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Drachenblut

Drachenblut

Titel: Drachenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Lee Parks
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uns sicherlich nochmals wieder sehen. Aber ich möchte Ihnen noch etwas mit auf den Weg geben.«
        »So, was denn?«
        Der blecherne Körper Gottes ratterte und vibrierte, und dann spuckte er einen kleinen Zettel aus. »Wenn Sie bitte ihr Horoskop entnehmen würden. Ich glaube, Sie werden daraus einige wertvolle Erkenntnisse gewinnen können.«
        »Meinetwegen, weil du es bist, mein kleiner Freund.« Arthur nahm den Zettel und warf höflichkeitshalber einen Blick darauf. Nachdem er das Gedruckte überflogen hatte, konnte er nicht anders, als den Text wieder und wieder durchzulesen, Zeile für Zeile, Buchstabe für Buchstabe. Wie konnte es sein, dass sich eine Maschine anmaßte, dieses Urteil über ihn zu fällen? Natürlich war er nicht abergläubisch. Aber er musste doch zugeben, dass viel Wahrheit in den wenigen Zeilen steckte. Was Arthur in diesem Horoskop über sich lesen musste, das verstörte ihn zutiefst, nicht weil es ihm für die Zukunft Glück oder Unglück verhieß, sondern weil es so einfach war. »Halt warte, mein kleiner Freund …«
        Aber Gott hatte war längst davon gerollt, noch ehe sich Arthur darüber klar werden konnte, dass es nur eine Maschine ohne Herz und Seele gewesen war, ein Artefakt, von Menschenhand gebaut, ein künstlicher Automat ohne jedes Bewusstsein.
     

44
     
    Für Virgil gab es mehrere Methoden, von einem Ort zum anderen zu reisen. Innerhalb des Computers war das kein Thema, hier standen ihm sämtliche elektrischen und optischen Leitungen zur Verfügung. Wollte er jedoch hinaus in die große weite Welt, so musste er sich anderer Transportsysteme bedienen.
        Eine dieser Möglichkeiten war, sich auf eine Diskette zu schleichen und darauf zu warten, in einem anderen Computer zum Einsatz zu kommen. Das war sehr spannend, weil er nie wusste, wo er letztendlich landen würde. Es konnte auch vorkommen, dass er Wochen oder Monate auf der Diskette verharren musste. Vielleicht zusammen mit einem langweiligen Verwaltungsprogramm oder mit einer Datei, welche die Zucht vom Aussterben bedrohter asiatischer Orchideen zum Inhalt hatte. Weiter ging es erst, wenn er in irgendein Netz eingespielt wurde und sich wieder aus dem Staub machen konnte.
        Diese mechanische Art der Fortbewegung war ebenso unsicher, wie sie langsam war. Daher bevorzugte Virgil gewöhnlich die Leitungen der öffentlichen und privaten Telefonnetze, mit denen die meisten Computer untereinander kommunizierten. Freilich gab es auch hier Unterschiede. Nicht jede Telefongesellschaft war schnell und zuverlässig. Es wäre nicht das erste Mal gewesen, dass Virgil unversehens 38 Kilometer über der Erde in einem Fernmeldesatelliten festsaß, weil infolge eines Unwetters über dem Atlantik oder anderer widriger Umstände keine Verbindung zur Bodenstation zustande kam.
        Nicht immer war es Virgil nach Reisen zumute. Es gab Tage, da wollte er einfach nur zu Hause sein, gemütlich vor dem Fernseher sitzen, vielleicht ein kleines Bierchen trinken und in Ruhe ausspannen. Dazu entlieh er sich in einem Großrechner etwas Rechenkapazität und erschuf sich eine virtuelle Welt, in der er verweilen konnte. Sicherlich musste Virgil auf der Hut sein, wenn er sich in einem fremden Rechner befand. Nicht jeder sah in ihm einen willkommenen Gast. Sollte sein Aufenthalt entdeckt werden, und es gab genügend Antivirenprogramme, die auf ungebetene Gäste abgerichtet waren, würden die verantwortlichen Betreiber die Verbindungen nach draußen kappen und die Speicher löschen. Deshalb verhielt er sich möglichst unauffällig, manipulierte gelegentlich ein Inhaltsverzeichnis, um seine Spuren zu verwischen und vermied es ansonsten das System unnötig durcheinander zu bringen.
        Während Virgil durch die Telefonleitung sauste und sich an der Geschwindigkeit berauschte, hatte er ausreichend Zeit, sich Gedanken über seine Situation in der virtuellen Realität zu machen.
        Eigentlich ging es ihm ganz gut. Er genoss hier im System durchaus einige Vorteile, die ihm das Leben außerhalb der VR nicht bieten konnte. Seine Existenz war nicht an einen bestimmten Zustand gebunden, er war frei wie der sprichwörtliche Vogel. Er konnte magnetisch codiert sein, er konnte als Lichtimpuls übermittelt werden, oder er konnte sich als akustische oder elektromagnetische Schwingung in der Luft materialisieren. Virgil sah immer anders aus und war doch immer der gleiche.
        Dennoch fragte sich Virgil was geschehen

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