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Drachenboot

Drachenboot

Titel: Drachenboot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Low
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gerückt. Darauf lag Tor, die Lippen geschwollen und aufgeplatzt, das Gesicht eine blutige, verschwollene Masse. Seine Füße hingen ganz unnatürlich zur Seite. Man hatte ihm die Sehnen durchtrennt, und er würde nie wieder laufen können.
    »Ich dachte mir, du würdest nichts dagegen haben, wenn wir einen unbequemen Nachbarn ein bisschen ärgern«, sagte Klerkon. »Wir brauchten Brot und Käse, und die Männer hatten Durst, also kam uns dieser Hof hier gerade recht.«
    »Es tut mir leid …«, sagte ich mit gepresster Stimme an Tor gewandt, und er öffnete sein unverletztes Auge.
    »Deine Schuld«, brachte er mit seinen geschwollenen
Lippen heraus. »Das ist dein Leben. Das sind deine Freunde. Das alles hast du hierhergebracht.«
    Die Männer lachten. Ich starrte auf den kahlen Fleck auf seinem Kopf, den er hängen ließ, und mir war übel. Es waren nicht meine Freunde, aber er hatte recht – es war meine Schuld. Weil ich mich mit einer Horde unerschrockener Männer, die es gewohnt waren, auf Raubzug zu gehen, in der Nachbarschaft eines friedlichen Bauern niedergelassen hatte. Und gedacht hatte, dass alles gut gehen würde.
    Allerdings jetzt nicht mehr. Denn Jarl Brand würde es auch erfahren. Und wenn die ganze Sache erst mal bereinigt war, würde er seufzend zugeben, dass er uns nicht länger brauchte, jetzt, wo das Kämpfen aufgehört hatte. Es würde ihm sehr leidtun, aber er würde uns erklären, dass er Krieger wie uns auf seinem Land nicht länger dulden könne, wo sie friedlichen Leuten Angst einjagten und ihnen Unannehmlichkeiten bereiteten.
    Eine dieser Unannehmlichkeiten saß mir jetzt gegenüber, grinste sein Pan-Grinsen und schob mir seinen Teller zu, auf dem das Fett geronnen war. Ich beachtete ihn nicht.
    »Kein Hunger?«, fragte er, und die Männer kicherten. »Schade, das Pferd hat gut geschmeckt.«
    »Hoffentlich hast du von deinen anderen Raubzügen noch etwas Silber übrig«, brachte ich heraus. »Das Fleisch, das dir hier so gut schmeckt, wird dich teuer zu stehen kommen. Jarl Brand wird jede Welle nach dir absuchen, und ich auch. Es wird dich einen hohen Blutpreis kosten, bis du von uns in Ruhe gelassen wirst.«
    Er lehnte sich zurück und winkte müde ab.
    »Das ist ein geringes Risiko«, erwiderte er und kniff die Augen zusammen. »Ich wette, du kannst das eine Pferd gut verkraften, und noch einiges mehr. Ich höre, du verfügst über einen Berg Silber.«
    Da war es wieder. Das Gerücht war auch bis zu ihm gedrungen und hatte ihn hierhergeführt. Ich kannte Klerkon von früher und war mit ihm gesegelt. Als wir noch für Jarl Brand kämpften, hatten wir gemeinsam so manchen Strandhogg unternommen, um unsere Vorräte aufzufüllen. Doch selbst harte und grausame Männer mieden Klerkon, denn Klerkons Grausamkeit überschritt jedes gesunde Maß.
    »Ich muss mich wundern«, antwortete ich. »Ich hatte dich nicht für jemanden gehalten, der Ammenmärchen glaubt.«
    »Tu ich auch nicht«, sagte Klerkon, der mich beobachtete wie eine Katze, die mit einer Maus spielt und nur darauf wartet, dass sie eine falsche Bewegung macht. »Aber ist es nicht ein Zufall: Ein Priester hat uns damals auseinandergebracht, und jetzt führt uns ein Priester wieder zusammen. Als Partner.«
    Mein linkes Knie zuckte, und ich konnte nichts dagegen tun. Die Luft war verbraucht, ein Gemisch aus stinkendem Atem, Essensdunst und dem scharfen Gestank nach dem Angstschweiß der Männer, und in meinem Inneren kämpften Verwirrung und Neugier, die seine Worte hervorgerufen hatten. Er spielte auf eine üble Geschichte an. Damals ging es um zwei Christenpriester, die er gefangen genommen hatte, und mich hatten seine grausamen Versuche angekotzt, ihren Glauben dadurch zu erschüttern, dass er sie rot glühendes Eisen in den Händen halten ließ und dergleichen mehr. Klerkon war völlig unzurechnungsfähig, wenn es um Christenpriester ging, und der Grund dafür war, wie es hieß, dass sein Vater einer von ihnen gewesen war und ihn als Kind verlassen hatte.
    »Priester?«, brachte ich heraus.
    »Ja. Du erinnerst dich? An den zahmen Christenhund von Brondolf Lambisson, der in Birka regierte?«
    »Birka existiert nicht mehr«, erwiderte ich. »Und ebenso wenig Lambisson und der Priester.«
    Klerkon nickte, auf seinem Gesicht lag noch immer dieses falsche Lächeln, das nie bis zu seinen Schlitzaugen reichte.
    »Richtig, wir haben Birka bei unserem letzten Besuch erledigt. Kaum etwas, was noch zu holen war, und die Burg war

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