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Drachenboot

Drachenboot

Titel: Drachenboot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Low
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tot.«
    Er wusste, dass ich ihm nicht glaubte, und ich hoffte, Kvasir würde mir bei diesem Streit den Rücken stärken, aber der lag in Thorgunnas Armen und schlief fest.
    »Nun ja, wenigstens weiß ich, dass dies noch nicht der Fimbulwinter ist«, lenkte ich ein.
    Ich erzählte von meinem Traum. Einige, darunter auch Gyrth, zuckten nur mit den Schultern; damit wollten sie sagen, dass es eben nur ein Traum gewesen war, verursacht durch einen Schlag auf den Kopf, doch aus Höflichkeit hielten sie den Mund. Andere dagegen nahmen die Sache ernster.
    »Durch einen Zauber wird man oft klüger«, erklärte der rote Njal, »wie meine Großmutter immer sagte. Mir scheint, der Händler Orm hat gerade einen guten Handel mit Odin abgeschlossen.«
    Er strahlte, aber Finn sah eher aus, als sei er wenig erbaut davon, dass sein Jarl im Traum mit Göttern redete. Klepp Spaki interessierte sich sehr für das Rätsel, erklärte aber gleichzeitig, das sei, als versuche man bei Gegenwind zu rudern.
    »Ach, bist du endlich ein Seemann geworden?«, fragte Hauk spöttisch, und Klepp, der sich eingestehen musste, dass er absolut nicht seefest war, lächelte verlegen.
    Finn entschied, dass mein Besuch beim Allvater wahrscheinlich gar nichts zu bedeuten habe, und ich wusste nicht, ob ich darüber erleichtert oder empört sein sollte.
    »Schließlich haben wir nichts gehört, was wir nicht schon wissen«, fuhr er fort, »sogar das mit dem Opfer einer Sache, die ihm lieb und teuer ist. Odin will immer etwas Wertvolles auf seinem Altar, am liebsten frisches Blut. Vielleicht meint er sogar mich, denn ich habe mir ja nach meinem Schwur in Nowgorod das Valknut-Zeichen aufmalen lassen.«
    »Was wolltest du mit dem Schwur erreichen?«, fragte Sigurd, und seine Nase glänzte im Feuerschein. Finn rutschte verlegen umher und sah Prinz Wladimir an. Ursprünglich hatte er damit dessen Tod herbeigewünscht und geglaubt, er habe sein Ziel erreicht, als wir die Glocken läuten hörten.
    Aber natürlich war es der Vater des Jungen gewesen, der gestorben war, und Finn hatte es darauf zurückgeführt, dass er es jemandem wie Odin, der ständig seine Gestalt wechselt, nicht genau genug gesagt hatte. Mir fiel eine Antwort ein, mit der ich Finn aus der Klemme half.
    »Er tat es natürlich, um aus dem Gefängnis herauszukommen«, sagte ich. Finn nickte erleichtert und warf mir einen dankbaren Blick zu. Wladimir runzelte die Stirn und dachte über die Antwort nach, immer wieder zeigte er ein ungesundes Interesse daran, die Vor- und Nachteile der verschiedenen Götter zu vergleichen.
    »Ich glaube«, hörte man eine hohe Kinderstimme, »dass die Menschen lieber Thor Opfer bringen, weil er sie nicht so oft im Stich lässt wie Allvater Odin.«
    Alle Köpfe fuhren herum zu Krähenbein, der in seinen Mantel gehüllt im Feuerschein saß.
    »Was weißt du davon, dass die Götter einen im Stich lassen?«, fragte Gyrth neugierig, und die, die über Krähenbeins Vergangenheit Bescheid wussten, rückten verlegen auf ihren Plätzen und wünschten sich, er hätte diese Frage nicht gestellt.
    Der kleine Olaf warf Gyrth einen seiner zweifarbigen Blicke zu und räusperte sich.
    »Ich habe die Falschheit der Götter und die der Menschen erlebt«, sagte er und zog eine Hand aus dem Umhang, um mit einem Zweig im Feuer zu stochern, sodass die Funken sprühten. Trotzdem wollten nur wenige weiter
abrücken, auch wenn ihr Haar angesengt wurde, denn wir wussten, bald würde uns allen wieder kalt sein.
    »Es war einmal ein Schäfer«, sagte Olaf, und ums Feuer lief ein Flüstern der Vorfreude, aber auch der Bangigkeit, die Olafs Geschichten immer mit sich brachten.
    »Es war am Ende eines tiefen, dunklen Winters, fast so schlimm wie dieser. Er brachte seine Schafe aufs Feld, um sie ein wenig grasen zu lassen, und setzte sich unter einen Baum, um auszuruhen. Plötzlich kam ein Wolf aus dem Wald. Es war ein Herr unter den Wölfen, das Fell um seinen Hals war schneeweiß, und er war so hungrig, dass ihm der Speichel vom Maul tropfte.«
    »So einen Hunger kenne ich«, sagte jemand, wurde aber sofort wieder zum Schweigen gebracht.
    »Der Schäfer nahm seinen Speer und sprang auf«, fuhr Krähenbein fort. »Der Wolf wollte den Mann gerade anspringen, doch da sah er den Speer und überlegte es sich anders, denn der Speer hatte eine schöne silberne Spitze, und dem Wolf war es nicht recht geheuer, dass ein Schäfer eine so schöne Waffe hatte. Sie starrten einander an, und keiner wagte es, einen

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