Drachenblut
stürzte.
TARGETS DESTROYED - 87,47 % SUCCESS
Das war zwar keine hundertprozentige Trefferquote, aber für den Anfang war es allemal ein ganz beachtlicher Erfolg.
Die Reaktion des angeschlagenen Gegners ließ nicht lange auf sich warten. Die feindlichen U-Boote feuerten aus allen Rohren auf den Aggressor, aber Virgil machte keine Anstalten, den Angriff abzuwehren, zu sehr gefiel ihm das bunte Chaos auf der Anzeigetafel. Er lehnte sich tatenlos in seinen Sessel zurück und opferte einen ganzen Küstenstrich und noch vier Großstädte dazu. Um seine Stellung herum leuchteten lauter Lichter auf und signalisierten schwersten feindlichen Beschuss. Wenn Virgil seine Augen schloss und sich seiner Phantasie hingab, dann meinte er gar die dumpfen Einschläge der feindlichen Raketen in der Ferne hören zu können und das Zittern der Wände zu spüren. Aber das wäre ganz unmöglich, weil der Bunker absolut atombombensicher und damit erschütterungsfrei gebaut worden war.
Virgil sah dem Verlauf der Operation Big Bang eine Weile lang amüsiert zu. Erst als er erstaunt zur Kenntnis nehmen musste, dass sich der Gegner schon wieder neu formierte (gaben diese roten Bastarde denn niemals auf?), entschied er sich zum erneuten Atomschlag. Mit der Faust hieb Virgil auf den roten Knopf, um seine zweite Angriffswelle zu starten.
NO ROCKETS LEFT
Bei dieser Meldung des Computers stutzte Virgil. Wieso hatte er keine Raketen mehr übrig, er hatte doch erst zwei seiner taktischen Geschosse abgefeuert! Impulsiv wollte er nochmals auf den Knopf an seinem Arbeitsplatz drücken, um einen erneuten Startversuch zu unternehmen. Aber da hielt er erschrocken inne und ließ seine geballte Faust langsam sinken. Er hatte doch vor Beginn der Simulation den Hauptrechner vom System getrennt, oder? Und ganz plötzlich hatte Virgil die Lust auf die Fortsetzung des Spieles verloren.
12
Den frühen Nachmittag verbrachte Fink mit der Arbeit an einem Artikel über schottische Moorhühner, mit dem der STAR die Naturfreunde unter den Lesern an sich binden wollte. Die Nachschau in verschiedenen Lexika ergab zu wenig Material, das man hätte einfach abschreiben können, und so schien es, als müsste er sich wirklich die Mühe machen, die Sätze selber zu formulieren. Lustlos quälte sich Fink durch eine weitere zwölfbändige Tierenzyklopädie und wünschte, die schottischen Moore wären schon lange trockengelegt worden.
Fink war Mitglied der Redaktion, ebenso wie Schönfeldt und die anderen Nieten im Büro, und in Anbetracht seiner Mitarbeiter war er sich durchaus bewusst, dass diese Position nicht unbedingt eine Auszeichnung war. Im Büro herrschte das Recht des Stärkeren. Der Konkurrenzkampf unter den Kollegen war hart und unerbittlich, und einer guten Story wegen vergaß man regelmäßig, dass man eigentlich miteinander und nicht gegeneinander arbeiten sollte, um eine professionelle Tageszeitung auf die Beine zu stellen. Vereint war man nur im Kampf gegen die POST, und der Kleinkrieg zwischen den beiden Blättern hatte schon Tradition.
Die Sprechanlage summte aufdringlich. Der Chef hatte einen dringenden Auftrag für Fink. Die schottischen Moorhühner mussten sich also noch gedulden. Irgendwo in der Nähe der Fünften sollte ein bewusstloser Mann auf der Straße liegen. Das war ein Fall für die Serie DRAMA IM ALLTAG, die sich gerne mit einem sozialkritischen Mäntelchen umgab (SKANDAL! MENSCHEN OHNE BROT UND BETT), in Wirklichkeit jedoch an einer Verbesserung der Zustände genauso wenig interessiert war wie die erschütterten Leser, die sich wöchentlich an solchen Geschichten ergötzten. Solche Aufträge gaben in der Regel nicht viel her und waren reine Routine. Immerhin bedeutete es die Chance, aus dem verrauchten Büro herauszukommen und bei dieser Gelegenheit einige private Dinge zu erledigen, von denen der Chef nicht unbedingt wissen musste.
Da er nicht alleine fahren wollte, suchte Fink nach einer Ausrede, um den Neuen mitnehmen zu können. »Wäre es nicht besser, zwei Mann auf die Geschichte anzusetzen? Der Junge muss den Geruch der Straße kennenlernen, hinein in die …«
Demonstrativ schlug er sich mit der Faust in die flache Hand, um seiner Rede mehr Gewicht zu verleihen. Heute wirkte er wieder sehr überzeugend, fand er insgeheim. Und gerade als er sich so richtig in Schwung geredet hatte, erhob der Chef abwehrend die Hände und ließ Finks rhetorischen
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