Drachenelfen
anderes übrig, wenn er
herausfinden wollte, wie die Dinge standen.
Sang-drax grinste. Er wußte um Haplos Gewissenskonflikt
und hatte seine Freude daran. »Alte Ängste, alter Haß, alte Vorurteile.
Flammen, die so leicht zu entfachen und fast unmöglich zu löschen sind.«
»Und du und deinesgleichen – ihr scheut keine
Mühe, sie anzufachen.«
»So ist es. Unsere Agitatoren sind für beide
Seiten tätig.
Oder sollte ich sagen, gegen beide
Seiten? Doch es macht mir nichts aus, dir zu gestehen, daß wir uns unerwarteten
Schwierigkeiten gegenübersehen. Einer der Gründe, weshalb Gram lieb und wert ist.
Ein bemerkenswert kluges Kerlchen. Macht seinem Vater alle Ehre. Und ich
meine nicht König Stephen.«
»Warum? Was habt ihr vor mit Gram? Was er euch
im Tunnel erzählt hat, war doch nichts als ein Sack voll Lügen.« Haplo fühlte
sich unbehaglich. Hatte Gram sein Wissen über das Allüberall ausgeplaudert?
»Selbstverständlich, und wir wissen, daß
er lügt. Andere jedoch nicht. Noch werden sie je dahinterkommen.«
»Fürst Xar hat den Jungen ins Herz geschlossen«,
warnte Haplo in ruhigem Ton. »Es wird ihm nicht gefallen, sollte Gram etwas
zustoßen.«
»Aha, ein Wink mit dem Zaunpfahl, für den Fall,
daß wir vorhaben, ihn auf dem Altar unserer finsteren Pläne zu opfern. Sei
versichert, Patryn, daß wir dieses Menschenkind hüten werden wie eins unserer
eigenen Jungen. Es war alles seine Idee, mußt du wissen. Und wir haben
festgestellt, daß ihr sterblichen Wesen erheblich leichter zu manipulieren
seid, wenn eure eigene Gier und euer eigenes Machtstreben als Antriebsfeder dienen.«
»Was ist das für ein Plan?«
»Nun, nun, ein paar Überraschungen muß
das Leben doch zu bieten haben. Ich möchte nicht, daß du dich langweilst.«
Am folgenden Morgen landete das Drachenschiff in
Paxaria – Land der friedvollen Seelen.
In alter Zeit waren die Paxar (Friedvolle
Seelen) der dominierende Clan im Reich der Elfen.
Der Gründer des Clans – nach der Sage – war
Paxar Kethin, der angeblich als Säugling ›vom Himmel fiel‹ und in einem
wunderschönen Tal landete, das ihm den Namen gab. Minuten waren für ihn wie
Jahre. Er wuchs im Nu zum Manne heran und faßte den Entschluß, an Ort und
Stelle eine große Stadt zu erbauen, hatte er doch bereits im Schoß der Mutter
die drei Flüsse und den Immerquell in einer Vision erblickt.
In jedem Clan von Aristagon existierte eine
ähnliche Ursprungslegende, natürlich mit typischen Abweichungen, bis auf einen
Punkt. Alle Elfen glauben, daß sie ›von oben‹ gekommen sind, was im Prinzip der
Wahrheit entspricht. Die Sartan, nach ihrer Ankunft in der Welt der Lüfte,
siedelten die Nichtigen vorerst im Hohen Reich an, während sie das Allüberall
bauten und auf ein Signal von den anderen Welten warteten. Wie man weiß, kam
das Signal nicht. Die Sartan waren gezwungen, die Nichtigen – deren
Bevölkerungszahl rapide wuchs – in Mittel und Niederreich umzusiedeln. Um die
Nichtigen mit Wasser zu versorgen (bis das Allüberall seine Arbeit aufnahm),
schufen sie den Immerquell.
Die Sartan errichteten drei hohe Türme in Fendi,
Gonster und Templor. Diese Runentürme sind durch Magie für die Aufgabe
konstruiert, Regenwasser zu speichern und zu bestimmten Zeiten in bestimmten
Mengen abzugeben. Einmal in jedem Monat öffnen sich die Fluttore, und drei
Wasserkaskaden ergießen sich durch Kanäle im Koralit, die durch Magie
abgedichtet sind, so daß nichts in dem porösen Material versickert.
Die Flüsse vereinigen sich an einem Punkt und
stürzen als grandioser Wasserfall hinab in den Immerquell
– ein unterirdisches Becken, ausgekleidet mit
Gestein von der Alten Erde. Eine Fontäne, die Elfen nennen sie Wal’eed, erhebt
sich aus der Mitte und spendet Wasser all jenen, die dessen bedürfen.
Dieses System war als Notlösung gedacht, um eine
kleine Bevölkerung zu versorgen. Aber die Nichtigen wurden zahlreicher und die
Sartan weniger. Das Wasser, einst in solchem Überfluß vorhanden, daß niemand
auf den Gedanken kam, sparsam damit umzugehen, wurde jetzt Tropfen für Tropfen
fast mit Gold aufgewogen.
Aus dem Krieg am Firmament 43 gingen die Paxarelfen, unterstützt
von den Kenkari, als stärkster Clan hervor. Sie erhoben Anspruch auf den
Immerquell und bauten dort ihren Königspalast.
Die Paxar ließen sowohl die anderen Clans als
auch die Menschen (ehemals auf Aristagon ansässig, aber nach der gewaltsamen
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