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Drachenboot

Drachenboot

Titel: Drachenboot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Low
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bewundert hatte, der so mühelos den Weg durch die Wüsten Serklands gefunden hatte. Selbst Finn nickte dem Mann ab und zu anerkennend zu, während das Gesicht Avrahams je nachdem bald Verachtung, dann wieder große Erleichterung ausdrückte.
    Morut machte uns auch auf das prächtige goldene Pferd aufmerksam, das jetzt allerdings nicht mehr glänzte, sondern weiß vom Raureif dalag und dessen Beine steif abstanden. Als wir näher kamen, rannten die Wölfe fort, doch sie entfernten sich nicht sehr weit. Sie ließen sich auf der gefrorenen Steppe auf den Bauch fallen und warteten mit gekreuzten Vorderpfoten darauf, dass wir weiterzogen. Geduldig und reglos wie Felsen lagen sie da, die
Hunde Odins, denn sie hatten viel Mühe gehabt mit den Tieren und Menschen, die hier herumlagen. An einem hart gefrorenen Kadaver sind keine weichen Teile, in die man die Reißzähne schlagen kann.
    »Was für ein Verlust«, sagte Avraham voll Bedauern, und die, die hinter ihm her stolperten, nickten zustimmend – allerdings meinte der Chasare damit nicht die toten Menschen, sondern dieses Pferd.
    Morut knurrte nur verächtlich, was ihm einen vernichtenden Blick von Avraham einbrachte. Neugierig fragte der kleine Wladimir den Fährtenleser, was er mit diesem Knurren gemeint habe.
    Morut zeigte auf das einst so prächtige Tier und sah dann sein eigenes struppiges Pony an. »Diese beiden sind eigentlich ganz ähnlich«, sagte er grinsend, »turkmenische Pferde. Aber das blutschwitzende Pferd war zu edel für diese Gegend, mein kleines dagegen ist dafür trainiert.«
    »Kann man ein Pferd dafür trainieren?«, fragte Thorgunna und musterte die gefrorenen Überreste mit einem Blick, den ich nur zu gut kannte. Wenn es um die Verwendung von Überresten ging, konnten sie und Thordis den Wölfen noch etwas vormachen.
    Morut nickte, während die Männer die Toten absuchten, doch gaben sie ihre Plünderungsversuche bald auf, als sie merkten, dass die Leichen am Boden oder aneinander festgefroren waren.
    »Von fünfen, mit denen man anfängt, halten zwei es meist nicht durch«, gab er zu, und da ich mit der Pferdezucht aufgewachsen war, wusste ich sofort, dass man es also nur machen konnte, wenn man über eine unbegrenzte Anzahl von Tieren verfügte, deren Fütterung fast nichts kostete.
    »Such dir ein Tier aus, das du für geeignet hältst, so um
die sieben oder acht Jahre alt«, sagte Morut, indem er seinem Pony eine Handvoll Stroh mit Tierfett gab. »Ein jüngeres Pferd könnte dieses Training nicht durchhalten, bei dem es schließlich aufs Kämpfen und für Raubzüge vorbereitet wird. Du legst einen Sack Erde oder Sand auf den Sattel, zuerst nur so schwer wie ein Reiter, aber über die nächsten acht Tage macht man ihn immer schwerer, bis das Pferd das Gewicht von zwei Steppenreitern trägt – das ist so schwer wie einer von euch großen Nordmännern mit Rüstung und allen Waffen. Während das Gewicht zunimmt, wird gleichzeitig die tägliche Ration an Futter und Wasser langsam verringert. Damit muss das Pferd dann jeden Tag sechs oder sieben Meilen gehen oder traben. Nach den ersten acht Tagen reduziert man dann allmählich das Gewicht wieder über einen Zeitraum von acht Tagen, wobei man aber die Futterration weiter verknappt. Wenn es gar nichts mehr auf dem Rücken trägt, gibt man ihm zwei oder drei Tage gar kein Futter mehr und macht dafür den Bauchgurt immer enger.«
    »Und dann hast du es endgültig umgebracht«, spottete Avraham, der gerade versuchte, eine festgefrorene Leiche mit dem Fuß umzudrehen.
    »Wenn es ein Pferd wie dieses herrliche Tier hier ist, dann ja«, gab Morut zu. »Oder auch die, die ihr in eurem Heer geritten habt. Aber nicht dieses hier.«
    »Wie heißt denn dein tolles Pferd?«, fragte Krähenbein mit seiner dünnen Stimme – doch dann hob er schnell die Hand und machte eine abwehrende Bewegung, ehe der Spott der anderen ihn traf. Man gab ja einem Tier, das man vielleicht essen müsste, keinen Namen.
    »Dann sollte ich wahrscheinlich dankbar sein, dass ich einen Namen habe«, murmelte er.
    Morut grinste noch immer und erzählte weiter, während
wir an diesem Trümmerfeld, übersät von Toten und Ausrüstungsgegenständen vorbeizogen, wobei seine Stimme uns ablenkte und beruhigte.
    »Ungefähr am zwanzigsten Tag lässt du es arbeiten, bis es schwitzt, dann nimmst du ihm den Sattel ab und übergießt es vom Kopf bis zum Schwanz mit eiskaltem Wasser. Dann bindest du es in der Steppe an einen Pfahl und lässt es

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