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Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)

Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)

Titel: Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Strohballen den Abhang hinabgeschleudert. Die Aufmerksamkeit der meisten Wachen war ganz auf die Felszunge gelenkt. Ohne zu zögern, lief Nodon über die freie Fläche vor dem Turm. Der Wach posten oben hatte ihn kommen sehen. Nodon hörte, wie die Falltür zur Turmplattform zuschlug. Er hielt sich nicht damit auf, die Leiter zu nehmen.
    Der Turm war aus großen, grob verfugten Steinquadern errichtet. Ohne Mühe fanden Nodons Finger Halt. Er kletterte bis zur Brüstung. Dort stand der Letzte der Turmwächter auf der Falltür und starrte auf seine Füße hinab. So ein Idiot! Lautlos schwang sich der Elf über die Brüstung und enthauptete den Menschensohn, der nicht einmal mitbekam, auf welchem Weg der Tod zu ihm gekommen war.
    Nodon rollte den Toten gerade von der Falltür, um sie zu öffnen, als ihn ein Geräusch innehalten ließ. Da war wieder das metallische Klirren. Geduckt schlich er zu der Seite der Brustwehr, die dem Weltenmund zugewandt war, und spähte über den Mauerrand. Weit unten, an der Grenze des Nebels, stand etwas und blickte zu ihm hinauf. Es wusste, dass er da war. Große, bernsteinfarbene Augen sahen ihn aus einer goldenen Raubtierfratze an. Einen Herzschlag lang, dann zog sich das Ungeheuer in den Nebel zurück. Nodon ahnte, dass ihn diese Bestie so leicht töten könnte, wie er die Menschenkinder gemordet hatte.
    Warum war sie nicht zu ihm heraufgekommen? Er konnte es sich nicht erklären.
    »Ich weiß nicht, was du bist«, murmelte er und dachte an die Kralle aus Obsidian, die er nach dem Angriff im Weltenmund aufgehoben hatte. »Aber ich weiß, wer deine fliegenden Diener sind.«

M it dem Schicksal feilschen
    Volodi erwachte von dem Gefühl, beobachtet zu werden. Eine Zeitlang blieb er reglos liegen und lauschte auf den regelmäßigen Atem Quetzallis, die neben ihm zusammengerollt unter der Decke lag. Feuchte, warme Luft drang durch das offene Fenster. Es war noch dunkel. Der melancholische Ruf einer Rohrdommel tönte von den Seen in den Gärten herüber.
    Etwas bewegte sich in den Schatten bei der Treppe. Ichtaca, sein Diener, stand dort. Lautlos erhob sich Volodi aus dem Bett. Der Holzboden knarrte unter seinen Schritten. Quetzallis Atmen hatte sich verändert. Sie drehte sich auf die andere Seite. Hatte auch sie etwas bemerkt, und tat sie nur so, als würde sie weiterschlafen?
    Volodi folgte dem Zapote die Treppe hinab. »Es tut mir leid, Auserwählter«, flüsterte er. »Ihr werdet zur Schlange berufen.«
    »Nein …« Volodi schüttelte noch leicht schlaftrunken den Kopf. »Nein. Es sind noch zehn Tage bis zum nächsten Opfer. Das muss ein Irrtum sein!«
    Der kleine Diener schüttelte traurig den Kopf. »Nein, Auserwählter. Ein Priester war hier. Alle Auserwählten werden gerufen. Irgendetwas muss vorgefallen sein. Es kommt nur sehr selten vor, dass die Gefiederte Schlange außerhalb der vorbestimmten Festtage ein Opfer verlangt.«
    Wieder hallte der Ruf der Rohrdommel durch den nächtlichen Park. Diesmal klang er in Volodis Ohren wie ein Totenruf. Er schüttelte die dunklen Gedanken ab und streifte die Tunika über, die ihm der Zapote entgegenstreckte. »Kümmere dich um Quet zalli, wenn sie erwacht. Ich bin kurz nach dem Morgengrauen zurück.«
    »Gewiss, Auserwählter.«
    »Sag nicht immer Auserwählter zu mir. Ich bin ein Gast in diesen Gärten, hörst du? Ein Gast! Und bis ich auserwählt werde, wird es hoffentlich noch sehr lange dauern.« Mit diesen Worten verließ er das kleine Haus.
    Den Weg durch den Garten kannte er inzwischen gut. Irgendwo hinter den Bäumen erklangen Schreie. Die Jaguarmänner waren gekommen, einen zu holen, der nicht aus freien Stücken ging, einen, der sich nicht darin fügen wollte, dass die Schlange sie zu einem Extratanz gefordert hatte.
    Volodi war in viele Kämpfe gezogen. Und genau wie vor einer Schlacht hatte er nun dieses Gefühl im Bauch. Dieses unruhige Rumoren. Vor einem Kampf hatte er stets die Illusion, dass es an ihm lag, ob er überlebte. An seinem Können, daran, dass er schneller mit der Klinge war als andere oder einfach nur mehr schmutzige Tricks kannte. Aber hier … Was gleich geschehen würde, konnte er nicht beeinflussen. Er hätte auch rebelliert, wenn er nicht genau gewusst hätte, wie aussichtslos es war, sich mit den Jaguarmännern anzulegen.
    Bisher hatten die Regeln ihrem Leben an der Schwelle des Todes einen Rest von Halt gegeben. Es war ungerecht, heute, da kein Festtag war, mit einem Leben zahlen zu müssen.
    Volodi

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