Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)
verführt, mich gegen dich aufzulehnen«, rief er in weinerlichem Ton. »Ich vertraue deiner Gnade und gebe mich …« Ein Wurfspeer traf den Satrapen in die Brust und nagelte ihn an die Tür.
»Verrecke, Verräter«, rief Ormu. Bevor Artax ihn daran hindern konnte, hatte der hagere Jäger einen zweiten Wurfspeer aufgehoben und ging dem sterbenden Satrapen entgegen. »Deinetwegen sind viele mutige Männer gestorben. Männer, die Garagum Ehre bereitet hätten. Du wirst nicht auf den Mulawa getragen werden, um auf der Tafel des Himmels zu liegen, damit dein Fleisch die Adler speist. Ich werde deinen Leichnam in Stücke hacken und an die Wölfe in den Bergwäldern verfüttern.«
»Genug!« Artax griff nach dem Arm des Jägers. »Wir haben gesiegt. Das Sterben soll ein Ende haben.« Dann humpelte er zu Mataan zurück und kniete neben seinem Gefährten nieder. Die Augenlider des Fischerfürsten flatterten. Er war leichenblass.
»Halt durch. Das wird dich nicht umbringen. Hörst du? Ich befehle dir …«
Mataan lächelte matt. Seine Lippen bebten, als er zu sprechen versuchte. Artax beugte sich vor, um die geflüsterten Worte verstehen zu können.
»Es war eine lange Reise von Kyrna nach Kush …«
»Und wir werden noch viel weiter zusammen gehen.« Das durfte nicht sein. Artax griff nach der Hand seines Freundes und drückte sie fest. Er durfte nicht noch einen Weggefährten verlieren! Wir werden …«
»Priestermörder!« Die Stimme war nicht sehr laut und doch be fehlsgewohnt. Eine Stimme, die alle auf dem Hof der Burg schweigen ließ. Ein alter Mann trat durch die Tür, an die der Leichnam des Bessos genagelt war. Langes, weißes Haar fiel ihm bis über die Schultern. Sein üppiger Bart war mit Blutspritzern besudelt. Er hielt einen Dolch in Händen. Die Klinge umklammert, den Griff vorgestreckt, als Zeichen, dass er sich ergeben wollte.
»Ich bin Eleasar, der Satrap und Hohepriester von Nari. Der Vater von Barnaba, der ein Vertrauter des Hohepriesters Abir Ataš war, den du foltern und töten ließest. Mein Sohn wurde von deinen Schlächtern gehetzt wie ein tollwütiger Hund und liegt nun irgendwo in einem namenlosen Grab.« Während er sprach, kam der alte Mann näher. Alle Blicke hatten sich auf ihn gerichtet. Immer noch war es totenstill auf dem Burghof.
Artax ließ die Hand Mataans los und stemmte sich mit Hilfe des zersplitterten Speerschaftes hoch. Ein Schmerz, der ihm Tränen in die Augen trieb, fuhr durch sein verletztes Bein. Aber er wollte nicht vor dem Alten knien, dessen Zunge Gift spritzte.
»Ich verfluche dich, Mörder. Aaron mit den blutigen Händen. Möge ein grausamer Tod all jene ereilen, die dein Herz erfreuen.«
»Schweig!«, fuhr Artax ihn aufgebracht an. »Wie kannst du es wagen!«
Eleasar war nur noch drei Schritt entfernt. Er hielt ihm das Messer hin. »Bring mich zum Schweigen, so wie du es mit allen tust, die dir im Wege stehen, Aaron mit den blutigen Händen. Nur tu es diesmal selbst, und schicke nicht deine Lakaien.«
»Der Alte ist verrückt«, rief Artax, um den Beleidigungen Eleasars etwas entgegenzuhalten.
Eleasar stand nun unmittelbar vor ihm. »Komm, nimm das Messer, oder fürchtest du dich vor einem Greis?«
Artax packte nach dem Griff der Waffe und zog daran, um sie dem Satrapen aus den Händen zu reißen. Doch die drahtigen Finger Eleasars hielten die Klinge fest umklammert. Erst im letzten Augenblick, in dem er Artax entgegenstürzte, ließ Eleasar die Waffe los. Mit einem schrecklichen Geräusch bohrte sich der Dolch unter dem Rippenbogen in den ausgezehrten Leib des Satrapen von Nari.
»Greisenmörder!«, schrie er mit erstaunlich lauter Stimme, wobei seine kalten, grauen Augen Artax gefangen hielten. Der Unsterbliche glaubte, Triumph in dem brechenden Blick zu lesen. »Dich kann ich nicht töten, aber deinen Ruf …«, hauchte Eleasar mit seinem letzten Atemzug.
Artax ließ den Toten zu Boden sinken und starrte fassungslos auf den Fanatiker herab. Dann schüttelte er den Kopf. Er verstand nicht, was gerade geschehen war. Aufgewühlt wandte er sich wieder Mataan zu: »Halte durch, mein Freund. Ich lasse unsere besten Wundärzte aus dem Lager am Adlerpass holen.« Er kniete sich neben seinen Kameraden. »Halt durch!«, beschwor er ihn noch einmal. »Ich werde bei dir in diesem verfluchten Felsennest bleiben, bis du wieder reisen kannst. Unser gemeinsamer Weg endet hier noch nicht.«
Der Fischerfürst lächelte matt. Seine Lippen hatten alle Farbe verloren.
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