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Drachenelfen

Drachenelfen

Titel: Drachenelfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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schob die Füße in die Lederriemen auf den flachen Pedalen und wartete wie alle anderen auf den Befehl des Steuermanns.
    Ein dumpfer Schlag auf die Außenhülle des Aals war das Zeichen, dass alle Leinen gelöst waren. »Dann mal los!«, rief der Steuermann, und sie alle zugleich begannen die Kurbel, die sich längs durch den Aal zog, in Bewegung zu setzen. Obwohl sie schwarz
von Öl glänzte, begleitete ein schleifendes Geräusch die Drehungen. Es würde die ganze Fahrt über nicht verstummen.
    ER wappnete sich mit Geduld. Etwas mehr als einen Tag musste ER durchhalten. IHM konnte nichts geschehen, sagte ER sich. ER war hier in Sicherheit. Und doch fühlte ER sich ein wenig unwohl. Das machte einen Teil am Reiz dieser Reisen aus. SEIN Leben war zu sicher, zu vorhersehbar. Seit ER begonnen hatte, an seinem großen Plan zu arbeiten, hatte sich das von Grund auf geändert. ER würde die Welt neu formen.
    Ãœber IHM erklang ein Gackern! Ein Huhn streckte seinen Kopf aus einem der Frachtnetze, die entlang der Decke gespannt waren. »Was ist denn das für ein entzückender Fahrgast?« IHN überkam die Lust, nach dem Vieh zu schnappen, dessen Knochen zwischen SEINEN Fängen splittern zu fühlen. ER musste sich beherrschen. Solche Gedanken mochten IHN außer Form bringen. Wenn ER in diesem winzigen Boot wuchs, würde es in tausend Teile zersplittern. Denk wie ein Zwerg, wiederholte ER immer wieder in Gedanken. Denk wie ein Zwerg! DU würdest es rupfen und ausnehmen und dann braten. Viel zu viel Mühe, für so ein winziges Häppchen. Viel …
    Â»Das ist ein Huhn, du blinder Idiot!«, murrte der Zwerg, der ihm gegenübersaß. Ein blonder Griesgram, der unablässig auf irgendetwas kaute. Vielleicht eine Wurzel oder ein Stück Harz. Für einen Zwerg roch er gar nicht mal übel. Ein respektabler Happen. Viel besser als ein Huhn. Er trug auch nicht allzu viel Metall an sich, das sich zwischen den Zähnen verkanten und Ärger machen konnte.
    Â»Das Huhn ist der Glücksbringer des Steuermanns«, sagte der Zwerg neben ihm, ein alter Hauer, wie es schien, dem sich der dunkle Gesteinsstaub tief in den Falten des Gesichts abgelagert hatte. »Und gib nichts auf Grungi; er war schon übellaunig, als er aus seiner Mutter kroch.«
    Â»Ein Glücksbringer? Aber die Unyleh ist doch ein guter Aal! Ich habe mich erkundigt …« Das hatte ER in der Tat, bevor ER
sich das erste Mal einem dieser obskuren Gefährte anvertraute. Das Boot hatte einen guten Ruf. Es war erst zwei Mal gesunken und selbst dabei hatte es einzelne Überlebende gegeben. Für dreizehn Jahre seit dem Stapellauf war das eine überaus erfreuliche Bilanz.
    Â»Das Huhn wird ohnmächtig, wenn der Mief hier drin zu dicht wird. Dann wissen wir, dass es höchste Zeit ist, aufzutauchen und das Luk zu öffnen.«
    ER stutzte. »Müsste es dafür nicht am Boden herumlaufen? Ich meine, wenn der Mief über unseren Köpfen so dicht ist, dass ein Huhn ohnmächtig wird …«
    Â»Bist wohl ein Klugscheißer«, zischte Grungi.
    Â»Am Boden geht nicht!«, rief der Steuermann von vorn. »Wir können es nicht einfach frei im Boot herumlaufen lassen. Hühner sind zu dämlich. Mir sind schon zwei in die Kurbelwelle geraten. Dieses da oben ist etwas klüger. Es wird so tun, als würde es ohnmächtig, wenn es findet, dass wir uns Sorgen machen müssten.«
    ER blickte in die grinsenden Gesichter ringsherum. Waren die alle betrunken oder erlaubten sie sich einen Spaß mit IHM? ER atmete flach aus. Das waren Zwerge, und auch wenn sie wunderbar geschäftig waren, waren sie doch üble Gesellschaft. Zum Glück musste ER sie nur einen Tag lang ertragen. Und sollten sie IHN weiter verärgern, würden sie die größte Überraschung ihres kurzen Daseins erleben, wenn ER sich ihnen in seiner wirklichen Gestalt zeigte.
    Ãœber ihnen knirschte es beunruhigend laut, und das Huhn stieß ein erschrecktes Gackern aus.
    Â»Wir haben die Flussmündung gefunden!«, rief der Steuermann. »Verhängt das Licht, damit ich die Barinsteine draußen besser sehen kann.«
    Grungi nahm den Barinstein aus der Halterung und ließ ihn in einem Samtsäckchen verschwinden. Schlagartig wurde es finster.
    ER hatte das Gefühl, dass der Gestank zunahm. »Warum ist das Huhn eigentlich mit dem Kopf nach unten aufgehängt?«

    Â»Hast

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