Drachenboot
ersten Schritt zu tun. In dem Moment kam ein Fuchs vorbei. Er sah, dass der Schäfer und der Wolf Angst voreinander hatten, und beschloss, die Situation zu nutzen. Er rannte zum Wolf und sagte: ›Vetter, es gibt keinen Grund, vor einem Menschen Angst zu haben. Stürz dich auf ihn, bring ihn zu Fall und lass ihn dir schmecken.‹ Der Wolf sah ihn mit seinen goldgelben Augen an und sagte: ›Du bist zwar gerissen, aber klug bist du nicht. Sieh ihn dir doch an, er hat einen silbernen Speer, der bestimmt Zauberkraft hat. Damit wird er mich aufspießen, und das wird mein Ende sein. Verschwinde mit deinen dummen Ratschlägen.‹ Der Fuchs dachte einen Moment nach, dann sagte er: ›Nun, wenn es so ist,
dann gehe ich zu ihm und bitte ihn, dich nicht aufzuspießen. Was gibst du mir, wenn ich dich rette?‹ Der Wolf sagte, er könne alles haben, was er sich wünsche, also ging der Fuchs zu dem Schäfer und sagte: ›Onkelchen Schäfer, was stehst du hier rum? Der Wolf will dich fressen, aber ich habe ihn überredet, noch eine Weile zu warten. Was gibst du mir, wenn ich dich rette?‹ Der Schäfer sagte: ›Alles, was du haben möchtest.‹ Der Fuchs lief wieder zum Wolf und sagte: ›Vetter, du wirst lange leben und Vater vieler Welpen werden – ich habe den Schäfer gerade überredet, dich nicht aufzuspießen. Jetzt beeile dich und lauf weg, ehe er es sich anders überlegt. Wir sehen uns später.‹ Der Wolf drehte sich um und rannte fort, so schnell er konnte – was er ja eigentlich schon längst hätte tun können, wenn er nicht so große Angst gehabt hätte. Der Fuchs kam zum Schäfer zurück und sagte: ›Onkelchen Schäfer, du hast doch dein Versprechen nicht vergessen?‹ Der Schäfer fragte ihn, was er sich wünsche, und der Fuchs sagte: ›Nicht viel, nur einen Biss aus deinem Bein. Das reicht mir.‹«
»Ha – selbst das klingt ganz lecker«, rief ein dunkler Slawe. Diejenigen von uns, die Rudergefährten kannten, die so etwas getan hatten, rutschten unangenehm berührt herum und sagten nichts dazu.
»Der Schäfer streckte sein Bein aus«, fuhr Olaf fort. »Gerade als der Fuchs seine Zähne hineinschlagen wollte, ließ der Schäfer ein Gebell hören. Der Fuchs fuhr zurück und fragte: ›Wer war das?‹ Der Schäfer zuckte mit den Schultern. ›Was interessiert dich das? Nimm deinen Biss und dann verschwinde.‹ Der Fuchs legte schlau den Kopf auf die Seite. ›O nein. Ich komme nicht näher, ehe ich weiß, wer da gebellt hat.‹ Der Schäfer seufzte. ›Dann will ich es dir sagen. Diesen Winter hatten wir im Dorf nichts mehr
zu essen. Und dann hatte mein Schäferhund zwei Welpen. Na ja … und ich war so hungrig, dass ich sie aß. Jetzt sind sie in meinem Bauch groß geworden, und ich glaube, sie können dich riechen und möchten sich auf dich stürzen, deshalb bellen sie.‹ Der Fuchs bekam noch mehr Angst, aber er zeigte es nicht. Würdevoll sagte er: ›Ich hätte keine Schwierigkeiten mit deinen Welpen. Aber ich muss mich beeilen, weil ich den Wolf in einer dringenden Angelegenheit sprechen muss. Halte also deine Schäferhunde noch eine Weile fest. Wenn ich wiederkomme, werde ich ihnen eine solche Lehre erteilen, dass sie nie wieder Lust haben werden, einen Fuchs anzugreifen.‹ Der Schäfer lachte. ›Dann beeil dich‹, sagte er. Der Fuchs rannte in den Wald und war froh, dass er mit dem Leben davongekommen war. Als er wieder ruhiger atmete, suchte er den Wolf auf und sagte: ›Nun, Vetter – ich habe dein Leben gerettet, als du vor dem Schäfer Angst hattest, und du hast mir etwas versprochen.‹ Der Wolf stieß ein langes Heulen aus. ›Was habe ich versprochen?‹, knurrte er. ›Ich bin nicht dein Vetter. Ich bin der Jarl dieser Wälder. Wer wagt es, zu behaupten, ich hätte Angst gehabt?‹ Er hob die Pfote, um den Fuchs niederzuschlagen, doch der war schon fortgerannt, ehe der Wolf dazu kam, und dachte bei sich: ›Undank ist der Welt Lohn.‹ Dann kroch der Fuchs in seinen Bau, wo er seine Kinder warnte, sich stets von Menschen und Wölfen fernzuhalten.«
»Ja, das ist wahr«, pflichtete der rote Njal bei. »Der Dorsch, der mit Haien schwimmt, ist schnell gefressen, wie meine Großmutter immer sagte.«
»Heya«, murmelte Gisur. »Ich hoffe, du bist in Zukunft immer nett zu Menschen und Wölfen, damit sie dir diese nicht sehr schmeichelhafte Geschichte verzeihen, junger Prinz Olaf.«
»Und ebenso die Götter«, sagte Onund Hnufa vielsagend.
»Nur wenn es sich um Schäfer handelt«, sagte
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