Drachenelfen
dass du die Menschen nicht wirklich kennst.«
»Welche andere Gefahr droht uns? Warum ist es so wichtig, dass wir an Bord des ersten Wolkenschiffes gehen?«
»Das musst du jetzt noch nicht wissen, Elf. Vertraue mir. Wir haben dieselben Feinde.« Nandalees Gesichtsausdruck änderte sich. Plötzlich wirkte sie erschrocken. »Du weiÃt es!« Ihre Stimme war verändert. Wieder ganz so, wie er sie kannte. Ihre Angst vor dem, was er sagen würde, war so deutlich spürbar, dass er nicht anders konnte, als sie in den Arm zu nehmen. Sie hielt ihn fest umschlungen. Nie hatte er sie so verzweifelt erlebt.
A LTE NARBEN
Artax lag in der Mulde auf dem Rücken des Wolkensammlers. Die Zwillingsmonde am Himmel wären bald wieder halb voll. Er war einer der mächtigsten Männer der Welt und vollkommen machtlos. Die Zeit lief ihm davon. Er hatte die glücklichsten Wochen seines Lebens erlebt. Er lächelte versonnen. Dachte an die Nächte, die sie hier oben verbracht hatten. Den anderen so nah und doch unerreichbar. Seit er die Reise begonnen hatte, zermarterte er sich den Kopf darüber, wie er es fortsetzen könnte. Es schien unmöglich. Er würde sich selbst gegen den Löwenhäuptigen stellen und um seine Liebe kämpfen. Aber wie? Womit erpresste man einen Gott?
Die schwarze Silhouette eines jungen Wolkensammlers erschien am Nachthimmel. Shaya hing im Fluggeschirr. Seit Beginn ihrer
Reise übernahm sie regelmäÃig Nachtwachen. Zu ihrem Rang gehörte das Privileg, dass niemand höher fliegen durfte als sie.
Einem langen Gespräch mit dem Lotsen Nabor hatte Artax den Einfall zu verdanken, aus dem diese Reise geboren war. Wenn Wolkenschiffe gemeinsam flogen, gab es strenge Regeln für die Positionen zueinander. Das Schiff, auf dem die ranghöchste Persönlichkeit reiste, war immer das Schiff, das am höchsten flog. Es musste nicht das erste in der Formation sein. Manchmal war es auch nicht das gröÃte. Und doch war es leicht schon von ferne auszumachen, weil es sich über alle anderen hob. Das bedeutete, dass niemand sehen konnte, was auf der Oberseite des Wolkensammlers geschah, auf dem er reiste. AuÃer vielleicht eine der Wachen der Ischkuzaia, die in ihren Fluggeschirren mit den jungen Wolkensammlern aufstiegen.
Shaya löste ihr Fluggeschirr und landete federnd neben der Strohpuppe. Sie hakte das Geschirr der Puppe an ihrem Wolkensammler fest und setzte ihren Helm auf das Strohhaupt. Dann prüfte sie die Sicherungsleine und lieà den Wolkensammler wieder aufsteigen. Bei Nacht vermochte niemand, der vom Deck der Schiffe zu den Wachen am Himmel aufblickte, einen Unterschied zu bemerken.
Lächelnd kam Shaya auf ihn zu. Sie hielt eine Kürbisflasche hoch. »Die Nächte werden kälter.«
»Das wird helfen.« Er meinte das doppeldeutig. Nie waren sie weiter als bis zu einem Kuss gekommen. Er hatte Sehnsucht nach ihr und doch Angst, sie zu verlieren, falls er sie zu sehr bedrängte. Ihre Küsse waren voller Leidenschaft und doch begann sie immer wieder davon, dass sie dem Reich Ischkuza gehörte und sie sich nicht hingeben dürfe. Es war ein qualvolles Spiel zwischen Lust und schlechtem Gewissen. Shaya hatte keines ihrer geheimen Treffen versäumt, aber er verzweifelte an der Aussichtslosigkeit ihrer Lage.
Wir werden sehr erleichtert sein, wenn dieses kindliche Geplänkel endlich vorüber ist. Ein Mann wird krank, wenn zu viele Säfte in ihm
aufsteigen, ohne flieÃen zu dürfen. Das ist schlecht für den Rücken und die Nieren. Im Ãbrigen mögen Weiber es, wenn man ein wenig fordernder vorgeht. Du musst sie erobern. Lass uns für dich reden und wir versprechen dir, noch heute ist dieses kindliche Spiel vorüber.
Stimmt, ein paar Worte von dir und alles ist vorüber, dachte Artax. Sie wird mich nie mehr wiedersehen wollen. Dann ging er Shaya entgegen und nahm sie zärtlich in die Arme. Er wusste, wie sehr sie es liebte, einfach nur gehalten zu werden. Seltsam für eine Kriegerin, die ohne Furcht zwischen Himmel und Erde schwebte.
»Ich vermisse es zu reiten«, sagte sie nach einem flüchtigen Kuss.
Fast hätte er aufgeseufzt. Sie sprach mit ihm über alles Mögliche, nur nicht über ihre Liebe. War sie sich bewusst, wie sehr man ihre Bemerkung missverstehen konnte?
Natürlich weià sie das! Du musst endlich zum Eroberer werden, du Bauerntrottel. Noch viel deutlicher
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