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Drachenelfen

Drachenelfen

Titel: Drachenelfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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hinaufzuklettern, und er konnte nicht begreifen, was sie ihm zeigen wollte oder was das heißen sollte, im Himmel zu tanzen.
    Er begann wieder zu rutschen. Sofort griff er nach Shayas Hand. Sie war erstaunlich stark. Scheinbar ohne Mühe zog sie ihn hoch. Er machte den Fehler hinabzublicken. Das Lotsenzelt lag unendlich weit unter ihm. Er hing nur an Shayas Hand und …
    Endlich fanden seine Füße Halt. Schwer atmend klammerte er sich an eines der quer gespannten Taue.
    Â»Bald sind wir über die Mitte hinweg. Wenn sich der Leib erst einmal zum Zenit hin krümmt, kommt man viel leichter voran.«
    Â»Alles Klasse«, log er wenig überzeugend. »Mir geht es gut.«
    Â»Ich weiß, Unsterblicher. Um dich muss ich mir keine Sorgen machen. Selbst wenn du aus dem Himmel stürzen solltest, wäre das ja nicht das erste Mal für dich.«
    Er vermochte nicht einzuschätzen, ob sie das ernst oder ironisch meinte. Sie schaffte es, ihn zu verunsichern. Manchmal ärgerte ihn das, aber alles in allem war es eine Eigenschaft, die er an ihr schätzte.
    Schweigend kletterte er weiter. Er war inzwischen über und über mit dem Schleim bedeckt, den der Wolkensammler absonderte. Das Sekret war fast geruchlos. Ihm haftete nur ein ganz leichter Duft nach feuchtem Waldboden an. Gar nicht einmal unangenehm. Trotzdem, so dachte Artax, würde er ein langes Bad nehmen, wenn er endlich in seinem Palast zurück war. Er musste
einen anderen Weg ersinnen, sich mit Shaya zu treffen. Am aufgeblähten Leib eines Wolkensammlers hinaufzuklettern passte definitiv nicht zu seiner Vorstellung von einem romantischen Stelldichein – auch wenn man sicherlich Zugeständnisse machen musste, wenn man sich mit einer Barbarenprinzessin traf, die in ihren freien Stunden verdrehte philosophische Schriften las.
    Als sie endlich den Äquator der riesigen kugelförmigen Kreatur hinter sich ließen, ging es in der Tat viel schneller voran. Die Haut des Wolkensammlers veränderte sich. Sie fühlte sich jetzt wie weiches, feuchtes Moos an und der Schleim war verschwunden. Die Hand am Seil, stürmten sie dem Zenit der gewaltigen Kreatur entgegen, die ohne Mühe ein palastgroßes Schiff in den Himmel zu heben vermochte.
    Am höchsten Punkt fanden sie eine flache Senke, etwa hundert mal hundert Schritt groß. Shaya ließ sich mit einem genüsslichen Seufzer fallen, streckte Arme und Beine weit von sich und blickte zu den Zwillingsmonden empor, die in dieser Nacht sehr nahe beieinanderstanden.
    Sie winkte ihm. »Komm, leg dich neben mich!«
    Â»Ist das Tanzen?«
    Â»Nein, das ist: die Welt atmen . Hier gibt es nur uns, den Himmel und die beiden Monde. Alles andere ist in diesem Augenblick bedeutungslos. Wir sind die Welt.«
    Artax zog es vor, zu schweigen. Ihre Gefühle waren ihm fremd. Nicht unangenehm, aber unvertraut. Er vermutete, dass es an den Worten lag, die sie wählte. Er hätte gern nachgefragt, spürte aber zugleich, dass jedes Wort von ihm den Zauber des Augenblicks zerstören könnte. Im Grunde hatte er es so haben wollen – sie beide allein unter den Monden. Es hätte nur nicht hoch unter den Sternen auf dem Rücken eines Wolkensammlers sein müssen.
    Er streckte sich neben ihr auf der moosigen Haut des Himmelsriesen. Artax spürte den mächtigen Körper unter sich sacht vibrieren. Ein angenehmes Gefühl. Fast, als würde man in den Schlaf gewiegt. Tief unter ihnen ertönte sehr leise eine seltsame
Abfolge von Tönen. Ein Zischen und Pfeifen. Nicht willkürlich … Beinahe eine Melodie.
    Shaya drehte sich auf den Bauch, stützte den Kopf auf die Hände und blickte auf ihn hinab. Jetzt, wo der Himmel nicht mehr vom riesigen, aufgeblähten Leib des Wolkensammlers verschlungen wurde, reichte das Licht der Zwillingsmonde, um ihre Augen deutlich zu erkennen. Brennend dunkle Augen. Augen, die viel gesehen hatten. Voller Weisheit und zugleich auch wild.
    Â»Ich bin schon Fischen begegnet, die gesprächiger waren als du, Unsterblicher.«
    Â»Wenn man alte Männer dazu bringt, auf berggroße Ungeheuer zu klettern, muss man damit rechnen, dass ihnen die Puste ausgeht.«
    Sie runzelte die Stirn. »Du siehst immer noch aus wie ein junger Mann. Bist du sehr alt?«
    Â»So alt wie die Götter.« Er grinste.
    Â»Dann hattest du wohl schon sehr viele Frauen …«
    Artax dachte an die vergangenen beiden Jahre. Daran,

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