Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drachenelfen

Drachenelfen

Titel: Drachenelfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
Vom Netzwerk:
Steinen. Niemand würde ihn je wiederfinden.
    Aber mit diesem Fürsten hier war es anders. Wenn sie hatte, was sie wollte, würde sie ihn nicht töten, sondern gezeichnet zurücklassen. Der Drache wollte es so – und auch ihr gefiel der Gedanke an den Schrecken, den der Krieger noch verbreiten würde, ehe er starb.
    Die Elfe ging weiter, folgte dem dumpfen Klang. Jetzt waren ähnliche Laute auch aus anderen Richtungen zu hören. Sie klangen unwirklich. Nicht ganz in der Welt der Lebenden verhaftet. Es waren die Totenbäume.
    Lyvianne duckte sich unter einer gestürzten Eiche hinweg, deren verschlungenes Wurzelwerk selbst im Tod noch den mächtigen Brocken Erde umklammert hielt, den sie bei ihrem Fall aus dem Waldboden gerissen hatte.
    Die Elfe verharrte neben dem Stamm. Sie wusste, dass das Heiligtum auf der Lichtung keine zwanzig Schritt mehr entfernt war, auch wenn die treibenden Nebelschleier es vor ihren Blicken verbargen.
    Zwischen Bäumen, deren Kronen gekappt waren, lag dort das Heiligtum. Es war ein Labyrinth aus miteinander verflochtenem Astwerk. Ein Teil dieser Äste lebte sogar noch. Lyvianne hatte sich dort nie hineingewagt. Der Ort war durchdrungen von fremder Magie. Ihr Opfer dort zu stellen wäre äußerst leichtfertig. Hier draußen war es vergleichsweise sicher.
    Sie lehnte an einem efeuüberwucherten Fels und wartete. Der Weg zurück zur Siedlung würde den Krieger an ihr vorbeiführen.
Ein Bild war in den Steinblock geschnitten. Grobe Linien. Sie zeigten eine geflügelte Frau, die mit einem Speer hinabstieß. Die Spitze der Waffe war unter dem Efeu verborgen. Welches Ungeheuer dieses Weib wohl bekämpfte? Sollte sie eine Devanthar sein? Lyvianne war versucht, den Efeu abzureißen … Dann entschied sie sich dagegen. Es war klüger, möglichst wenig Spuren zu hinterlassen.
    Sie wandte ihre Aufmerksamkeit einer gestürzten Eiche zu und betrachtete die zersplitterten Totengerüste im Astwerk. Ein Schädel, von dem neben vertrockneten Hautfetzen auch Strähnen schlohweißen Haares hingen, lag so nah, dass sie ihn mit dem Fuß hätte berühren können. Von blaugrüner Patina überzogene Bronzeröhren mischten sich mit zersplitterten Rippen. In den Totenbäumen hingen Windspiele, die bei der leisesten Brise ihr geisterhaftes Klagen anstimmten. Wie viele der Bauern wohl wussten, woher die unheimlichen Laute im Wald rührten? Ihr Schweinehirt jedenfalls hatte es nicht gewusst. Der war der Überzeugung gewesen, dass in diesen Wäldern die Toten zu den Lebenden sprachen.
    Plätscherndes Wasser störte die Stille im Geisterwald. Der Krieger hatte mit der rituellen Waschung begonnen. Oder vergossen sie einfach nur Wasser? Wer wusste schon um die Bräuche von Barbaren. Ihr Schweinehirt nicht; der war niemals im Inneren des Labyrinths aus geflochtenen Ästen gewesen. Bald, sehr bald würde sie durch den Krieger auf das verbotene Heiligtum blicken.
    Lyvianne schloss die Augen und wurde eins mit dem Wald um sie herum. Mit dem Gras unter ihren Füßen, dem Gewürm und den Käfern unter der Rinde der gefallenen Eiche. Mit der Maus, die ein Stück links von ihr am Eingang ihrer Höhle lauerte. Sie spürte alles Leben. Langsam weitete sie den Radius aus. Sie veränderte das Muster der Magie um sich herum nicht. Sie nahm es in sich auf. Jetzt spürte sie den Krieger. Sogar seinen kraftvollen Herzschlag. Er zog gerade seine schlecht geschnittene Hose hoch.
Mitten in der Bewegung hielt er inne, als spüre er ihre Anwesenheit. Er geriet aus der Balance. Hüpfend kämpfte er mit seiner Hose.
    Die Elfe entschied sich, ihm ein Stück entgegenzugehen. Der Wald verschwamm ihr vor den Augen. Ihr Atem ging keuchend. Ihr Körper gehorchte ihr nicht länger. Sie brach in die Knie. Sie zitterte am ganzen Leib. Nicht jetzt, war ihr letzter Gedanke, bevor sich der Nebel hastig zurückzog. Die Lichtung war verändert. Der Tempel lag nun auf einem flachen Hügel. Die geköpften Baumstämme waren ihrer Rinde beraubt, sodass ihr Holz knochengleich in der Nacht schimmerte. Einige der Stämme waren mit Schnitzwerk überzogen. Primitive Arbeiten, die falsch proportionierte, überlange Menschen zeigten, Tiere auf Stelzenbeinen und Blüten. Auch schienen Schriftzeichen in das Holz gekerbt zu sein.
    Der Wald ringsherum war verändert. Dichter. Von den Bäumen hingen Stoffstreifen,

Weitere Kostenlose Bücher