Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)
Steilwand anging. Bamiyan brannte vor Begeisterung. An einem Seil mit dem Unsterblichen gegangen zu sein würde ihn zur Legende unter den Stämmen von Garagum machen. Er war ein guter Kletterer und hatte Artax mehr als einmal weitergeholfen, als dieser glaubte, einen glatten Felsabschnitt nicht überwinden zu können oder an einem Überhang scheitern zu müssen.
Jetzt schien der Gipfel zum Greifen nahe. Waren es noch zehn Schritt? Oder weniger? Artax hatte sich den ganzen Tag über ständig geirrt. Mit der Wange an die feuchte Steilwand gepresst nach oben zu starren verzerrte die Wahrnehmung. Die Wege erschienen länger. Vielleicht waren es auch weniger als zehn Schritt. Das wäre besser! Er war fast am Ende seiner Kräfte, und im Augenblick stand er auf einem bröckelnden Sims, das ihn nicht mehr lange tragen würde. Der Felsen hier oben war stärker verwittert als unten am Fuß des Berges, und so war es immer schwerer geworden, einen sicheren Stand zu finden.
Aus dem Augenwinkel sah er, wie Bamiyan einen der schmalen Bronzedolche aus den Lederschlaufen seines Gürtels zog, während er sich gleichzeitig mit der Linken an einer kleinen Felsnase festkrallte. Es war sein letzter Dolch. Wenn sie noch eine weitere Kletterhilfe bräuchten, müssten sie das Kurzschwert des Jägers nehmen.
Artax kaute nervös auf dem Lederknebel in seinem Mund. Nur ein kurzes Stück noch, und er würde dieses Ding loswerden. Das Leder schmeckte säuerlich und ließ seinen Speichel im Mund zusammenlaufen. Immer wieder hatte er würgen müssen und sich voller Panik vorgestellt, was geschehen würde, sollte er sich erbrechen müssen. Er würde dann ersticken!
Bamiyan rammte den Dolch in einen schmalen Spalt, zog den mit Lumpen umwickelten Hammer aus seinem Gürtel und schlug auf den Knauf der Waffe, bis die Klinge wirklich fest im Fels saß. Mit selbstsicherem Lächeln wandte er sich zu Artax um und schob den Hammer zurück in den Gürtel. In diesem Augenblick brach die Felsnase, an der er sich mit der Linken festgehalten hatte. Der Junge stürzte an Artax vorbei. Dann gab es einen heftigen Schlag ins Seil.
Der Ruck hätte Artax fast von dem Felssims gerissen, auf dem er stand. Der Unsterbliche presste sich mit der Brust an den Stein. Seine Finger tasteten nach Halt. Aber da war nichts. Die Wand war glatt wie eine frisch verputzte Mauer. Artax spürte, wie das Sims unter ihm nachgab. Abbröckelndes Gestein stürzte klackernd in die Tiefe.
Bamiyan schwang drei Schritt unter dem Unsterblichen vor dem blanken Fels. Blut troff aus einer Wunde an seiner Stirn und rann ihm in die Augen. Er blinzelte, versuchte verzweifelt, einen Ausweg zu finden. Der nächste sichere Griff lag ein gutes Stück rechts von ihm. Er streckte sich. Zu kurz! Es fehlte fast eine Armlänge.
Das Seil schnitt in Artax’ Hüften. Er wagte es nicht, seine Hände vom Fels zu lösen, um nach dem Seil zu packen und Bamiyan hochzuziehen. Sein Stand war zu unsicher. Ständig bröckelte weiter Gestein von seinem Sims ab, und er musste Zoll um Zoll zur Seite weichen. Dabei wurde das Sims zur Seite hin immer schmaler. Ein Fußbreit blieb ihm noch, bevor es ganz mit der Felswand verschmolz. Selbst wenn Bamiyan sich aus eigener Kraft am Seil hinaufziehen könnte, hier wäre kein Platz für sie beide.
Artax dachte fieberhaft nach, wie er sie retten könnte. Schließlich versuchte er, mit den Hüften zu schwingen, um das Seil in eine Pendelbewegung zu versetzen. Bamiyan erkannte seine Absicht und streckte sich verzweifelt, doch es gelang ihm nicht, den Dolchgriff zu erreichen, der aus dem Fels ragte. Die Männer unter ihnen wichen zur Seite hin aus. Es war überdeutlich, dass sie beide bald abstürzen würden.
Artax biss die Zähne zusammen, drückte sich noch fester an den Fels und stellte sich vor, dass er mit dem Gestein verschmolz. Er würde nicht stürzen, wiederholte er in Gedanken immer wieder. Er würde nicht stürzen!
Das Seil pendelte nun immer stärker. Mit jedem Ausschlag wurde die Kraft größer, die an ihm zerrte. Er wollte in die Knie ge hen, doch inzwischen war kaum noch etwas von dem Sims übrig. Er wusste, er würde das Seil durchschneiden müssen, wenn er nicht mit dem jungen Jäger zusammen in den Abgrund stürzen wollte.
Verzweifelt blickte er zu Bamiyan hinab. Ein letzter Pendelschwung noch …
Da sah er, wie Bamiyan sich am äußersten Ende des Pendelschwungs mit der Hand in den Fels krallte, sich streckte und endlich seine Fingerspitzen den Dolchgriff
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