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Drachenboot

Drachenboot

Titel: Drachenboot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Low
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stupsnasigen Smaländer Kveldulf, Nachtwolf, dunkel und wild und mit Eis überpudert. Er und Krähenbein funkelten sich böse an, und ich merkte, dass Kveldulf mehr Angst hatte als der Junge.
    »Das war ein unbarmherziger Sturm«, bemerkte Hauk Schnellsegler.
    »Wenn wir nicht noch rechtzeitig gewarnt worden wären, hätte es uns noch viel schlimmer getroffen«, sagte Gyrth, der schwerfällig durch den Schnee stapfte, der hüfttief im Tal der Balka lag. Seine zerfetzten Felle schleiften wie Schwänze hinter ihm her.
    »Dafür verdienst du einen Armreif«, sagte ich zu Morut, der mich mit seinem zerfurchten Gesicht angrinste. »Ich verspreche ihn dir, sobald es irgendwo warm genug ist, dass ich ihn von meinem Arm herunterbekomme.«
    Er quittierte es mit einer Verbeugung, um sich dann, noch immer grinsend, dem mürrischen Avraham zuzuwenden.
    »Siehst du? Ich bin zurückgekommen, wie versprochen«, sagte er. »Die Steppe kann mich nicht umbringen. Ich höre, du hast versucht, einen Weg über das Große Nichts zu finden, ausgerechnet du, der nicht mal mit beiden Händen seinen eigenen Schwanz findet.«
    Avraham, mit violetten Augenringen im blau gefrorenen Gesicht, hatte weder Kraft zu antworten noch seine Erleichterung darüber zu verbergen, dass Morut wieder bei uns war.
    Unter Anleitung des kleinen Fährtenlesers führten wir die Pferde durch die Balka bis dahin, wo sie flacher wurde und in eine große Eisfläche mit bereiften Grasbüscheln mündete, über die der Wind den neuen Schnee des buran trieb. Von hier konnten wir zu den Wagen zurückgehen, aber wir hatten so viele Pferde verloren, dass wir zwanzig Wagen zurücklassen mussten, und mit ihnen alles, was wir an Ausrüstung entbehren konnten.
    Die Druschina hatte jetzt gar keine Pferde mehr, und selbst Wladimir ging zu Fuß. Am klügsten waren noch Thorgunna und Thordis, sie ließen die gefrorenen Pferde zerlegen und auf einen Wagen laden, obenauf kam Holz von einigen Wagen, die wir zerhackt hatten. Jetzt hatten wir Fleisch und Holz zum Kochen, selbst wenn Finn behauptete, dass er sich nicht entscheiden könne, welches von beidem besser schmecke.
    »Ich dachte, dir schmeckt alles«, sagte Thorgunna. Ihre vom Wind geröteten Wangen sahen wie Äpfel aus. Sie lachte, und Finn brummte gutmütig, während er mit gespieltem Abscheu die Pferdekeule ansah.
    »Du legst sie in einen großen Kessel, zusammen mit einem Hufeisen«, sagte er. »Wenn das Eisen weich ist, ist das Fleisch fertig.«
    Die restlichen Wagen wurden am Abend verbrannt. Wir schlugen unser Lager auf und holten die großen Kupferkessel hervor, um so viel Fleisch wie möglich zu garen. Ob mit oder ohne Hufeisen, an diesem Abend war uns warm, und unsere Bäuche waren voll, und mehr war nicht nötig, um uns wieder zusammenzuschweißen. Wir, die wir
bereits unser sicheres Ende vor Augen gehabt hatten, fingen wieder an, davon zu sprechen, wie es weitergehen würde.
    »Noch so ein Sturm würde uns erledigen«, sagte der rote Njal. Neben ihm saß der junge Prinz Wladimir und starrte trübsinnig ins Feuer, denn jetzt waren wir nur noch ein erschreckend kleiner Haufen und wärmten uns zusammen am selben Feuer.
    »Wir werden es schaffen«, sagte er.
    Niemand sprach, bis Morut beschloss, uns zu erzählen, wie es ihm in der Zwischenzeit ergangen war.
    Er hatte die Männerhasser-Weiber lange verfolgt. Sie waren in einer vereisten Balka geritten, bis sie an einen zugefrorenen See kamen, in dem eine Insel lag. Den ganzen Weg entlang hatten kaputte Wagen, tote Pferde und tote Männer gelegen; alles Lambissons Leute. Morut hatte keine weiteren Frauen gesehen – aber das goldglänzende Pferd, erzählte er, war ebenfalls vor Kälte und Hunger gestorben, ebenso wie die Steppenponys. Avraham stöhnte beim Gedanken an den Verlust des schönen Pferdes.
    Das sei doch ein gutes Zeichen, sagte ich, denn das bedeute vermutlich, dass die Männerhasser ebenfalls umgekommen waren. Bis auf eine, dachte ich, denn man konnte die Fylgja, die das glänzende Pferd geritten und den Zwilling meines Schwertes geschwungen hatte, nicht töten. Dazu wollte ich aber nichts sagen, ich griff nur nach dem Bündel auf meinem Rücken, in das das Schwert gewickelt war, doch ich merkte, wie Finn mich ansah.
    Er knurrte etwas und hätte wohl verächtlich ausgespuckt, aber da er den Arm um Thordis gelegt hatte, entschied er sich dagegen.
    »Es gibt keine Fylgja von Hild, Händler«, sagte er. »Dieses Miststück von einer Schlampe ist schon lange

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