Drachenelfen
drängte Trian behutsam.
»Euren Sohn, Majestät«, sagte Peter, schon etwas
weinselig. »Prinz Gram. Es freut mich. Euch sagen zu können, daß er lebt. Er
hat mit mir gesprochen. Ich und die anderen schmiedeten Fluchtpläne, und ich
bot ihm an mitzukommen, aber er sagte nein, er würde zu gut bewacht. Er wäre
uns nur hinderlich. Ein wirklicher kleiner Held, Euer Sohn, auf Ehre. Das hier
hat er mir heimlich zugesteckt.« Der treue Diener zeigte auf einen Gegenstand
auf Trians Schreibtisch. »Bat mich, es seiner Mutter zu geben. Dann wüßte sie,
daß es von ihm kommt. Er hat es für sie gebastelt.«
Peter hob das Glas. Seine Hand war nicht mehr
ganz sicher, in seinen Augen schwammen Tränen. »Auf Seine Hoheit und auf die
allergnädigsten Majestäten.«
Peters verschwommener Blick hing an dem
Weinglas, deshalb bekam er nicht mit, daß die freudige Nachricht von Grams
Wiederauftauchen Stephen wie ein Hammerschlag traf. Anne starrte den
Unglücksboten mit weit aufgerissenen Augen an, ihr Gesicht war aschgrau. In
Lady Iridals Augen flackerte Hoffnung.
»Danke, Peter, das ist alles für den
Augenblick«, sagte Trian. Er umfaßte Peters Oberarm, hievte ihn vom Stuhl und
führte ihn – katzbuckelnd und schwankend – an König und Königin und
Mysteriarchin vorbei.
»Ich werde dafür sorgen, daß er sich an nichts
erinnern kann, Majestät«, versicherte der Magus mit gedämpfter Stimme. »Oh,
und darf ich empfehlen, daß niemand sonst den Wein anrührt.« Er verließ mit
Peter das Zimmer und schloß hinter ihnen beiden die Tür.
Der Magus blieb lange weg. Die Leibwache pflegte
den König nicht bis zu Trians Arbeitszimmer zu begleiten, sondern bezog in
diskreter Entfernung Posten, am anderen Ende des Ganges. Trian begleitete Peter
dorthin und übergab den angesäuselten Mann den Wachen, mit der Anweisung, ihn
irgendwo seinen Rausch ausschlafen zu lassen. Der süße Wein bewirkte, daß
Peter Hamish sich beim Erwachen nicht würde erinnern können, je im Impernon
gewesen zu sein.
Bei seiner Rückkehr stellte Trian fest, daß der
erste Schock über die Neuigkeit etwas abgeklungen war, aber die Bestürzung
hatte sich noch vertieft.
»Kann das wahr sein?« fragte Stephen. Der König
ging ruhelos auf und ab. »Ist diesem Einfaltspinsel zu trauen?«
»Allein deshalb, weil er ein Einfaltspinsel
ist«, antwortete Trian. Er legte bewußt eine gelassene Ruhe an den Tag, von
der er hoffte, daß sie auf die anderen übergriff. »Das ist ein Grund, weshalb
ich wollte, daß Ihr die Geschichte aus seinem eigenen Munde hört. Aber auf
keinen Fall ist er klug genug, eine solche Geschichte zu erfinden. Ich habe ihn
gründlich ausgehorcht und bin überzeugt, daß er nicht lügt. Und da wäre noch
dies.«
Trian nahm den Gegenstand vom Tisch, den Peter
mitgebracht hatte – ein Geschenk von Gram an seine Mutter. Trian hielt es aber
nicht Anne hin, sondern Iridal.
Sie starrte darauf, das Blut stieg ihr in die
Wangen, wich zurück, und sie war bleicher als vorher. Der Gegenstand war eine
Falkenfeder, zusammen mit bunten Perlen auf eine Lederschnur gefädelt. Eine
unschuldige Gabe, unter der Anleitung des Kindermädchens gebastelt, um ein
liebendes Mutterherz zu erfreuen. Aber dieses Federhalsband war von einem der
Magie kundigen Jungen angefertigt worden, einem Sproß von Mysteriarchen. Die
Feder war ein Amulett, ein Weg für Gram, mit seiner Mutter zu kommunizieren.
Mit seiner wirklichen Mutter. Iridal streckte eine bebende Hand aus, nahm die
Feder und hielt sie fest.
»Dies stammt von meinem Sohn«, bestätigte sie
mit brüchiger Stimme.
Trian nickte. »Ich möchte Euch bitten, mir zu
glauben, Majestäten, Lady Iridal, daß ich Euch nie dieser schmerzlichen
Situation ausgesetzt hätte, wäre ich nicht absolut sicher gewesen, daß Peter
die Wahrheit sagt. Der Junge, den er gesehen hat, ist Gram gewesen.«
Stephen zuckte bei dem in den Worten
mitschwingenden Vorwurf zusammen und murmelte leise etwas, das eine
Entschuldigung sein mochte. Er ließ sich schwer in seinen Sessel fallen, beugte
sich zu seiner Frau hinüber und ergriff ihre Hand. Iridal saß ein Stück
abseits, eine Außenseiterin.
Trian stand vor ihnen. Der Magus konstatierte
nüchtern, was sie alle wußten, sich aber vielleicht immer noch nicht
eingestanden hatten: »Gram lebt, und er befindet sich in der Gewalt der Elfen.«
»Wie ist das möglich?« Anne legte die Hand an
die Kehle, als hätte sie Angst zu
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