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Drachenboot

Drachenboot

Titel: Drachenboot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Low
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Pferd. Es war ein trostloser Anblick. Hier und da war der Schnee auf der braunen Erde wellenförmig zusammengeblasen, es war eiskalt und windstill.
    Die Wagen hielten schwankend und holpernd an, die Ponys standen mit gespreizten Beinen da und ließen die Köpfe hängen. Wir hatten jetzt die Räder montiert, da hier weniger Schnee lag, aber das erwies sich als ein Fehler. Der Boden war steinhart gefroren, und die Räder holperten und rumpelten so stark über jede Unebenheit, dass selbst die Erschöpften und Kranken lieber abstiegen und mit den anderen zu Fuß gingen, als sich zu allem anderen Elend auch noch so heftig durchrütteln zu lassen.
    Gisur und ich standen bei Wladimirs großem Rappen, der jetzt auch nur noch Haut und Knochen war, und genau wie alle anderen spähten wir durch die Bäume auf das milchigtrübe Band, das uns schon eine ganze Weile begleitete  – der Don.
    »Siehst du«, sagte Gisur, dem beim Sprechen die Dampfwölkchen im Bart zu Eis erstarrten, »in der Mitte ist er dunkler, dort gefriert das Wasser gerade erst.«
    »Nein, es taut«, behauptete Dobrynja, aber Gisur verstand sich aufs Wasser und schüttelte den Kopf so
heftig, dass seine vereisten Schnurrbartspitzen leise klirrten.
    »Nein. Dort ist das Eis erst vor Kurzem aufgebrochen. Vor weniger als einer Stunde – sieh mal, du kannst genau sehen, wo sich das neue Eis bildet, und das passiert dort auch nicht zum ersten Mal.«
    »Das kommt vom Schiffsverkehr«, sagte Sigurd und wischte die Eiszapfen von seiner Silbernase, weil sie ihn beim Atmen behinderten.
    »Richtig«, sagte Gisur. »Hier fahren die Schiffe von und nach Sarkel vorbei, sodass der Fluss in der Mitte nie ganz zufriert.«
    Wir wussten, dass wir uns an der Stelle des Dons befanden, wo er einen großen Bogen nach Osten machte, dann nach Süden floss und schließlich nach Westen, wo er in den Maeotis-See mündet, der bei den Chasaren Asowsches Meer heißt, was »niedrig« heißt, weil es sehr flach ist. Wenn wir der großen Kurve folgten, kämen wir nach Sarkel, was noch mehrere Wochen dauern würde.
    Gisur strahlte, denn er hatte uns die letzten vier Tagereisen mit einer Sicherheit geführt, als seien wir auf dem Meer. Selbst Avraham, der nach dem Verlust von Morut ziemlich niedergeschlagen war, musste zugeben, dass das eine großartige Leistung war. Doch jetzt mussten wir uns entscheiden: zwischen dem direkten Weg quer durch die große Schneewüste oder immer am Ufer des Don entlang, auf dem großen, eisigen Bogen nach Sarkel.
    »Das ist noch ein weiter Weg«, sagte Dobrynja, »und ohne Unterbrechung in Biela Viezha.«
    Nach dem Grund brauchte niemand zu fragen. Wenn der Prinz von Nowgorod mit so einer abgerissenen Bande wie uns auftauchte, meilenweit von seinem eigenen Reich entfernt und an den äußersten Grenzen der Ländereien
seines Bruders, würde das kein geringes Aufsehen erregen. Das heißt, falls der Name seines Bruders in Sarkel – der Stadt, die bei den Slawen Biela Viezha hieß, die Weiße Burg – noch etwas galt, jetzt, wo Swjatoslaw nicht mehr am Leben war.
    Alle blickten auf mich. Irgendwo dort draußen in dieser öden Schneewüste war der Ort, den wir suchten, und ich sollte sie mithilfe der Runen auf meinem Schwert dorthin führen. Ich hoffte, mein Lächeln wirkte so strahlend und selbstsicher, wie ich es beabsichtigte.
    Wir gingen zurück zu den Wagen. Nur wenige der Druschina-Slawen hatten jetzt noch Reitpferde, und alle waren so vermummt, dass man den formlosen Bündeln kaum noch ansah, ob es Männlein oder Weiblein, Krieger oder Thrall war. Sie hüllten sich in ihre Umhänge und stampften mit den Füßen in den unförmigen geflochtenen Überschuhen aus Stroh, die man ständig vor den hungrigen Pferden verteidigen musste.
    »Und jetzt, Händler?«, wollte Kvasir wissen und wischte sein nässendes gutes Auge ab. Thorgunna wollte ihm dabei helfen, aber er schlug gereizt ihre Hand fort. Sie sah ihn wütend an.
    »Das Auge muss behandelt werden.«
    »Mach ich schon. Geh weben.«
    Thorgunna sah ihn mit ihren dunklen Augen an. »Es ist wohl Zeit, dass ich sterbe«, sagte sie entschlossen. »Man sollte mir besser mein Grab schaufeln, denn anscheinend bin ich zu nichts mehr nütze, weder für meinen Mann noch für sonst jemanden.«
    »Du kannst am Leben bleiben oder sterben, ganz wie du willst«, brummte Kvasir mürrisch, »solange du mein Auge in Ruhe lässt.«
    Finn, der sich so fest eingewickelt hatte, dass er wie ein
Seehund aussah, stieß ein heiseres

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