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Drachenelfen

Drachenelfen

Titel: Drachenelfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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würde von einem Unsterblichen erzählen, der es liebt, zwischen Himmel und Erde zu schweben.«
    Â»Lasst ihn los!« Artax winkte den Wolkenschiffern. Sie lösten die Halteleinen, mit denen der kleine Wolkensammler gehalten wurde. Klein war relativ. Er war so groß wie ein Elefant. Doch neben der Kreatur, die das Palastschiff trug, wirkte er winzig.
    Eine rote Sicherungsleine verband den jungen Wolkensammler
mit dem Schiff, als er sanft abhob. Artax blickte auf seine Füße und spürte ein angenehmes Kribbeln im Bauch.
    Die Kreatur, die ihn trug, gab einen zischenden Laut von sich. Ein Tentakel schlang sich unter seiner linken Achsel hindurch, ein anderer Fangarm wand sich um seine Taille. Artax wurde klar, wie ausgeliefert er dem Wolkensammler war. Diese große, aufgeblähte Kreatur könnte ihn vermutlich ohne Mühe zerquetschen. Aber in der Geschichte der Himmelsfahrer war kein einziger Fall bekannt, in dem ein Wolkensammler einen Menschen angegriffen hatte. Niemand wusste, was sie fraßen, doch war die Mehrheit der Gelehrten der Überzeugung, sie lebten allein von der Luft und den Wolken. Man stritt sogar über die Art, wie sie sich bewegten. Unzweifelhaft war, dass sie sich meist einfach mit dem Wind treiben ließen. Manchmal gaben sie ein langes, leises Pfeifen von sich. Meist sanken sie dann tiefer. Sie ließen dabei wohl warme Luft aus ihrem aufgeblähten Leib ab. Artax wusste durch die Erinnerungen des Unsterblichen, dass man einige tote Wolkensammler gründlich untersucht hatte. Ihr Leib war in viele verschiedene Kammern unterteilt, fast wie ein Palast. Luft, so heiß, dass sie einen verbrennen konnte, war in diese Kammern gesperrt. So würde auch ein verletzter Wolkensammler nicht einfach aus dem Himmel stürzen, denn selbst wenn ein Dutzend dieser Kammern aufplatzten, blieben noch weit über hundert, um ihn zu tragen.
    Die heiße Luft in ihrem Leib konnten sie verringern oder auch vermehren. Damit regulierten sie, ob sie tiefer sanken oder höher in den Himmel stiegen. Und da der Wind in verschiedenen Höhen durchaus auch in verschiedene Richtungen blies, war dies für die Kreaturen eine Möglichkeit, zu bestimmen, in welcher Richtung sie über den Himmel zogen. Allerdings war auch bezeugt, dass sie sich bei völliger Windstille bewegten und sehr selten sogar gegen den Strom des Windes. Geschah dies durch Magie? Oder durch die Bewegung der Tentakel? Einige Gelehrte verfochten sogar die These, dass die Wolkensammler Windgeister
rufen konnten, um sich von ihnen tragen zu lassen. Die Mehrheit der weisen Männer hielt sie jedoch für träge und keines Gedankens fähig. Dem konnte Artax nach seiner Rettung nicht mehr zustimmen.
    Die riesigen Himmelswanderer waren ein Geheimnis. Genauso wie die Lotsen, die in ihrer Glaskanzel unter dem Rumpf des Schiffes den Kurs bestimmten. Zwischen ihnen und den Wolkensammlern musste es ein empathisches Band geben. Artax hatte lange in Aarons Erinnerungen geforscht, aber selbst der Unsterbliche hatte nicht gewusst, wie die Himmelsschiffe gesteuert wurden. Allerdings hatte er sich dafür auch nie interessiert.
    Die Lotsen der sieben großen Reiche – ein Bund, in den nur Auserwählte aufgenommen wurden.
    Artax blickte zu dem Wolkensammler auf, an dem er festgegurtet hing, und eines wurde ihm in diesem Augenblick in aller Deutlichkeit bewusst – er konnte ihn nicht steuern! Das Tier sackte am Schiffsrumpf vorbei, statt ihn in den Himmel hinauf zu tragen, so wie er es sich eigentlich gewünscht hatte.
    Der Wolkensammler glitt am Rumpf des Palastschiffes vorüber. Mit Schrecken betrachtete Artax die Wunden, die der Sturm dem Schiff geschlagen hatte. Der gesplitterte Mast hatte die Bordwand auf einer Länge von siebzehn Schritt zertrümmert. Das Feuer, das dort ausgebrochen war, war zum Glück schnell gelöscht worden. Dunkle Rußzungen leckten aus der Wunde im Schiffsrumpf. Es sah aus, als sei der Palast in einen Kampf geraten, dachte Artax. Und dabei war es doch nur ein Sturm gewesen.
    Der Wolkensammler, der ihn trug, sank weiter hinab, und die Schiffszimmerleute, die an den Schäden arbeiteten, winkten Artax zu. Sie ließen ihn hochleben. Ihn oder richtiger, so korrigierte Artax sich, Aaron. Sie ließen Aaron hochleben. Und das wurmte ihn, denn er wusste nur zu gut, dass Aaron sich ins Herz des Schiffes verkrochen hätte, um zu beten, dass der Sturm schnell vorüberzieht.

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