Drachenelfen
wollten sie lieber geführt werden. Und diese Führung sollten sie in Zukunft auch bekommen.
Aus dem Augenwinkel bemerkte er eine Bewegung. Silberzunge! Er wollte ein Wort der Macht sprechen, um sie in der Luft stillstehen zu lassen. Es lag ihm auf den Lippen ⦠Doch dann besann ER sich eines Besseren. ER durfte hier keinen Zauber weben, der leichten Rückschluss auf seinen wahren Urheber erlaubte.
ER drehte sich um. Die Blütenfee versuchte zu fliehen. Lächelnd hob ER einen Stein auf. Es war dumm gewesen, so kleine und zerbrechliche Geschöpfe zu erschaffen. ER traf sie mitten im Flug. Der Stein zerschmetterte ihre Flügel.
ER ging zu ihr hinüber und hob sie mit spitzen Fingern auf. ER sollte sie nicht zurücklassen. Den Stein schleuderte ER fort in ein Dickicht aus Brombeerranken. Die Blütenfee stopfte er in eine der weiten Taschen seines Gewandes. Er musste sich beeilen. Die Albe war tot. Hatten ihre Brüder und Schwestern ihr Sterben vielleicht gespürt?
Er sprach das Wort der Macht, wob jenen fremden, neuen Zauber, den ER an der Mammutkuh erprobt hatte. Beiläufig schob ER sich den blutigen Dolch in den Gürtel. Feiner Nebel umsponn die
Leiche. Es war ganz ähnlich wie bei dem Mammut, obgleich sie göttergleiche Kräfte besessen hatte.
Zuletzt blieb nur ein Stein. Ganz ohne magische Aura und kleiner als der Stein, den die Mammutkuh hinterlassen hatte. ER hob ihn auf und drehte ihn zwischen den Fingern. Noch mochte ER nicht ganz glauben, dass IHM die Rebellion gegen SEINE Schöpfer geglückt war. Es war so leicht gewesen!
Unschlüssig sah ER zu dem silbernen Licht unter der nahen Eiche. Ein Lichtstrahl aus einer anderen Welt. Verlockend ⦠ER zupfte Silberzunge aus seiner Tasche. Sie bewegte sich schwach zwischen seinen Fingern. Blut sickerte über ihre Lippen. Das Leben verlieà sie. ER schleuderte sie ins Mondlicht. Wie von unsichtbarer Hand gehalten, schwebte sie mit ihren zerbrochenen Flügeln inmitten der silbernen Lichtbahn. Statt Schmerz spiegelte sich nun Verzückung in ihren Zügen. Was sah sie? Langsam verblasste sie, so wie ein Schatten, wenn die Sonne hinter Wolken verschwand.
Dieses Geheimnis würde ER nicht ergründen! Widerstrebend wandte ER sich ab. Es war schwer, der Verlockung zu widerstehen. Wie hatte sie es geschafft, hier zu leben? ER jedenfalls wäre hinaus in die Welt gegangen.
Beklommen machte ER sich auf den Weg zurück zur magischen Pforte. ER musste seine Spur verwischen, musste durch viele Albensterne gehen. Seine erste Reise würde IHN in eines der Höhlensysteme der Getwerg führen.
Mit einem Anflug von Traurigkeit sah er sich um. Er hatte das Gefühl, dass der Hain seinen Glanz verloren hatte. Ein Stück Schönheit war aus der Welt gerissen. Für immer. So zu denken war sentimental!
Herrscher durften sich solchen Luxus nicht leisten.
Und ER war ein Herrscher.
A UFBRUCH
Artax blickte auf die Kolonne der Priester, die in Ketten an ihm vorübergeführt wurden. Es waren mehr als nur jene, die auf der Terrasse versammelt gewesen waren.
»Wo ist Abir Ataš?«
Juba, der in der Rüstung eines Kriegsmeisters neben ihm stand, sah ihn seltsam an, dann zuckte er mit den Schultern. »Gestorben. Wir haben ihn nicht einmal besonders hart angefasst. Der Hohepriester war alt. Ich glaube, sein Herz hat vor Angst aufgehört zu schlagen. Abir Ataš war eine Natter. Er ist kein Verlust für Euch, Herr.«
Artax schluckte. Das war nicht, was er gewollt hatte. Er wollte keine Blutherrschaft. Dass der alte Hohepriester eine umfassende Verschwörung gegen ihn angezettelt hatte, wusste Artax mittlerweile â und auch, dass deren Ursprünge bis zu Aarons Lebzeiten zurückreichten. Die Priesterschaft der geflügelten Sonne hatte nicht weniger geplant, als ihn zu entmachten. Er wäre noch Herrscher geblieben, aber sie hatten versucht, die Kontrolle über Steuereinnahmen und Truppen zu übernehmen.
Sieben Wochen waren seit dem Duell mit Muwatta vergangen, und Artax war noch immer geschwächt von der Verletzung. Anfangs hatte er gehofft, der Devanthar würde ihn heilen. Er war ein Gott, es hätte ihn gewiss nicht mehr als ein Fingerschnippen gekostet. Aber der Löwenhäuptige tat nichts dergleichen. Er war einige Male zu Besuch an seinem Krankenlager gewesen. Sogar die Geflügelte, Išta, war einmal gekommen. Sie hatte kein Wort gesprochen, sondern ihn nur
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