Drachenelfen
und
Majestät fühlten sich geniert.
Tretar winkte dem Valet de Chambre, der einem
Sklaven winkte, der hurtig mit einem angewärmten feuchten Tuch herbeigeeilt
kam. Agah’ran legte kraftlos die Finger darauf, und der Sklave reinigte sie
ehrerbietig.
»Die Kenkari haben nie den Treueeid geleistet.
Historisch gesehen, Majestät, waren sie stets unabhängig; sie dienten allen
Clans und schuldeten keinem Loyalität.«
»Sie haben die Entstehung des Imperiums
gebilligt.« Die Zeit für sein Mittagsschläfchen rückte heran, und bei Agah’ran
machte sich eine gewisse Verdrießlichkeit bemerkbar.
»Weil der Zusammenschluß der Clans ihren
Wünschen entsprach. Deshalb dienen sie Eurer Kaiserlichen Majestät und stehen
im Krieg mit Eurem unbotmäßigen Sohn, Rees’ahn, auf Eurer Seite. Sie
willfahrten Eurer Majestät sogar darin, ihn auszustoßen, und befahlen seinem
Weesham, ihn zu verlassen, so daß seine Seele verdammt ist, nach dem Tode
außerhalb des Gesegneten Reiches zu schmachten.«
»Ja, das alles ist Uns bekannt, Tretar. Kommt
zum Kern der Sache. Ich fühle mich erschöpft. Und Solaris ist sehr heiß heute.
Wenn ich mich nicht vorsehe, könnte es sein, daß ich anfange zu transpirieren.«
»Wenn Majestät noch eine kleine Weile Geduld mit
mir haben.« Das Zucken von Agah’rans zarter weißer Hand war das Äquivalent
einer geballten Faust bei einem gewöhnlichen Sterblichen. »Wir bedürfen der
Seelen, Tretar. Ihr wart anwesend. Ihr habt den Bericht gehört. Unser
undankbarer Sohn – mögen die Ahnen ihn verderben – führt heimliche
Verhandlungen mit diesem barbarischen Schlagetot, Stephen von Volkaran. Wenn
sie sich verbünden… Ah, seht, wie diese Aufregungen Uns zusetzen! Wir zittern.
Wir fühlen Uns schwach. Wir müssen ruhen.«
Tretar schnippte mit den Fingern. Der
Kammerdiener schnippte mit den Fingern. Sklaven nahten im Laufschritt mit
einer Portechaise. Beflissene Hände hoben Seine Kaiserliche Majestät vom Diwan
und betteten ihn in die weichen Kissen des Tragsessels. Dann wuchteten vier
kräftige Männer sich das ungefüge Gestell auf die Schultern.
Der Kammerdiener schlug die Hände über dem Kopf
zusammen. »Erbarmen!« jammerte er. »Nicht doch so heftig. Ihr stört das
Equilibrium Seiner Majestät!«
Langsam, feierlich, setzte die Portechaise sich
in Bewegung. Der Kaiserliche Weesham stand auf und ging hinterher, Graf Tretar
schloß sich an. Der Valet de Chambre umtänzelte den Sessel, falls Seine
Majestät eine Unpäßlichkeit befallen möchte. Die kleine Prozession bewegte
sich vom Garten ins Mittagszimmer des Kaisers – ein unzumutbarer Weg von etwa
zehn Schritten.
Agah’ran – ein auffallend wohlgestalteter Elf
(unter der Schminke) in den frühen Zweihunderten – war keineswegs verkrüppelt,
auch wenn bei Neulingen am Hof dieser Eindruck entstand. Seine Kaiserliche
Majestät (ein Mann in den besten Jahren, nach Elfenmaßstäben) erfreute sich im
Gegenteil bester Gesundheit. Agah’ran war durchaus fähig zu gehen und unterzog
sich der Mühe, wenn es denn erforderlich war, anschließend mußte er sich
allerdings mehrere Zyklen lang von der ungewohnten Anstrengung erholen.
In dem luxuriös ausgestatteten Gemach angelangt,
bewegte Agah’ran matt die beringten Finger einer schlaffen Hand.
»Seine Majestät wünschen anzuhalten«,
dolmetschte Tretar.
Der Kammerdiener gab die Anweisung des Grafen
weiter.
Die Sklaven gehorchten und senkten den Stuhl zu
Boden – langsam, um Seiner Majestät kein Unbehagen zu verursachen. Der Kaiser
wurde herausgehoben und in einen Sessel gesetzt, von welchem er den Garten überblicken
konnte.
»Eine Winzigkeit mehr nach links. Wir empfinden
den Ausblick erheblich weniger ennuyant aus diesem Winkel. Man soll heiße
Schokolade bringen. Ihr auch eine Schale, Tretar?«
»Ich bin geehrt, daß Eure Kaiserliche Majestät
geruhen, an mich zu denken.« Graf Tretar verneigte sich. Er verabscheute heiße
Schokolade, doch nicht im Traum hätte er daran gedacht, den Kaiser durch eine
Ablehnung zu brüskieren.
Der Kammerdiener machte sich an einem Samowar zu
schaffen. Der Weesham, dem sichtlich unbehaglich zumute war (aus gutem Grund,
schließlich drehte sich das Gespräch um seine Mentoren und wahren Meister, die
Kenkari), entdeckte die Möglichkeit, sich mit Anstand aus der Affäre zu
ziehen, und nutzte sie. »Ich fürchte, die Schokolade ist nicht mehr heiß genug,
Majestät. Erlaubt mir, in der
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