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Drachenelfen

Drachenelfen

Titel: Drachenelfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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hatte, argwöhnte allerdings, dass auch sie dem Goldenen diente, so wie er es tat. Wenn ein Schüler der Weißen Halle seine letzte Prüfung
bestanden hatte, dann wurde er von einer der Himmelsschlangen erwählt. Beide zogen sich dann zurück, um einander tief kennenzulernen. Waren sie im Geiste eins miteinander, stach die Himmelsschlange ein Bild in den Körper des Elfen. Das Ritual konnte viele Tage dauern und war nicht vom Willen der beiden gelenkt. Und jedes Bild sah anders aus. Es spiegelte ihrer beider Charakter und die Art des Bundes, den sie eingingen. Manche Bilder waren von einfacher Art und erschlossen sich auf den ersten Blick, so wie das, das er auf seinem Rücken trug. Andere wiederum erstreckten sich über Arme und Beine, und es war unmöglich sie mit einem einzigen Blick zu erfassen. War das Bild aus Blut, Schmerz und gemeinsamer Hingabe vollendet, war der Bund zwischen Elf und Drache besiegelt. Es war ein Bund, der nur durch den Tod gelöst werden konnte.
    Lange schon hatte der Goldene Gonvalon nicht mehr gerufen. Seit Nandalee verschwunden war. Ob sein Meister billigen würde, was er getan hatte? Falls Lyvianne dem Goldenen diente – hatte sie ihn dann verraten? Welches Bild wohl in ihre Haut gestochen war? Er würde es nie erfahren. Der Bund mit den Himmelsschlangen war etwas, worüber man nicht sprach. Nicht einmal mit anderen Drachenelfen. Denn es gab Ränkespiele zwischen den Himmelsschlangen, und manchmal wurden die Elfen darin verstrickt. Allein deshalb war es nicht klug, preiszugeben, auf wessen Seite man stand. Es war auch möglich, dass er sich irrte und Lyvianne sich genau jener Himmelsschlange verschrieben hatte, zu der er nun reisen würde. Auch er wäre ein angemessener Meister für sie. Machtvoll, düster und undurchsichtig.
    Lyvianne lächelte zynisch. Es war nicht schwer zu erraten, warum er über sein Reiseziel schwieg. »Du willst vor eine der Himmelsschlangen treten und kannst dich kaum auf den eigenen Beinen halten?«
    Â»Ich brauche sogar jemanden, der mir in den Sattel hilft.«
    Â»Ich glaube, es haben nicht nur deine Beine, sondern vor allem dein Verstand Schaden genommen.«

    Â»Sagt man nicht, dies sei eine der Gefahren der Liebe? Und sieh es einmal von der anderen Seite. Welche Zukunft habe ich hier? Ich hasse es, bemitleidet zu werden. Nicht nur ich gehe den anderen aus dem Weg, umgekehrt ist es ebenso. Sie vermeiden es, mir in die Augen zu sehen, wenn wir uns zufällig begegnen. Meister wie Schüler. Ist es nicht besser, heldenhaft in einer Schlacht unterzugehen, die zu schlagen sich lohnt, als ein Leben vor gesenkten Blicken zu führen?«
    Statt zu antworten, verschränkte Lyvianne ihre Hände ineinander. Gonvalon griff nach einer der Fußschlaufen des Sattels, setzte einen Fuß auf Lyviannes Hände und zog sich hoch.
    Nachtschwinge schnaubte, als wolle der Hengst ihn willkommen heißen. Er stand ganz still.
    Gonvalons Finger krallten sich in die Lederriemen der Lehne, die sich über den Sattel erhob. Verbittert zog er sich daran hoch.
    Lyvianne half ihm, die Füße, die er weder sehen noch fühlen konnte, in die Schlaufen auf dem Sattel zu führen. Dann blickte sie zu ihm auf. »Ich wünsche dir eine gute, letzte Schlacht. Einer Himmelsschlange trotzen zu wollen ist so verrückt wie ehrenvoll. Ich bin stolz, einen Teil deines Weges mit dir gegangen zu sein. Lebe wohl, Winterkind.«
    Der Pegasus hob sich in die Lüfte und Gonvalon spürte den Nachtwind auf seinem Gesicht. Unter ihm wurde Lyviannes helle Gestalt schnell kleiner. Lyvianne hatte recht. Er zog nicht aus, um Nandalee zu finden, er ritt sehenden Auges in seinen Untergang.
    A DLER UND JAGUARE
    Volodi stand nun schon eine halbe Stunde am Fenster im dritten Stock und noch immer hatte sich nichts getan. Bald würde die Dämmerung ihre fahlen Finger nach den Gassen der Stadt ausstrecken. Der Blasrohrschütze wartete auf ihn immer noch dort. Er lauerte im Schatten eines Hauseingangs. Wenn er sich bewegte,
konnte Volodi manchmal einen Herzschlag lang das harte, hagere Gesicht des Mannes sehen. Ja, er hatte das absurde Gefühl, sein Verfolger könne auch ihn sehen. Dabei war das schlechterdings unmöglich! Volodi spähte durch den Spalt eines Fensterladens, der kaum einen Fingerbreit geöffnet war. Und er verhielt sich völlig ruhig. Er war ein Schatten unter Schatten. Unsichtbar! Auch für diesen

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