Drachenelfen
die Reputation der Königin, Eurer Gemahlin
unwiderruflich zerstört. Die Barone Volkarans werden fordern, daß Ihr sie
verstoßt und eine Prinzessin aus Eurem Volk heiratet. Die Barone von Ulyndia
werden selbstverständlich für Königin Anne Partei ergreifen und sich gegen Euch
erheben. Die Allianz, an deren Zustandekommen wir lange und hart gearbeitet
haben, wird auseinanderbrechen. Es droht die Gefahr eines Bürgerkriegs.«
Stephens Gesicht war grau und eingefallen. Gewöhnlich
sah man ihm seine fünfzig Jahre nicht an. Sein Körper war schlank und muskulös,
er konnte bei Turnieren jedem der jüngeren Ritter Paroli bieten und hob beim
Tjost manche der Besten aus dem Sattel. Doch jetzt saß er zusammengesunken da,
mit hängendem Kopf – plötzlich ein alter Mann.
»Wir könnten dem Volk die Wahrheit offenbaren«,
meinte Lady Iridal.
Trian wandte sich ihr zu und lächelte. »Ein
großherziges Angebot, Mylady. Ich weiß, wie schmerzlich das für Euch wäre.
Doch es würde die Situation nur verschlimmern. Die Mysteriarchen haben sehr
klug gehandelt, als sie sich nach ihrer Rückkehr aus dem Hohen Reich von der
Öffentlichkeit fernhielten. Sie führen ein zurückgezogenes Leben und fördern
nur heimlich unsere Politik. Wollt Ihr, daß Sinistrads hinterhältige
Eroberungspläne bekannt werden? Argwohn, Haß wären die Folge, man würde sich
gegen Euch wenden. Wer weiß, zu welchen Ausschreitungen es kommen könnte.«
»Dann sind wir verloren«, sagte Stephen dumpf.
»Wir müssen nachgeben.«
»Nein«, widersprach Iridal kühl. »Es gibt eine
Alternative. Gram ist meine Verantwortung. Er ist mein Sohn. Ich will ihn
wiederhaben. Ich werde mein Kind aus den Fängen der Elfen befreien.«
»Ihr wollt nach Aristagon gehen? Allein?«
Stephen nahm die Hand von der Stirn und schaute zu seinem Magus auf.
Der König brauchte die Unterstützung der
Mysteriarchen, wollte aber Trian nicht vor den Kopf stoßen. Mit einem kaum
merklichen Nicken zur Tür, forderte er den Hofmagus auf, Iridal zum Gehen zu
bewegen. Es gab Wichtiges zu besprechen, allein. »Die Frau ist verrückt
geworden«, gab er ihm durch stumme Lippenbewegungen zu verstehen.
Trian senkte verneinend die Lider. »Hört Euch
an, was sie zu sagen hat«, riet er dem König wortlos. Laut sagte er: »Ja,
Mylady? Bitte sprecht weiter.«
»Sobald es mir gelungen ist, ihn zu befreien,
werde ich mit meinem Sohn ins Hohe Reich zurückkehren. Es ist noch nicht
gänzlich unbewohnbar. Wir können dort leben, wenigstens eine Zeitlang. 49 Allein mit mir, ohne irgendwelchen
Einflüssen von draußen ausgesetzt zu sein, wird Gram umkehren von dem dunklen
Pfad, auf den sein Vater ihn geführt hat.« Sie wandte sich an Stephen. »Ihr
müßt es mich versuchen lassen, Majestät. Ihr müßt es gestatten.«
»Offen gesagt, Lady Iridal, Ihr braucht meine
Erlaubnis nicht«, antwortete Stephen geradeheraus. »Was immer Ihr tun wollt,
ich kann Euch nicht hindern. Aber dieses Vorhaben – einen Gefangenen befreien,
aus der Höhle des Löwen! Vielleicht habt ihr Mysteriarchen eine Möglichkeit
entdeckt, euch unsichtbar zu machen…«
Sowohl Anne als auch Trian bemühten sich, den Redefluß
des Königs zu unterbrechen, doch es war Iridal, die ihm ins Wort fiel.
»Ihr habt recht, Majestät«, sagte sie mit einem
schwachen, entschuldigenden Lächeln, »ich werde gehen, ob Ihr es gestattet
oder nicht. Ich frage nur aus Höflichkeit, um die guten Beziehungen zwischen
allen Beteiligten nicht zu belasten. Der Gefahren und Schwierigkeiten bin ich
mir vollauf bewußt. Ich bin nie im Elfenreich gewesen. Ich könnte mich dort
nicht zurechtfinden und weiß nicht einmal, wie ich hinkommen soll. Aber ich
werde mein Vorhaben ausführen, und ich werde keineswegs alleine sein.«
Anne griff impulsiv nach Iridals Hand und hielt
sie fest. »Auch ich würde alles tun und jede Gefahr auf mich nehmen, um mein
Kind zu finden, sollte es mir geraubt werden! Ich weiß, wie Euch zumute ist.
Ich verstehe Euch. Aber, liebe Freundin, Ihr müßt auf die Stimme der Vernunft
hören…«
»Allerdings, Lady Iridal«, bekräftigte Stephen
verdrießlich. »Vergebt mir, wenn ich erst zu schroff gewesen bin. Dieser neue
Schlag, gerade als ich dachte, alle Schwierigkeiten wären überwunden, trifft
mich hart, deshalb habe ich die Beherrschung verloren. Aber Ihr sagt, Ihr
hättet nicht vor, alleine zu gehen.« Der König hob die Schultern und ließ sie
fallen. »Lady
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