Drachenehre
Zufrieden grinsend massiert er sich den Nacken. Das wird sein Hochzeitsgeschenk an sie werden.
Noch einmal beugt er sich tief in den Motorraum prüft Öl und Kühlwasserstand.
„Ey, du da!“
Doing! Scheppernd kracht sein Schädel gegen die Motorhaube.
„Was zur Hölle …!“
Eine grinsende junge Frau steht neben ihm. Knapp 1,65 groß, mit vielleicht 5 Kilo mehr als ihr Idealgewicht auf den Rippen, schulterlanges, dunkelbraunes, wildgelocktes Haar, graue-blaue Augen und ein entzückendes Stupsnäschen runden das Bild ab. Na, wenn das mal kein perfektes Timing ist. Chrysantha Drakon in voller Lebensgröße.
„Hi! Ich bin Chrissie und du?“
Hmmm … Entweder weiß sie nicht, mit wem sie es zu tun hat, oder sie spielt ihm die naive Unschuld vom Lande nur vor. Aber das kann er auch. Mit leichtem texanischen Akzent gibt er den vergleichbaren Mechanikertrottel und achtet darauf, die Gesichtsseite mit seinen Tattoos im Schatten verborgen zu halten.
„Was kann ich für sie tun, Miss?“
„Nix weiter. Ich wollte nur wissen, was du am Auto meiner Freundin machst.“
„Ihrer Freundin?“
„Jepp. Ariane Rosenthal.“
„Der Wagen ist das letzte Mal nicht angesprungen. Da hat mich Miss Rosenthal beauftragt, ihn zur Werkstatt zu bringen und ihr einen Ersatzwagen hinzustellen.“
„Ach ja? Welchen denn?“
„Dahinten. Der mintgrüne Fiat.“
„Ach so. Dann ist das wohl in Ordnung, denke ich. Und wie war noch gleich dein Name?“
Nun wird’s kritisch. Entweder weiß sie noch nicht, wie die rechte Hand von Sirrusch aussieht oder sie lässt ihn jetzt voll auflaufen.
„Meine Freunde rufen mich Big T, Miss.“
„Na dann, Big T, sei vorsichtig mit dem Käferchen. Meine Freundin hängt sehr an ihm.“
Und mit einem knappen Kopfnicken dreht sie sich um und hüpft davon. Verdammt! Sie HÜPFT! Wie ein Kind, das sie mit ihren lächerlichen 19 Jahren in seinen Augen auch noch ist. Hüpfen! Versunken starrt er hinter ihr her, sieht ihre fröhlich wippenden Locken und kann es nicht glauben. Das Gör hat ihn perfekt abgepasst und durchgecheckt. Seufzend greift er zum Handy und informiert Tatjana in kurzen Worten über die Lage. Als er sich unwillkürlich über den Kopf streicht, zuckt er zusammen. Erstes Aufeinandertreffen und er hat eine dicke Beule. Na, wenn das mal kein Omen ist …
D en Wagen kurzzuschließen ist eine seiner leichtesten Übungen. Leise schnurrend springt der Motor an und umhüllt ihn mit dem so typischen klingelnden Käfer-Sound. Eindeutig. Dieses Auto wurde liebevoll gepflegt. Sanft streichen seine großen Hände über das Lenkrad. Er kuppelt alle Gänge einmal durch und ist erstaunt, wie geschmeidig sich das Getriebe anfühlt.
„So, mein Kleiner! Dann wollen wir mal schauen, was du noch so alles drauf hast.“
Gemächlich und perfekt in seiner Rolle als Dienstleister bleibend, lenkt er den Wagen vom Parkplatz und hält sich penibel an alle Vorschriften. Dieses klingelnde Schnurren ist wirklich ein geiler Sound. Aber er wird das noch toppen können. Wenn er den ihm vorschwebenden Sportauspuff montiert hat, wird dieses kleine Schätzchen bei Bedarf knurren wie ein Löwe. Und mit der Gaseinspritzung jeden anderen Wagen abhängen können. Er wird ein wenig an der Statik und der Gewichtsverteilung feilen müssen, aber da er nicht vorhat, Morpheus wesentlich schwerer zu machen, wird er zumindest auf den ersten fünfhundert Metern jeden anderen Sportwagen abhängen können. Schlicht, weil er viel leichter ist. Und weil er ihm ein Allradgetriebe verpassen wird. Das wird seiner Herrin die Möglichkeit geben, jedem potentiellen Angreifer ihren Staub schlucken zu lassen. Kugelsicheres Glas muss er noch bestellen, aber die Karosserie wird er nur punktuell verstärken. Nur ein direkter Kopfschuss könnte Ariane vielleicht töten. Ihr restlicher Körper würde notfalls einiges einstecken. Solange … nein … er will jetzt nicht an Tahnee denken. Er hat jetzt eine andere Aufg... ?
„Verdammte Scheiße!“
Wütend hämmert er mit der Faust einmal auf das Lenkrad und Morpheus knallt ihm drei Fehlzündungen um die Ohren.
„Is ja schon gut, Kleiner! Kommt nicht wieder vor.“
Ein wenig knattert der Motor noch, aber dann beruhigt er sich nach hundert Metern. Was diese alten Schätzchen aber auch immer empfindlich sind. Seine Indian ist da nicht anders. Aber jetzt ist ihm wenigstens klar, was hier gerade passiert. Tahnee hatte mal wieder Recht. Immer hat sie letzten Endes Recht behalten. Es hat
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