Drachenboot
niedergebrannt. Aber wir haben trotzdem alles noch einmal angezündet.«
Er nahm die Beine vom Hocker und lehnte sich vor.
»Lambisson lebt noch, wenn es ihm auch nicht gut geht. Der Priester auch, aber ihm geht es eher noch schlechter.«
Er lehnte sich zurück, während diese Nachricht wie eine Welle über mir zusammenschlug. Sein Grinsen war unerträglich.
»Das weiß ich, weil Lambisson mich dafür bezahlt hat, dass ich ihm den Priester bringe«, sagte er. »Letztes Jahr, in Aldeigjuborg. Ich schnappte mir den Priester – Martin heißt er. Auf Gotland, wo er nicht schwer zu finden war, denn er fragte nach Jarl Orm und den Eingeschworenen. Kannst du dir vielleicht denken, warum?«
Ich spürte, wie mir übel wurde bei dem Gedanken, was er mir womöglich noch weiter mitteilen würde. Lambisson und der Priester Martin hatten uns vor Jahren auf diese verfluchte Suche nach Attilas Grabhügel geschickt, als ich unter Einar dem Schwarzen den Eingeschworenen beigetreten war.
Der Priester hatte Lambissons Mittel dazu missbraucht, seine eigenen Interessen zu verfolgen, nämlich den Verbleib der heiligen Lanze der Christusanhänger in Erfahrung zu bringen, und er hatte die Eingeschworenen dazu benutzt, in ihren Besitz zu kommen. Jetzt hatte ich sie,
sicher verstaut in meiner Seekiste, zusammen mit dem Krummschwert, das aus der Spitze geschmiedet worden war, und ich wusste, Martin würde selbst durch die Flammen von Muspell gehen, um mich zu finden und diese heilige Lanze wieder in seinen Besitz zu bringen. Was Lambisson jedoch von Martin wollte, war mir weniger klar – vielleicht wollte er sich einfach nur rächen.
Klerkon ahnte, welche Gedanken mir durch den Kopf schossen, und sein Grinsen wurde noch breiter.
»Nun ja«, fuhr er mit öliger Stimme fort, »vielleicht wollte der Priester ja seinen Anteil an dem Silber und suchte dich deshalb. Es heißt ja auch, du habest es gefunden, Bärentöter.«
»Und selbst wenn es so wäre, dann wüsste nur ich, wo es zu finden ist«, sagte ich. Ich hoffte, wenn ich ihn rechtzeitig daran erinnerte, würde er sich Mühe geben, seine Wut zu beherrschen.
Doch diesmal zeigte sich nicht einmal der Anschein eines Lächelns auf seinen verzerrten Lippen.
»Du bist nicht der Einzige«, sagte er. »Denn ehe es um den Priester ging, gab Lambisson mir eine weitere Aufgabe – zwei Männer aus Hedeby zu finden. Ich wusste, dass sie Eingeschworene waren. Ich erfuhr erst später, dass sie den Weg zu Attilas Grab kannten, aber da hatte ich sie Lambisson schon übergeben.«
Der kleine Eldgrim und Dorschbeißer. Die Namen trafen mich wie ein Schlag, und ehe ich wusste, was ich tat, war ich aufgesprungen, und die Bank fiel krachend um.
Auch Klerkon sprang auf, doch streckte er mir beschwichtigend die Hände entgegen.
»Langsam, langsam! Lambisson wollte sie gesund und lebend haben«, sagte er. »Ich habe erst vor Kurzem erfahren, dass die Sache mehr sein könnte als ein Ammenmärchen.
Wie es scheint, habe ich recht, aber dennoch ist Brondolf Lambisson uns ein Stück voraus.«
»Uns?«, brachte ich mit heiserer Stimme mühsam heraus.
»Zusammen können wir es mit ihm aufnehmen«, sagte Klerkon, und es klang, als wolle er einen wütenden Hofhund besänftigen. »Er hat eine große Schar von Männern um sich versammelt – zu viele für mich und zu viele für dich. Aber zusammen …«
»Zusammen ist kein Wort, das zu uns passt«, sagte ich, und mir war ganz elend bei dem Gedanken, was man dem kleinen Eldgrim und Dorschbeißer angetan haben könnte. Keiner von beiden wusste genug – allenfalls vielleicht noch Eldgrim, der mir geholfen hatte, die Runen in den Griff meines Schwerts zu ritzen, aber in seinem Kopf sah es aus wie im Nähkasten einer Frau.
»Du tätest gut daran, diese Einladung nicht auszuschlagen«, erwiderte Klerkon, und ich sah, dass er große Mühe hatte, seine Miene zu beherrschen.
»Lieber würde ich mit tollwütigen Hunden losziehen«, sagte ich. Es war die Wahrheit, doch es war weder die richtige Zeit noch der richtige Ort dafür. Stahl klirrte, irgendwo ertönte ein abscheuliches Lachen. Klerkon brach den Blickkontakt mit mir ab, reckte sich ein wenig und seufzte.
»Vielleicht war die Handelspartnerschaft eine zu große Hoffnung«, sagte er leise, als wäre er von mir enttäuscht. »Wenn wir es nicht zusammen machen werden, dann wirst du mir wohl erzählen müssen, was du weißt, damit ich die verschone, die dir lieb sind.«
»Dazu seid ihr wohl kaum genügend
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