Drachenelfen
mangelt es dir wenigstens nicht. Also dann â morgen zur Mittagsstunde auf dem Hof. Und nun folgt uns auf eure Zimmer. Ihr werdet noch ein leichtes Abendmahl gebracht bekommen. Danach solltet ihr euch früh zur Ruhe begeben. Wir stehen hier mit dem ersten Morgenlicht auf.«
Die Elfe drehte sich auf dem Absatz um.
Im ersten Stock führte sie ihr Weg auf einen weiten Gang, von dem etliche Türen abgingen. Die Wände hingen so voller gerahmter Bilder, dass Nandalee kaum einmal eine Handbreit weiÃen Putz sehen konnte. Sie zeigten Elfen, aber auch gedeckte Tische oder Landschaften. Es gab keine einzige Kampfszene. Alles in allem fand Nandalee den Wandschmuck ausgesprochen langweilig.
Gonvalon hielt unvermittelt vor einer der Türen. In das Holz war ein stilisierter Hirsch geschnitten, der dem Totemzeichen ihrer Sippe ähnelte. »Dies ist dein Zimmer, Nandalee. Du wirst hier viele Jahre lang leben. Wenn dir etwas nicht gefällt, darfst du es verändern.«
Sie strich über den Hirsch auf dem polierten Holz und kämpfte
gegen die Erinnerungen an. Sie verspürte Heimweh. Wie es Duadan wohl ergangen war?
Plötzlich wurde sie sich bewusst, dass Gonvalon sie beobachtete. Ihm wollte sie keine BlöÃe zeigen. Dass sie nackt vor ihm gestanden hatte, genügte; er musste nicht auch noch auf den Grund ihrer Seele blicken. Sie stieà die Tür auf.
Das Zimmer war überraschend groÃ. Drei schmale Bogenfenster erlaubten ihr, auf das Tal hinauszublicken. Darunter stand eine groÃe Truhe. Ein Bett nahm die Wand links von ihr ein. Darüber gab es ein Regalbrett. Erfreulicherweise hing keines der lächerlichen Bilder in diesem Zimmer. Ein Tisch mit zwei Stühlen rundete die Einrichtung ab. Es gab viel freien Platz. Die Möbel lieÃen den Raum nicht eng erscheinen. Nichts war verschnörkelt. Die Wände waren so weiÃ, als seien sie eben erst neu getüncht worden.
»Gut«, sagte sie leicht angespannt. Je weniger sie sprach, desto weniger unbeabsichtigte Beleidigungen kämen ihr über die Lippen. Hier war es besser als beim Schwebenden Meister. Sie wollte hier ihren Frieden haben.
Gonvalon verabschiedete sich knapp und schloss hinter sich die Tür. Nandalee ging zu den Fenstern. Es war ihr zu warm. Auch kam ihr die Luft ein wenig stickig vor. Neugierig betastete sie das Glas in den Fensterrahmen. Es war fast ganz eben. Sie hatte davon gehört, dass es Scheiben aus ganz klarem Glas geben sollte, aber noch nie welche gesehen. Sie fragte sich, wie man die Fenster wohl öffnete. Vorsichtig drückte sie gegen die Scheibe. Der hölzerne Rahmen knirschte leise. Erschrocken zuckte sie zurück. Sie wollte nichts kaputtmachen.
Unschlüssig, was sie als Nächstes tun sollte, setzte sie sich auf das Bett. Es bog sich unter ihr durch. Verblüfft lieà sie sich nach hinten fallen. Die Matratze war unglaublich weich! Sie war bestimmt nicht mit Stroh gefüllt. Sie wälzte sich nach rechts. Dann nach links. Ob sie darauf schlafen könnte? Sie blickte zum FuÃboden. Die Dielenbretter wären vielleicht gemütlicher.
Die Tür schwang auf und ein Kobold trat ein. Er balancierte ein groÃes, mit einem Tuch bedecktes Tablett auf den Armen. Ohne ihr Beachtung zu schenken, ging er hinüber zum Tisch und stellte das Tablett ab. »Wasserkrug kommt noch«, murmelte er und zog mit wohl einstudierter Geste das Tuch zurück. Auf dem Holzbrett lagen ein Kanten Brot, ein Stück Käse und ein Apfel. Bei dem Auftritt hatte Nandalee mehr erwartet.
»Was nicht in Ordnung?«, fragte der Kobold, als habe er ihre Gedanken gelesen.
»Das Bett ist zu weich.«
Er legte den Kopf schief und sah sie durchdringend an. Der Kobold hatte eine dunkle, wettergegerbte Haut und eine Nase, die wie ein Messer aus seinem Gesicht stach. Auf seinen schmalen Lippen spielte ein verschlagenes Lächeln. »Soll ich dir einen Felsbrocken als Nachtlager bringen, damit du es gemütlicher hast?«
»Mit weniger als Granit werde ich nicht zufrieden sein. Und der Fels sollte eine schön unregelmäÃige Oberfläche haben.«
Sein Lächeln wurde breiter. »Erst mal gibt es Wasser.« Mit diesen Worten verschwand er.
Als er wenig später wiederkehrte, grinste er sie immer noch an, sagte aber nichts mehr. Nandalee fragte sich, ob sie einen Fehler gemacht hatte. Sie kannte Geschichten über Kobolde. Angeblich war das kleine Volk stets zu
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