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Drachenblut

Drachenblut

Titel: Drachenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Lee Parks
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vom Hörer und kratzte sich verlegen hinter dem Ohr. Dann verschränkte er betont lässig seine Arme vor der Brust und beschloss wie schon so oft, doch noch ein paar Tage abzuwarten, bevor er eine Entscheidung traf.
     
    Die Wochen vergingen, und was Virgil an menschlichen Kontakten fehlte das stand ihm an modernster Computertechnik zur Verfügung. Es gab vollklimatisierte unterirdische Hallen, in denen die stets blinkenden und leise summenden Computer in mehreren Reihen nebeneinander aufgestellt waren. Es gab nichts, was diese Computer nicht in Sekundenschnelle hätten berechnen können. So wusste Virgil zum Beispiel, dass die Stromaggregate noch Energie für 70,0807 Jahre lieferten, also noch kein Grund zur Panik bestand. Oder er konnte herausfinden, dass der Sauerstoffvorrat erst nach etwa zwei Jahrhunderten zur Neige gehen würde, und wenn er langsam und gleichmäßig atmete, dann könnte er es durchaus auch noch ein paar Jährchen länger hier unten aushalten.
        Eine Überprüfung der Aufzeichnungen des zentralen Computers ergab merkwürdigerweise, dass die wuchtigen Stahltore, welche die Haupteingänge an der Erdoberfläche verschlossen, in jüngster Zeit nicht bedient worden waren, ebenso wenig wie die Versorgungsaufzüge, die hinauf an das Tageslicht führten. Das warf die Frage auf, ob denn wirklich niemand mehr im Bunker war. Wie hätten die Techniker und Arbeiter den Bunker verlassen können, ohne die elektronischen Öffnungsmechanismen zu aktivieren, was wiederum im Rechner protokolliert worden wäre? Es sei denn, diese Aufzeichnungen waren von langer Hand manipuliert worden, um den Anschein der Normalität zu erwecken. Vielleicht war es aber auch so, dass die Tore für immer geschlossen und versiegelt worden waren, nachdem jedermann den Bunker verlassen hatte. Virgil war auf jeden Fall froh, dass hier unten in der Kantine Vorräte lagerten, die er bis an sein Lebensende nicht hätte aufzehren können, und ihm so wenigstens der langsame Hungertod erspart blieb.
        Bei störungsfreier Funktion der gesamten Anlage hatten die Computer noch genügend Rechenkapazität frei, die von Virgil nach Belieben genutzt werden konnte, ohne den ordnungsgemäßen Betrieb der Systeme zu gefährden. Als ausgebildeter Raketentechniker war Virgil mit den Computern bestens vertraut, und eines Tages hatte er, nur so zum Zeitvertreib, damit begonnen, den Ernstfall auf den elektronischen Anzeigetafeln zu simulieren. Er hatte seine eigene imaginäre Position in einer Ecke der Tafel mit einem kleinen leuchtenden Kreis markiert und installierte nun auf der gegenüberliegenden Seite die Stellungen des Feindes, indem er die entsprechenden Koordinaten über die Schreibtastatur in den Computer eingab. Jetzt musste er nur noch die Bewaffnung der Beteiligten festlegen, schließlich wollte er richtig Krieg spielen, mit allem drum und dran. Seinen Gegner stattete Virgil mit einer Batterie konventioneller Angriffsraketen, einer Flotte U-Boote und einem Geschwader Langstreckenbomber aus, deren Funktionstüchtigkeit er allerdings mit einem Rechenbefehl sabotierte, um seine Gewinnchancen zu vergrößern. Zu seiner eigenen Verteidigung wählte Virgil einige Atomraketen größeren Kalibers, von denen wiederum jede über zwanzig Gefechtsköpfe verfügte, mit denen sich die gute alte Erde mehrfach vernichten ließ.
        Nachdem Virgil die jeweiligen Parameter in den Computer eingegeben hatte, musste er der Simulation nur noch einen Namen geben, damit er ungestört spielen konnte.
        INSTALL PROGRAMM: (ENTER CODE)
        Virgil überlegte hin und her, wie er sein Spiel denn nennen sollte. Er war in solchen Angelegenheiten nie besonders phantasievoll gewesen, und so entschied er sich für eine eher konventionelle Bezeichnung, die er irgendwo einmal gelesen hatte.
        OPERATION BIG BANG
        Damit war das Programm installiert, und der Spaß konnte beginnen. Feierlich knetete Virgil seine Finger durch und drückte dann mit dem Zeigefinger auf den roten Knopf an seinem Arbeitsplatz, der zwei Atomraketen in den Silos zündete - die Hunde des Krieges waren losgelassen.
        Auf der Anzeigetafel wurden die Flugbahnen der beiden feurigen Geschosse in einer ballistischen Kurve angezeigt. Schon nach wenigen Minuten hatten sie ihre Ziele im Feindesland erreicht. Jacques und Jean rissen ihre Mäuler weit auf und entließen ihre tödliche Fracht, die sich wie ein Schwarm giftiger Moskitos auf ihre ahnungslosen Opfer

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