußen musste erfahren, dass sich die anderen nicht im Geringsten um seine Befindlichkeit scherten. Angesichts dieses offensichtlichen Desinteresses hielt er eine Intensivierung seiner Bemühungen für dringend erforderlich. »Hilfe, Hilfe! Ich glaube, ich verblute!«
Die beiden Abwehrspieler bequemten jetzt sich immerhin dazu, die Sache aus der Nähe zu betrachten. Ihr Grinsen kaum verbergend, beugten sie sich über den Linksaußen und fächelten ihm frische Luft zu. »Zum Glück ist ja nicht viel passiert, gleich bist du wieder auf den Beinen.«
Der Linksaußen jammerte und wälzte sich mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Boden hin und her. Natürlich ahnten die anderen den raffinierten Plan, mit dem er sich aus der Verantwortung stehlen wollte. Nicht wenige bewunderten ihn sogar insgeheim für die Kaltblütigkeit, mit der er zu Werke ging. Aber natürlich konnte man nicht dulden, dass diese unlauteren Praktiken von Erfolg gekrönt waren. Entsprechend unfreundlich war die Reaktion der Mannschaft.
»So schlimm wird es schon nicht sein. Da ist ja nicht einmal Blut zu sehen!«
»Los jetzt, auf die Beine mit dir!«
»Stell dich nicht so an. Ein Indianer kennt keinen Schmerz!«
Zusammen versuchten sie, den Simulanten wieder auf die Beine zu stellen. Aber dieses Ansinnen wusste der Linksaußen schon im Keim zu ersticken.
»Hilfe, ihr bringt mich ja um!« schrie er, bis ihn die anderen wie eine heiße Kartoffeln fallen ließen. »Habt ihr denn kein Erbarmen mit mir? Ein Arzt … ein Arzt!«
Man hätte wirklich glauben können, er müsste auf der Stelle sterben, und die anderen fragten sich jetzt doch, ob sie ihm nicht Unrecht getan hatten.
»Vielleicht sollte sich wirklich ein Arzt die Sache anschauen«, wagte der Vorstopper in einem Anfall von Nächstenliebe vorzuschlagen. Er hoffte nur, die anderen würden ihn nicht gleich für einen Verbündeten des Linksaußen halten.
Die Mannschaft horchte auf. »Ihr beiden steckt wohl unter einer Decke, wie?«
»Nein, nein!« Zur Unterstützung seiner Aussage trat der Vorstopper dem Linksaußen gegen die Rippen. »Ich meine ja nur, ein Arzt könnte uns bestätigen, dass die Sache nur halb so schlimm ist und er die zweite Halbzeit ohne Probleme durchstehen kann.«
Das war ein guter Vorschlag, und die anderen stimmten zu. Das bedeutete natürlich noch lange nicht, dass sich auch jemand gefunden hätte, der freiwillig nach dem ärztlichen Dienst suchen wollte. Also erging man sich in den üblichen Diskussionen, während sich der Linksaußen auf dem Boden krümmte. Gehen mussten schließlich die beiden Abwehrspieler, und immerhin dauerte es nicht lange, da brachten sie tatsächlich Schwester Franklin daher. Bei ihrem Anblick ging es dem Linksaußen schon viel besser.
»Na, wo ist denn unser Patient?«
Statt einer Antwort hustete und röchelte der Linksaußen. Die Schwester machte sich sogleich mit fachkundigen Griffen an die Erstellung einer Diagnose. Sie drückte, rieb und massierte die Oberschenkelmuskulatur des Linksaußen, dem bei dieser Behandlung ganz anders wurde.
»Haben Sie sich etwas gebrochen?« wollte sie wissen und schien vergessen zu haben, dass es eigentlich an ihr gewesen wäre, das herauszufinden.
»Nun, ich bin mir nicht sicher. Ausschließen kann man das ja nie so richtig.« Der Linksaußen hoffte natürlich, dass man ihn zur genauen Untersuchung in das Krankenhaus bringen würde. Dann konnte er sich später in aller Ruhe aus dem Staub machen, während sich die anderen auf dem Rasen durch die zweite Halbzeit quälen mussten.
»Sagen Sie, Schwester, wie wäre es denn, wenn Sie dem Burschen einfach eine Spritze geben würden?« Mit einem sadistischen Lächeln zeigte der Vorstopper auf den Unterleib des Linksaußen und fügte hinzu: »Am besten geben Sie ihm die Spritze in den Bauch, das hilft garantiert!«
Dem Linksaußen wurde schlecht. »Du meine Güte,
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