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Drachenboot

Drachenboot

Titel: Drachenboot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Low
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stattdessen packte er ihn beim Nackenfell und steckte ihn in das Fass, nagelte es wieder zu und stieß das Fass in den Fluss. Die Sklaven des Prinzen zogen das Fass heraus, brachten es zur großen Halle des Prinzen, wie er befohlen hatte. Noch ehe sie ganz aus der Tür waren, hörten sie, wie er dem Fass den Boden ausschlug und um Hilfe rief. Doch gehorsam taten sie, was er ihnen aufgetragen hatte. Sie hörten Schreie, doch sie drehten sich nicht um. Sie hörten Wehklagen, aber sie sahen nicht zurück, denn so wollte es ihr Herr. Drei Tage später kamen sie zurück und öffneten die Tür. Ein großer silberner Wolf mit nur drei Beinen lag auf dem Boden, er war offenbar verblutet. Daneben lag der Prinz, mehr tot als lebendig, er hatte viele Wunden, seine kostbaren Kleider waren in Fetzen, und als die entsetzten Sklaven ihn umringten und wissen wollten, was passiert sei, waren die einzigen Worte, die sie verstehen konnten: ›Silber‹ und ›Fluch‹. Er sprach nie wieder ein vernünftiges Wort.«
    Es folgte eine lange Stille, dann räusperte sich Sigurd. Ohne ein weiteres Wort glitt Olaf von seiner Bank und legte Wladimir seine Hand auf die Schulter. Ich wartete noch immer angespannt auf den Wutausbruch des Prinzen, der jetzt kommen müsste.
    Stattdessen sah Wladimir Olaf an und nickte ein- oder zweimal, als hätte dieser ihm eine schwierige Frage beantwortet.
    »Wenn diese Sache hier erledigt ist«, sagte er, »musst du bei mir in Groß-Nowgorod bleiben.«
    »Natürlich«, lachte Olaf. »Und dann gibst du mir Schiffe und Männer, und ich werde für dich kämpfen. Jon Asanes muss auch mitkommen, denn der ist klug. Zusammen
werden wir deinen Namen noch berühmter machen als den deines Vaters.«
    Die Erkenntnis traf mich wie ein Schlag. Aber natürlich – der kleine Wladimir fühlte sich verfolgt vom Ruhm seines Vaters und wollte nur eines: größer sein als er. Das war es auch, was ihn zu Attilas Schatz trieb.
    Ich stand auf und verabschiedete mich, solange die Gefahr noch nicht vorüber war – und es dauerte nicht lange, da war Krähenbein ebenfalls an meiner Seite, was für mich nicht sehr überraschend war. Dort draußen, in der Dunkelheit des scheidenden Tages, trabte er hinter mir her, zog den Umhang fester um sich und versuchte, mit mir Schritt zu halten.
    »Du hast recht«, sagte ich ungehalten, »es ist ein Fluch.«
    Er schüttelte den Kopf und sah mich mit seinen verschiedenfarbigen Augen an. Ich war verwirrt, denn er sah weise aus wie ein alter Graubart, doch sein Grinsen war das eines kleinen Jungen, der er ja auch war.
    »Das mit Odin war klug«, bemerkte er. »Wie du ganz richtig sagst – man sollte sich vor seinen Geschenken hüten, und daran hätten auch die neun Sklaven denken sollen.«
    Fort war er, lautlos wie eine Eule, und ließ mich mit dem Gedanken an diese Sklaven zurück, die sich um den Schleifstein balgten, die der Einäugige hingeworfen hatte, und die sich in ihrer Habgier gegenseitig mit ihren Sicheln die Kehlen durchschnitten. Ich schüttelte den Kopf über ihn, und das nicht zum ersten Mal. Es war genau wie mit der Farbe seiner Augen – man war sich bei Krähenbein nie ganz sicher.
    Die Besitzer des Hauses, in dem wir unser Lager bezogen hatten, verbeugten sich und lächelten freundlich. Sie waren bemüht, uns alles recht zu machen, um am Leben zu bleiben, während sie aber gleichzeitig ihre Nahrungsmittel
und andere Wertsachen vor uns versteckten. Die Eingeschworenen zählten ihre Toten, wuschen sie und bereiteten alles für das Begräbnis vor.
    Wie viele?«, fragte ich, und Kvasir sah auf, sein gesundes Auge war rot und tränte. Thorgunna badete es mit warmem Wasser.
    »Zwei werden zu beiden Seiten von Hasenscharte liegen  – Snorri und Eyolf.«
    Snorri, erinnerte ich mich, hatte den Pfeil durch den Fuß bekommen. Ich wusste nicht, was mit Eyolf passiert war, den wir Kraka nannten – Krähe –, weil er Linkshänder war.
    »Ja, Snorri wurde festgenagelt und ist im Kreis um seinen eigenen Fuß herumgetanzt, bis ihm die Puste ausging«, sagte Kvasir und winkte Thorgunna gereizt zu, sie solle damit aufhören. Sie warf ihm einen verständnislosen Blick zu und ging. Ich sah, dass sie noch mehr Ruß um das Auge aufgetragen hatte.
    »Ein riesiger Slawe erledigte ihn mit dem Schwert, als er nicht mehr weitertanzen konnte«, schloss Kvasir.
    »Und Eyolf?«
    »Seine Scheide kostete ihn das Leben.«
    Ich erinnerte mich, wie stolz Eyolf auf seine kunstvoll gearbeitete Scheide war. Sie

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