Drachenelfen
aber leider… »Wenn die Majestäten sich bereitfinden könnten, den
Kurier anzuhören. Er wartet in meinem Arbeitszimmer. Fitzwarren hat um ein
Amulett gegen Erfrierungen gebeten. Ich werde es herstellen, während Ihr mit
dem Boten sprecht. Das spart Zeit.«
Eine Zusammenkunft in Trians Arbeitszimmer.
König und Königin tauschten beklommene Blicke. Anne preßte die Lippen zu einem
schmalen Strich zusammen und legte die kalte Hand in die ihres Mannes. Stephen,
mit versteinertem Gesicht, die Stirn gerunzelt, geleitete seine Frau den Gang
hinunter.
Trians Arbeitszimmer war der einzige Raum in der
Burg, wo man reden konnte, ohne Lauscher an der Wand befürchten zu müssen. Das
Schloß war eine Brutstätte für Klatsch und Intrigen. Die eine Hälfte der Dienerschaft
stand im Sold dieses oder jenes Barons. Die andere Hälfte gab ihre
Informationen aus Spaß an der Freude weiter.
Der Raum lag im hellen, luftigen Obergeschoß
eines der Türme und damit weitab vom Lärm und Trubel des höfischen Lebens.
Trian, ein junger Mann, hatte im Grunde nichts gegen Trubel einzuwenden. Sein
gutes Aussehen und liebenswerter Charme garantierten, daß er – obwohl
unverheiratet – selten eine Nacht alleine schlief außer aus eigenem Entschluß.
Keiner im ganzen Königreich tanzte so geschmeidig, und mancher Höfling hätte
ein erkleckliches Sümmchen gezahlt, um zu erfahren, wie man es anstellte. Wein
in rauhen Mengen zu vertilgen, ohne dafür büßen zu müssen.
Doch wenn Trian auch bei Nacht ausgelassen dem
Vergnügen frönte, bei Tag zeigte er ein anderes Gesicht: das eines ernsten,
pflichtbewußten Dieners des Staates. Er war dem König und der Königin unbedingt
ergeben, liebte sie als Freunde, respektierte sie als Herrscher. Er kannte all
ihre Geheimnisse und hätte zehnmal ein Vermögen machen können, indem er sein
Wissen der einen oder anderen Partei verkaufte. Lieber wäre er in den Mahlstrom
gesprungen. Und obwohl zwanzig Jahre jünger als Stephen, war Trian Ratgeber,
Minister und Mentor des älteren Mannes.
Beim Eintritt in das Arbeitszimmer sahen der
König und die Königin sich zwei Besuchern gegenüber, einem Mann und einer Frau,
von denen sie erwartet wurden. Der Mann war ein Fremder, auch wenn irgend etwas
an seinen Zügen vertraut anmutete. Die Frau kannten sie, wenn auch nicht sehr
gut, und bei ihrem Anblick wurde die Wolke, die sich aus heiterem Himmel
herabgesenkt hatte, noch bedrohlicher und schwärzer.
Die Frau erhob sich und erwies den Majestäten respektvoll
Reverenz. Stephen und Anne erwiderten die Geste mit ebensolchem Respekt, denn
obwohl die Frau und ihre Gefolgsleute die beiden als Lehnsherren anerkannt
hatten, war das mehr eine Formalität. Es ist prekär, in seinem Reich
Untertanen zu haben, die weit mächtiger sind als man selbst und mit einem Wort
das stolze Gefüge der eigenen Macht zum Einsturz bringen könnten.
»Die Majestäten kennen Lady Iridal, nehme ich
an«, sagte Trian unnötigerweise, in dem gutgemeinten Bemühen, eine entspannte
Atmosphäre zu schaffen, bevor er den vernichtenden Schlag niedersausen ließ.
Höflichkeitsfloskeln wurden ausgetauscht, man
leierte das tausendmal Gesagte herunter, ohne nachzudenken. ›Wie schön, Euch
wiederzusehen‹ und ›Es ist viel zu lange her‹ und ›Vielen Dank für das schöne
Taufgeschenk‹ – die Phrasen waren bald aufgebraucht, und unbehagliches
Schweigen erfüllte das Zimmer. Besonders als die Sprache auf ihr Töchterchen
kam, wurde Anne leichenblaß und sank auf einen Stuhl. Iridal krampfte die Hände
ineinander und schaute blicklos auf ihre verschränkten Finger. Stephen hustete,
räusperte sich und musterte unter zusammengeschobenen Brauen den Fremden. Er
versuchte sich zu erinnern, wo er den Mann schon einmal gesehen haben könnte.
»Nun, worum geht es, Trian?« verlangte er
schließlich zu wissen. »Weshalb sind wir hier? Ich nehme an, es hat nichts mit
Fitzwarren zu tun«, fügte er mit beißender Ironie hinzu. Sein Blick wanderte
zu Lady Iridal, denn obwohl sie ganz in der Nähe der Schloßburg ihren Wohnsitz
genommen hatte, kam sie nur selten zu Besuch, um sich und dem Königspaar
unwillkommene und schmerzliche Erinnerungen zu ersparen.
»Darf ich Majestät diesen Sessel anbieten?«
fragte Trian. Keiner der Anwesenden durfte sich setzen, bevor nicht der König
Platz genommen hatte.
Stephen folgte der Bitte seines Hofmagus, wenn
auch mit finsterer Miene. »Nun aber heraus
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