Drachenelfen
Vertreibung fanden sie eine neue Heimat im Volkaran Archipel und auf Ulyndia)
an dem Wasser teilhaben.
Niemandem wurde der Zutritt verweigert, es
brauchte keine Abgabe entrichtet zu werden. Ihre Herrschaft war gütig und
wohlmeinend, wenn auch sehr jovial. Aber die latente Bedrohung, eines Tages von
dem lebenswichtigen Naß abgeschnitten zu sein, blieb.
Die stolzen Tribuselfen empfanden es als
unerträglich, um Wasser betteln zu müssen – wie sie es sahen. Außerdem
gefiel es ihnen nicht, mit den Menschen zu teilen. Aus diesem Gegensatz
resultierte ein Bruderkrieg zwischen Tribus und Paxar, der drei Jahre währte
und damit endete, daß Tribus Paxaria eroberte.
Den entscheidenden Schlag versetzten den Paxar
die Kenkari, als sie – nach eigenem Bekunden neutral in diesem Konflikt –
insgeheim das Gewicht der Seelen in ihrer Obhut für Tribus in die Waagschale
warfen. (Die Kenkari haben das immer geleugnet. Sie behaupten, sie hätten die
Neutralität gewahrt, aber niemand, schon gar nicht die Paxar, schenkt ihnen
Glauben.)
Die Tribuselfen schleiften den Palast der Paxar
und errichteten einen größeren am selben Ort. Das Imperanon ist fast eine
Stadt für sich. Es umfaßt den Palast, die Zufluchtsgärten (ausschließlich der
kaiserlichen Familie vorbehalten), die Kathedrale d’Albedo sowie – unterirdisch
– die Hallen der Unsichtbaren.
Auch weiterhin spendeten die Sartantürme einmal
im Monat das segensreiche Wasser, aber jetzt unter Administration der
Tribuselfen. Die anderen Clans mußten eine Abgabe zahlen, vorgeblich, um die
Kosten für Wartung und Instandhaltung zu decken. Die Menschen erhielten gar
kein Wasser mehr. Infolge der neuen Regelung füllten sich die Schatztruhen des
Tribusclans, während die anderen zornentbrannt nach eigenen Wasser-quellen
suchten und sie fanden – auf Drevlin.
Unabhängig geworden, begannen auch diese Clans,
besonders die Tretar, Erfinder der berühmten Drachenschiffe, zu prosperieren.
Tribus wäre vielleicht am gedeckten Tisch verhungert, aber zu der Zeit häuften
sich die Überfälle verzweifelter Menschen auf die Wasserkoggen der Elfen.
Angesichts dieser Bedrohung von außen begruben die Clans ihren Groll, schlössen
sich zusammen und bildeten das Oribusimperium, dessen Herz das Imperanon ist.
Der Krieg gegen die Menschen nahm für die Elfen
einen günstigen Verlauf. Der Sieg war ihnen so gut wie sicher. Dann geriet ihr
fähigster und charismatischster General, Prinz Rees’ahn, unter den Einfluß
(manche sagen, in den Bann) eines Liedes, das eine schwarzhäutige Menschenfrau
sang, Rabenlerche. Das Lied rief in den Elfen die Erinnerung an die Ideale von
Paxar Kethin und Krenka-Anris. Elfen, die es hören, werden der Wahrheit inne,
erkennen die Korruption und Verderbtheit ihres diktatorischen Regimes und
wissen, ihrer Welt droht der Untergang.
Nun, die Türme der Sartan spenden immer noch Wasser,
aber Bewaffnete stehen Wache entlang der Kanäle. Es kursieren Gerüchte, daß
große Kolonnen von Menschensklaven und gefangenen Rebellen an geheimen
Aquädukten bauen, die von den Flüssen geradewegs ins Imperanon führen. Jeden
Monat ist die Menge Wasser aus den Türmen geringer als im Monat davor. Die Elfenzauberer,
nach ausführlicher Erforschung der Türme, berichten, daß aus irgendeinem
rätselhaften Grund ihre Magie im Schwinden begriffen ist.
Und niemand weiß, wie man das verhindern könnte.
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Kapitel 11
Imperanon,
Aristagon,
Mittelreich
»Das können sie nicht tun«, sagte Agah’ran
pikiert. Er fütterte einen Hargastvogel 44 mit Orangenstückchen und schaute seinen Gesprächspartner nicht an. »Sie können
das unmöglich tun.«
»Aber sie können sehr wohl, Majestät«, erwiderte
Graf Tretar, Haupt des Tretarclans 45 und zur Zeit Seiner Kaiserlichen Majestät engster Vertrauter und Ratgeber.
»Mehr noch: sie haben es getan.«
»Die Kathedrale d’Albedo geschlossen? Sie wollen
keine Seelen mehr aufnehmen? Wir weigern Uns, das zu akzeptieren.
Gebt ihnen Nachricht, Tretar, daß bei Gefahr Unseres
Mißvergnügens die Kathedrale umgehend wieder geöffnet werden muß.«
»Das ist exakt, was Ihr nicht tun solltet,
Sire.«
»Nicht tun? Erklärt Euch, Tretar.«
Agah’ran hob träge die geschminkten Augenlider, als ginge die Anstrengung fast
über seine Kräfte. Gleichzeitig streckte er mit einer Gebärde der Hilflosigkeit
die gespreizten Finger von sich. Sie waren klebrig vom Saft der Orange,
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