Drachenboot

Titel: Drachenboot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Low

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als einen anderen«, brummte er unglücklich.
    »Welchen meinst du?«
    Er rutschte unbehaglich umher, dann sah er mich ernst an. »Den, bei dem ich am Ende sabbernd am Feuer sitze und die Frauen hinter meinem Rücken über mich lachen, weil mein Schwanz schlapp ist und mein Rücken krumm.«
    Das also war es. Er war zu stolz, um das ertragen zu können.
    »Du hast zu lange diesem Mönch Martin zugehört«, erwiderte ich. »Angst vor dem Leben? Zu alt? Ist das noch Finn Bardisson aus Skani?«
    »Wer weiß? Wer wird es je wissen? Wer wird sich noch an Lambi erinnern? Oder an Hasenscharte? Wenn wir erst alle tot sind, Bärentöter, dann wird man sich nur an Storchenbein oder Skapti und die anderen erinnern, die auf dem Stein stehen, den wir in Aldeigjuborg errichtet haben. Das sind die, die berühmt sein werden.«
    »Wir werden auch einen Stein haben …«
    »Zu spät, Händler. Ich halte es für unwahrscheinlich, dass wir je an einen Ort kommen werden, wo Klepp Spaki in Ruhe Runen schneiden kann. Und selbst wenn – was dann? Sollen wir zurückkehren zu unseren Hühnern? Mit so viel Silber, wie wir tragen können? Was werden wir
dann tun? Sollen wir rumsitzen und warten, bis die Nornen uns die letzten Lebensfäden durchschneiden?«
    »Also geht es nur noch darum, einen möglichst guten Tod zu sterben, Finn Bardisson?«
    Er knurrte und sagte: »Ich habe in der Grube, in der wir gefangen gehalten wurden, einen Schwur getan. Vor dem Einäugigen. Er hat sich an seinen Teil der Abmachung gehalten.«
    Er setzte sich gerade auf und zwang sich zu einem Grinsen. »Wie Lambi sagte, am Ende kommt es nur noch auf eins an.« Dann zitierte er:
    »Das Vieh stirbt, die Freunde sterben,
Endlich stirbt man selbst;
Doch nimmer mag ihm der Nachruhm sterben,
Welcher sich guten gewann.«
    »Das ist schon richtig«, sagte ich, bitter darüber, dass er es so einfach fand, diesen Weg zu gehen. Dann zitierte ich eine Strophe aus den Sprüchen des Höchsten:

    »Der Lahme kann reiten; wer keine Hände hat, Kühe treiben;
Der Taube kann kämpfen und siegen,
Der Blinde ist besser dran als der Mann im Scheunenbrand,
Doch eine Leiche interessiert niemanden.«

    Vielleicht hätte Finn eine Antwort darauf gehabt, aber in dem Moment wachte Dorschbeißer auf und fing an zu stöhnen. Sein Stöhnen und seine Schmerzensschreie hielten die ganze Nacht über an, bis er im Morgengrauen starb.

    Es stellte sich heraus, dass wir nach unserer schmalen Kost in letzter Zeit jetzt zu viel aßen; die Männer bekamen
Bauchkrämpfe und Durchfall, und Bjaelfi verordnete ihnen eine Medizin, bestehend aus den jungen Wurzeln des Brombeerbusches, die zusammen mit Beifuß und Strohblumen in der Milch einer Pferdestute, einer Ziege und einer Kuh gekocht wurden.
    »Hilft das auch?«, wollte Skula wissen, ein knochiger Junge, der schon mager gewesen war, als er zu uns gekommen war. Er war gelb im Gesicht und wurde zusehends schwächer. Thorgunna, die es ihm einflößte, versicherte ihm, es verfehle seine Wirkung nie, aber als ich sein Gesicht beim Einnehmen der Medizin sah, war ich dankbar, dass ich keinen Durchfall hatte.
    »Das andere, was Bjaelfi ihm verordnet hat, wird ihm eher helfen«, murmelte Thorgunna im Vorbeigehen. »Nämlich Bettruhe in einem warmen Federbett.«
    Es waren einfach zu viele, die krank waren oder im Sterben lagen. Ich rief die Eingeschworenen zusammen und musste ihnen mitteilen, dass wir die Kranken zurücklassen würden und dass ich Freiwilligte bräuchte, die sich um sie kümmerten. Ich hatte erwartet, dass sich reihenweise Freiwillige melden würden. Die meisten aber waren entschlossen, den Marsch fortzusetzen, und schließlich musste ich zwei Männer förmlich zwingen zu bleiben.
    Einer war Skula, und obwohl er wegen meiner Entscheidung ein Gesicht zog, war er doch insgeheim wohl erleichtert. Er wusste, dass er zu schwach war, um das Dorf zu verlassen, und es nicht überleben würde.
    Der andere war Tjorvir, der an Furunkeln litt, die Thordis und Thorgunna immer wieder mit ihrer Nähnadel öffnen mussten. Sie bildeten sich dort, wo seine Kleidung gegen die Haut scheuerte, sodass sein Hals und seine Handgelenke ganz wund und eitrig waren – aber auch er machte ein finsteres Gesicht, weil ich ihn zurückließ.
    »Das ist gar nicht gut«, sagte er kopfschüttelnd, und ich erinnerte ihn daran, dass er kaum gehen konnte, keinen Helm tragen und kein Schwert benutzen konnte, aber er wollte es nicht einsehen. Schließlich schlug